„Aber mir fehlt nichts!", versicherte ich ihr. Hyolyn schüttelte nur den Kopf. „Nein..geh nach Hause." Sie schien definitiv nicht glücklich zu sein, aber wirklich übel nahm sie mir meine Kotzaktion auch nicht. Da ich ihr nicht weiter widersprechen wollte, nickte ich nur und drehte mich zu Tür um. Blieb aber stehen. „Jungkook. Ich will doch nur das Beste für dich! Du solltest dich wirklich etwas ausruhen." Sie war nun ein Stück näher getreten und ich wendete mich noch einmal zu ihr. Lief auf sie zu, drückte ihr einen Kuss auf die Stirn und lächelte etwas. Sie lächelte zurück, verschränkte ihre Finger noch einmal mit meinen, bevor sie mich dann in den Flur zog. Ihre Eltern waren vermutlich gar nicht Zuhause aber dennoch bemühten wir uns komischerweise leise und unauffällig zu bewegen. An der Garderobe angekommen, schlüpfte ich schnell in Jacke und Schuhe. „Ich liebe dich!", flüsterte Hyolyn in mein Ohr und dafür nahm ich sie noch einmal in den Arm. Sie legte ihren Kopf an meiner Brust ab. Normalerweise war dies draußen nicht möglich, da sie immer hohe Schuhe trug und somit fast so groß war wie ich, aber wenn wir daheim waren, war sie doch um einiges kleiner als ich. Ich streichelte ihren Kopf, glitt mit meiner Hand immer wieder über ihre Haare, bis wir uns dann verabschiedeten. Obwohl ich gar nicht krank war, ging ich trotzdem nach Hause und widersprach Hyolyn auch nicht. Diesmal lief ich allerdings. Ganz sicher würde ich nie wieder zu Hyolyn mit der Bahn fahren! Natürlich war mir bewusst, dass man auf solche Menschen überall treffen konnte, doch das war eine beinahe traumatische Erfahrung. Mehr oder weniger. Und natürlich würde ich sie vermutlich eh nie wieder sehen, aber...trotzallem vermied ich es irgendwie. Irgendwann denkt man sowieso nicht mehr an sowas. Auf dem Nachhause Weg musste ich viel Nachdenken. Besonders über Hyolyn's Überraschung. Sie hatte sich so viel Mühe gegeben, mich zu beeindrucken und es war ich komplett gelungen. Und doch war unser „Date" nach wenigen Minuten vorbei, weil ich mich übergeben musste. Das war schon fast zum Lachen und mir lag tatsächlich ein Lächeln auf den Lippen. Aber es war genauso traurig. Warum musste sowas immer mir passieren? Schlimm genug, dass ich diesen Geruch die ganze Fahrt über ertragen hatte müssen und dann musste sich deswegen auch noch meinen Magen entleeren. Hyolyn war ihre Enttäuschung ins Gesicht geschrieben und mir tat es mehr als Leid, dass all ihre Arbeit so nicht richtig gewürdigt werden konnte. Das hatte sie sich mit Sicherheit ganz anders vorgestellt. Unterwegs rief mich noch meine Mutter an, da sie heute wieder Spätschicht hatte und erst ganz spät nach Hause kommen würde. Sie war Krankenschwester und schuftete sich fast zu Tode. Mein Vater war nach meiner Geburt abgehauen und ich hatte ihn nie zu Gesicht bekommen. Er hatte sich nie gemeldet. Weder bei meiner Mutter noch bei mir und mittlerweile wollte ich auch, dass er es nicht tut. Er war aus meinem Leben verschwunden, noch bevor er richtig drin war und jetzt sollte er auch draußen bleiben. Er hatte meine Mutter betrogen und sie verlassen, als ich geboren worden bin. Ich hatte ihn kein einziges Mal gesehen, hatte mir keine einzigste Nachricht hinterlassen und meine Mutter einfach mit mir zurück gelassen. Ohne Geld, ohne Wohnung, ohne Alles. Meine Mutter konnte uns kaum über Wasser halten und ich konnte nichts dagegen tun. Damals weil ich noch ein Baby und war und jetzt ging ich noch zur Schule. Allerdings war dies jetzt mein letztes Jahr...vorausgesetzt ich gehe nicht studieren oder so. Was ich eigentlich auch nicht vorhatte. Mein großer Traum war es ja Sänger zu werden, aber dafür hatte ich mich nie beworben. Hier einen Platz bei einem Entertainment zu bekommen dauert Jahre und man bekommt ihn auch nur, wenn man sich hartem Training unterzieht. Somit waren meine Chancen gleich Null. Eine Möglichkeit wäre noch ins Ausland zu gehen, aber auch dafür fehlte mir das Geld. Mir blieb quasi nichts anderes übrig, als mir nach der Schule einfach einen Job zu suchen. Was ich arbeiten wollte, wusste ich allerdings noch nicht. Auf keinen Fall wollte ich als Tellerwäscher enden...irgendwas Anständiges sollte es schon sein.

Nach ewigem Hin- und Herlaufen, kam ich endlich daheim an. Kramte meinen Schlüssel wieder hervor und sperrte auf. Auch ich lebte in einem Haus in dem mehrere Wohnung drin waren. Und ebenso wie Hyolyn, wohnte ich natürlich ganz oben. Wenigsten gab es hier einen Fahrstuhl, für den ich auch echt unendlich dankbar war. Da der Aufzug gerade nicht unten war, drückte ich auf den Knopf, um ihn herzuholen. Normalerweise war er sonst immer leer, doch diesmal waren bereits 5 Leute darin. Keine Erwachsenen, eher so 14-15-jährige. Und sie waren laut. Sehr laut. Keine Ahnung warum sie jetzt nicht ausgestiegen waren, da sie ja offensichtlich bereits von oben kamen, doch sie fuhren wieder mit hoch. Vermutlich waren es die Freunde von einem meiner Nachbarn. Nichts das ich was gegen sie hatte, aber sie nervten mich gewaltig. Schielten dauernd zu mir rüber und es schien mir so als lachten sie mich aus. Sowas konnte ich echt nicht leiden und rollte genervt mit den Augen, was sie nur noch mehr Lachen ließ. Mein Tag konnte gar nicht mehr beschissener werden! Da der Aufzug nicht der Größte war, mussten wir uns auch noch rein quetschen, wie die Sardinen in der Dose. Ich atmete erleichternd aus, als ich den erlösenden Ton hörte, welche ankündigte, dass der Fahrstuhl nun im gewünschten Stockwerk angekommen war. Ich stürmte beinahe hinaus und lief schnurstracks zu meiner Wohnungstür. Holte nun meinen Wohnungsschlüssel hinaus...welcher natürlich nicht derselbe war wie der der Haustür. Entnervt von diesem beknackten Tag, schloss ich die Tür hinter mir, schlüpfte aus Schuhen und Jacke und begab mich ins Wohnzimmer. Geschafft ließ ich mich einfach aufs Sofa fallen. In nur wenigen Sekunden war ich weggetreten und wachte dafür ganz früh am Morgen wieder auf. Es war Gestern nämlich noch sehr früh gewesen, als ich wieder nach Hause gekommen war, da mein Treffen mit Hyolyn ja ein schnelles Ende gefunden hatte. Müde richtete mich auf, blinzelte einige Male bis ich erst richtig sehen konnte. Draußen war es noch dunkel. Ich fuhr mir ein paar Mal durch die Haare, stand dann ganz auf und schlurfte in mein Zimmer. Meine Mama war bestimmt erst vor kurzem nach Hause gekommen, da sie ja Nachtschicht hatte. Was so viel heißt wie, dass sie jetzt dafür den ganzen Früh und Vormittag total erledigt schlafen würde und erst nachmittags wieder aufstehen würde. Denn dann musste sie bereits wieder ins Krankenhaus. Meine Mutter und ich verbrachten nicht viel Zeit miteinander, aus genau diesem Grund. Ich war also schon immer ziemlich allein gewesen, aber so wirklich gestört hatte es mich nicht. Vielleicht war ich es einfach so gewöhnt und es war total normal für mich. Leise schloss ich meine Zimmertür, um meine Mutter nicht aufzuwecken...sie brauchte ihren Schlaf! Schnell suchte ich mir ein paar frische Klamotten zusammen...und auch alte, die ich vom Boden aufhob. Ich bin ein sehr chaotischer Mensch, müsst ihr wissen! Viel zu viel Zeug lag auf meinem Boden verteilt.Hefte, dreckige und saubere Wäsche, Müll und noch so einiges Anderes. Aufräumen und Ordnung halten waren definitiv nicht meine Stärke und ich hoffe jedes Mal, dass meine Besuche darüber hinwegsehen konnten. Theoretisch könnte ich natürlich auch davor aufräumen aber...Nein. Als ich alles zusammen hatte, begab ich mich in unser kleines Badezimmer. Darin befanden sich nur eine Dusche, eine Toilette und ein Waschbecken. Nichts Spektakuläres...aber für mich war es genug! Ohne abzuschließen, begann ich mich auszuziehen und stieg dann unter die Dusche. Ich schaltete das Wasser an und ließ es einfach auf mich herunter prasseln. Die Kälte war angenehm. Ich war sowieso eher ein Freund der Kälte als der Wärme. Nachdem ich eine Weile einfach nur da stand, fing ich dann an Shampoo in meine Haare zu geben und meinen ganzen Körper einzuschäumen. Ich wusch alles ab, blieb aber dennoch in der Dusche. Es war einfach angenehm unter Dusche zu stehen. Dort war man allein, konnte in Ruhe Nachdenken, ohne gestört zu werden. In meinem Kopf schwirrten wie immer tausend Gedanken herum und ich konnte nicht einen klaren fassen. Noch nie in meinem Leben war ich so voller Fragen gewesen...so verwirrt gewesen. Noch nie hatte ich so ein großes Gefühlschaos wie Taehyung es bei mir verursacht hatte. Und es war mir alles andere als geheuer.

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