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Kapitel 7 - Wie man sich bettet

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Der Mittwochmorgen kam viel zu früh.

Der Radiowecker sprang mit einem fröhlichen Jingle an und riss mich damit aus meinen angenehmen Träumen.

Stöhnend drehte ich mich auf den Bauch und zog das Kissen über den Kopf.

Mein Körper erinnerte mich nur zu deutlich daran, dass ich nicht gerade viel Schlaf abbekommen hatte, und während die Moderatoren plappernd die ersten Verkehrsmeldungen durchgaben und die Wetterfrösche einige Sommerschauer für den frühen Abend ankündigten, streckte ich meine verspannten Glieder und drehte mich langsam zurück auf den Rücken. 


Die Augen zur Decke gerichtet, ließ ich mich noch eine Weile vom Radio berieseln und schlug schließlich halbherzig nach dem Knopf, um es auszuschalten. 

In der Stille, die einkehrte, hörte ich nichts als das leise Rauschen des Windes in der Eiche vor dem Fenster und meine ruhigen Atemzüge.

Meine Eltern mussten bereits weg sein. Mein Vater verließ immer sehr früh das Haus, und meine Mutter, die normalerweise kurz nach mir ging, hatte heute einen Event in der Firma, für den sie letzte Vorbereitungen treffen musste.

Ich richtete mich gähnend auf und schlug die Decke zurück. Meine Füße landeten im weichen Teppich vor dem Bett, und ich fuhr mit den nackten Zehen durch den flauschigen Stoff. 

Nichts hasste ich so sehr wie kalte Flossen, noch bevor man richtig aufgewacht war. 

Ich streckte mich, um mein Lämpchen auszuknipsen, doch dabei blieb mein Blick am Saum des Vorhangs hängen, und die Erinnerungen an den gestrigen Abend strömten zurück in mein Gedächtnis. Blinzelnd betrachtete ich den Spalt, durch den die frühe Morgensonne einfiel, und kaute dabei auf meiner Unterlippe herum. 

Meine Neugierde erwachte, und ich ertappte mich dabei, wie ich den Hals reckte.

War Lukas irgendwann zu Bett gegangen, oder hatte er sich die Nacht um die Ohren geschlagen? 

Ich erhob mich, machte aus purer Gewohnheit in aller Eile mein Bett und huschte dann hinüber zum Vorhang. Vorsichtig spähte ich zum Nachbarhaus hinüber. Das Licht brannte nicht mehr, aber das war kein Wunder. Lukas war um diese Zeit längst weg, weil er bis ans andere Stadtende pendeln musste, um zu seinem Gymnasium zu gelangen. 

Ich hingegen konnte es etwas gemütlicher angehen lassen. 

Normalerweise stellte ich mich erst einmal unter die Dusche, und wenn ich dann zurück ins Zimmer kam, ein Handtuch um den Kopf gewickelt und nach Kirschshampoo duftend, schaute ich irgendwann zu ihm rüber, um zu sehen, was er geschrieben hatte. 

Meist stand ich dann eine ganze Weile vor dem Fenster und überlegte mir auf dem Stift kauend meine Antwort.

Lukas konnte meinen Zettel immer erst am Abend lesen, was mir allerdings sehr gelegen kam, weil ich manchmal ganz schön grübeln musste, bis mir etwas einfiel. Und wenn mir die zündende Idee nicht kam, dann blieb mir nach der Schule Zeit, um was zu schreiben. 

Zumindest an den Tagen, an denen er länger Unterricht hatte als ich, und dank seines langen Weges manchmal auch dann, wenn wir gleichzeitig fertig waren.

Doch als ich nun über die Äste der Eiche hinweg in sein Fenster spähte, stellte ich zu meinem Erstaunen fest, dass kein Zettel dort hing, wo normalerweise ein paar unfreundliche Worte meinen Start in den Tag begleiteten. Nicht mal ein nerviges »Schönen Tag«.

Gar nichts. Nach gestern Abend war er wohl nicht mehr dazu gekommen.

Der Streit, den ich beobachtet hatte, fiel mir wieder ein. Worum es wohl gegangen war? Stammte der Brief in Berts Hand vielleicht von der Schule und bestätigte endgültig, dass sein Sohn sitzen bleiben würde? 

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