Der fast perfekte Tag

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Zuhause angekommen schmiere ich mir ein Brot. Meine Eltern kommen jetzt immer erst gegen 19 Uhr nach Hause, also gibt es nur gekochtes für mich, wenn ich es selbst mache. Bevor wir hier her gezogen sind habe ich jeden Mittag bei meinen Großeltern auf dem Bauernhof verbracht. Meine Oma hat jeden Tag nach der Schule für mich gekocht, dann habe ich Hausaufgaben gemacht und wenn noch Zeit war, habe ich bei der Arbeit geholfen. Viele Freunde hatte ich nicht, aber das war mir auch immer egal. Ich war glücklich, wenn ich draußen sein konnte, egal ob mit Freunden oder meinen Großeltern. Jetzt trennen uns über 800 Kilometer und ich vermisse meine alte Heimat so sehr.

Noch während ich mein Brot esse, erreicht mich die Nachricht, dass wir uns um halb drei wieder an der Schule treffen um ins Freibad zu gehen. Noch eine dreiviertel Stunde. Dann muss ich mich aber mal ein bisschen beeilen.

In meinem Zimmer greife ich nach dem erstbesten Rucksack, packe ein Handtuch und Sonnencreme ein. In dem Stapel Klamotten, welcher noch neben meinem Schrank liegt, krame ich so lange bis ich endlich meinen Bikini gefunden habe. Damit es nachher schneller geht, ziehe ich ihn schonmal an, darüber ein lockeres Top und wieder meine Hotpants. Meinen Eltern schreibe ich noch einen Zettel und lege ihn mitten auf den Küchentisch. Von der kleinen Kommode im Gang greife ich mir meinen Schlüssel und Sonnenbrille und verlasse das Haus.

Auf dem Weg zurück zur Schule komme ich an Lukas' Haus vorbei. Ich kann nicht anders als kurz stehen zu bleiben. Durch ein Fenster im ersten Stock kann ich ihn sehen. Er sitzt am Computer und sieht ziemlich konzentriert aus. Bei diesem Wetter sitzt er alleine im Haus am Computer. Am liebsten würde ich jetzt einfach klingeln und fragen ob er mitkommen möchte, lasse es aber natürlich.

Die anderen warten alle schon vor dem großen Tor am Eingang des Schulhofs. Alle begrüßen Sie mich herzlich und dann geht es auch schon los. Gerade mal eine viertel Stunde brauchen wir um zum Schwimmbad zu laufen, trotzdem bin ich total geschwitzt und freue mich aufs kalte Wasser. Auf der frisch gemähten Wiese breiten wir alle unsere Handtücher aus und verlieren keine weitere Zeit.

Am Wasser angekommen bemerke ich, dass das Wasser doch sehr kalt ist, also will ich erstmal langsam Stück für Stück ins Wasser, doch ehe ich mich versehe, hat Jan mich auch schon ins Wasser gezogen. Fluchend tauche ich auf und schubse ihn weg, was die anderen noch mehr zum lachen bringt. Immer weiter spritzen wir uns alle gegenseitig nass, wie kleine Kinder und haben dabei eine Menge Spaß. Bis uns dann doch kalt wird und wir nach und nach das Wasser wieder verlassen.

Auf der Wiese liegend lassen wir uns in der Sonne trocknen. Wieder gibt es viel zu reden und vorallem zu lachen. Trotz der Tatsache, dass ich endlich Freunde gefunden habe, schweifen meine Gedanken immer wieder ab. Und wie soll es anders sein, natürlich zu Lukas. Ich weiß auch nicht wieso aber ich finde er hat was Besonderes an sich. Er wirkt ziemlich intelligent und teilweise auch überlegen. Dieser Junge fasziniert mich einfach und geht nicht mehr aus meinem Kopf, ob ich will oder nicht.

"Anna? Kommst du auch mit?" Eine Hand die vor meinem Gesicht herum wedelt reißt mich aus meinen Gedanken.
"Was? Ähm ja, ich komme", antworte ich immer noch ein bisschen verpeilt.
Schnell ziehe ich meine Sachen über, rolle das Handtuch zusammen und packe es in meinen Rucksack.

Alle zusammen verlassen wir das Freibad und laufen zurück Richtung Schule. Immer mehr verabschieden sich auf dem Weg von uns, bis ich nur noch neben Melanie und einem Jungen, dessen Namen ich immer vergesse her laufe. An der Schule trennen wir uns dann endgültig.

Den ganzen Weg lang, den ich noch allein zurücklege, probiere ich mich vergeblich selbst davon zu überzeugen, dass dieser Tag perfekt war. Ich hatte Spaß mit anderen Gleichaltrigen und wurde gut aufgenommen, trotzdem hat etwas gefehlt. Ich will es einfach nicht wahr haben aber Lukas hat gefehlt. Aber wieso? Ich verstehe es einfach nicht.

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Ist nicht so lang aber besser als nichts.

Ich will mehr sein als ein guter Bekannter  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt