Rendez-vous mit Chat Noir

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Ich sah zu, wie Tom verzweifelt versuchte, die Klappe zu öffnen. "Schatz lass doch gut sein. Marinette ist erwachsen." Mit aller Kraft versuchte ich, meinen Mann von der Dachluke wegzuziehen. Doch da klappte sie auch schon nach unten. "Das hast du ja super hinbekomm'. Jetzt ist das Scharnier kaputt." Er ging auf die Terrasse. "Marinette! Marinette!" Ich folgte ihm. "Sie ist weg. Marinette!?" In der Ferne sah ich noch eine Silhouette immer kleiner werden. Das zauberte mir ein Grinsen auf die Lippen. "Tja Tom, da sah es wohl jemand als seine Pflicht an, deine Tochter vor deiner Wutattacke zu retten.", kicherte ich. "Was?" Er sah mich entgeistert an. "Soll das heißen, Chat Noir hat meine Tochter entführt? - Na der kann was erleben. Erst rettet er sie, und jetzt entführt er sie auch noch. Hat es ihm nicht gereicht, dass er Marinette auch das Heu gebrochen hat." Tom ballte seine Hände zu Fäusten. "Jetzt beruhige dich! Chat Noir würde unserer Tochter niemals weh tun. Du warst damals viel zu vorschnell, als du dachtest, Marinette und Chat Noir sind ein Paar. Und dann musste Chat Noir 'deine' eigene Tochter vor 'dir' retten.", redete ich ihm ins Gewissen. So eine Situation hatten wie Achon einmal. Mit Dornenranken und allem drum und dran. "Morgen entschuldigst du dich bei ihr und Sebastien. Lern' ihn erst mal kennen, bevor du ihn verurteilst." Er senkte den Kopf. "Ich weiß, dass ich sie nicht vor allem und jedem schützen kann. Aber sie ist doch mein kleines Mädchen." Ich grinste. "Ein chinesisches Sprichwort besagt: auch die kleinste Blume wird irgendwann mal in voller Blüte stehen." Sein verständnisloser Blick amüsierte mich. "Schatz, was ich damit sagen will ist: Auch wenn sie für dich immer noch die kleine Mari ist, ist sie inzwischen erwachsen genug, um ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und ihre eigenen Wege zu gehen. Und sie scheint Sebastien wirklich zu mögen, also lass sie." Tom schien einsichtig zu werden und meinte: "Ich werde ihm eine Chance geben." "Bien! Und jetzt solltest du zu allee erst das Scharnier reparieren." Er ging nach unten und ich schaute noch mal Sehnsüchtig in die Ferne. "Pass auf sie auf, Chat Noir!"

"Wo ich hin möchte? Weiß nicht. Irgendwohin, wo niemand ist." "Dann hab' ich eine Idee." Chat Noir hielt auf die Notre Dame zu. Oben auf der Kathedrale setzte er Marinette ab. "Ist der Platz für dich ok?" Marinette ließ sich aus Chat's Armen gleiten und bestaunte Paris. "Es ist herrlich. Was für eine tolle Aussicht." Sie wollte schon ans Geländer treten, aber Chat Noir hielt sie auf. "Bleib lieber hier stehen! Dort ist Eis. Du willst doch nicht schon wieder fast von einem Dach fallen, oder?" Marinette kicherte verlegen. "Nein, will ich nicht. - Übrigens danke, dass du mich gerettet hast." Chat stellte sich in Pose. "Ich bin Chat Noir, Beschützer von Paris und seinen Einwohnern. En particulier des jolies femmes telles que toi!" Marinette errötete. "Du bist ein Charmeur und ein kleiner Angeber!", grinste Marinette und stupste seine Nase an. "Erwischt!" Chat Noir hob seine Arme und machte eine entschuldigende Geste. "So bin ich nun mal. Außerdem: wenn es doch stimmt. Du bist nun mal verdammt hübsch, Prinzessin!" Schon hielt er ihre Hand in seiner und wollte ihr einen Kuss auf den Handrücken hauchen, doch Marinette zog diese zurück, und wich auch ein paar Schritte zurück, als er ihr näher kam. "Stop! Kitty, hör' auf zu flirten! Beantworte mir lieber ein paar Fragen." "Kitty? Fällt dir kein besserer Name für mich ein?" Genervt rollte Marinette mit den Augen. "Spiel' nicht die beleidigte Leberwurst! Sag mir lieber, warum du so sehr dein Leben für mich riskiert hast!" Er wusste nicht, was er darauf antworten sollte.
Lange war es still, bis Marinette das Schweigen brach. "Liebst du mich?" Er sah nicht auf. Das war Marinette Antwort genug. "Also liebst du mich wirklich immer noch.", flüsterte sie. "Was meinst du mit immer noch?", fragte Chat Noir überrascht. "Ich habe mich letztens an etwas erinnert." Seine Augen wurden größer. "Damals sagte ich dir, dass ich deine Gefühle nicht erwidern kann." "Du erinnerst dich wieder daran?" "Ich glaube ja." Er wusste nicht, ob er sich freuen oder weinen sollte.
"Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?", fragte Marinette schließlich. "Bitte sag etwas dazu! Die letzten Tage bin ich so verwirrt, hab' so viele Fragen dich betreffend. Ich habe mir Sorgen um dich gemacht, weil du so schwer verletzt warst. Bist du wenigstens ordentlich versorgt worden?" Die erste Träne glitzerte  schon in ihren Augen. "Prinzessin, du brauchst dir keine Sorgen um mich machen. Mir geht es gut. Ein Freund hat sich um mich gekümmert." "Oh Gott sei Dank!" Erleichtert fiel Marinette ihm um den Hals. "Ich hatte solche Angst um dich, hab' nicht verstanden, warum du das alles für mich tust. Sag mir bitte: Warum liebst du mich? Wer bin ich, dass gerade ich die eine bin, die du liebst?" Chat Noir lächelte sanft und wischte ihr die Tränen weg. "Weil du die tollste Frau bist, die mir jemals begegnet ist." Sie senkte den Blick. "So toll bin ich nicht. Das einzige, was toll an mir ist, ist das Wort 'toll' in Tollpatsch. Denn genau das bin ich. Und schüchtern bin ich auch." Er schüttelte den Kopf. "Seit wann hat meine Prinzessin denn kein Selbstbewusstsein mehr? Du bist viel mehr als nur ein Tollpatsch." Marinette verstand das falsch. "Was bin ich denn noch? Welche negativen Eigenschaften willst du mir denn noch zuschreiben." Traurig löste sie sich von ihm und setzte sich weiter weg auf einen freien Sockel neben eine Gargoyl Statue. Chat Noir folgte ihr. "So habe ich das nicht gemeint. Ganz im Gegenteil. Du bist hilfsbereit, immer für deine Freunde da, kreativ, einfallsreich und künstlerisch begabt, hast ein großes Selbstbewusstsein und bist sehr mutig." "Ich und mutig? Wo denn bitte?", seufzte Marinette. Er setzte sich zu ihr und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Sie sah auf. "Du magst vielleicht ein Tollpatsch und manchmal schüchtern sein - aber genau das macht dich so liebenswert. Und du bist sehr mutig. Damals schon hast du mir geholfen: auch ohne magische Kräfte, so wie ich sie habe, warst du mutig genug, dich dem Evillustrator entgegen zustellen." "Ich habe mich ihm damals schon entgegen gestellt? Soll das heißen, Nathanaël war wirklich schon einmal so ein Monster?" Chat Noir nickte. "Er war damals schon in dich verliebt. So weit ich weiß hat jemand in deiner Klasse seine Gefühle sehr schwer durch seine/ihre Kritik an seinen Zeichnungen verletzt. Deshalb wurde er akumatisiert." Sie konnte es nicht glauben, dass sie das vergessen hatte. "Was meinte er damit, dass ich ihn diesmal, so wie damals, betrogen habe?" Er wendete den Blick ab, stand auf und lief zum Geländer. "Weißt du... Ich weiß nicht genau, wie es dazu kam, aber Ladybug teilte mir damals mit, dass ich dich - du hattest eine Verabredung mit dem Evillustrator - beschützen soll. Ich bin also zu dir und bat dich, mir zu helfen, dem Evillustrator sein Tablett wegzunehmen. Im Gegenzug versprach ich, dich zu beschützen." Er gab Marinette ein Zeichen, zu ihm zu kommen und deutete auf die Seine. Sie stand auf, lief vorsichtig zum Geländer und folgte mit den Augen seinem Fingerzeig. "Dort drüben auf der Seine habt ihr eine romantische Schifffahrt gemacht." "Wir haben was?", fragte Marinette ungläubig. "Ja. Er war trotz Akumatisierung eigentlich ein recht friedlicher Typ und wohl auch sehr romantisch veranlagt. Er wollte dich sogar vor mir beschützen, passte auf, dass dir nichts passiert. - Bis er rausfand, dass du meine kleine Komplizin warst.
Da wollte er uns dann beide, eingesperrt in einen Glaskasten, auf dem Schiff untergehen lassen." Jetzt verstand sie Nathanaëls wütenden Beschimpfungen. Und sie glaubte auch, sich langsam erinnern zu können. Ihr Kopf begann wieder leicht zu schmerzen, doch sie versuchte, es zu verbergen. "Und wenn du nicht auf die Idee mit meinem Stab gekommen wärst, lägen wir beide jetzt auf dem Grund der Seine. - Also glaub mir, du bist sehr mutig." Aufmunternd lächelte Chat Noir sie an. "Auch dein Plan, den Evillustrator reinzulegen, um ihm den Ring abzunehmen, war im ersten Moment sehr mutig." Sein Lächeln wurde plötzlich ernst. "Aber es war auch sehr leichtsinnig. Wenn du dich nicht an dem Fensterbrett hättest festhalten können... Ich will es mir gar nicht vorstellen." Marinette bekam plötzlich ein sehr ungutes Gefühl. Ein Gefühl von Scham und Schuld. "Ich weiß, dass ich das nicht hätte tun dürfen. Aber ich hatte Angst um dich. Du hast für mich gekämpft und ich wusste nicht, warum du für mich dein Leben riskierst. Ich konnte nicht mit ansehen, wie er dich veröetzt, vielleicht sogar tötet. Und das wegen mir.", seufzte Marinette und wandte den Blick ab. Chat Noir sollte nicht schon wieder ihre Tränen sehen. Er stellte sich hinter sie und schlang seine Arme um sie. "Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, dass ich mich bei dir bedanke." Sie lehnte sich nach hinten und schmiegte sich an ihn. Als er merkte, dass sie leicht zitterte, zog er sie enger an sich. "Ist dir kalt?" Sie nickte. "Dann bringe ich dich besser Nachhause." Marinette schüttelte den Kopf. "Nein. Bitte bring' mich zu meinem Cousin Gaston. Meinem Vater will ich nicht noch mal begegnen heute. Außerdem muss ich mich noch bei jemanden entschuldigen." "Wie meine Prinzessin befiehlt.", grinste Chat Noir und nahm sie wieser auf den Arm. Dann verschwanden sie im Dunkel der Nacht.

Was lange währt wird endlich gut!Where stories live. Discover now