4. Kapitel

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Die glücklichsten Menschen haben nicht das Beste von allem, sondern machen das Beste aus allem.

Es ist Samstag und ich liege schon seit sieben Uhr wach. Mich beschäftigt das, was dieser Junge, Thomas, gestern gesagt hat. Eigentlich war es eine Frage. Warum gehe ich nicht auf die High School? Okay, dort würden sich dann diese Fragen stellen: Wie heiße ich? Wie alt bin? Wer ist/sind mein/e Erziehungsberechtigter/Erziehungsberechtigten? ... . Ich weiß, dass ich nicht mehr einschlafen werde, also stehe ich auf und quäle ich mich aus dem Bett, suche mir Klamotten aus dem Schrank aus und gehe ins Bad, um eine heiße Dusche zu nehmen. Nach dem Duschen gehe ich in die Küche und fange an den Tisch zu decken. Bis jetzt hat Marilyn diesen Job immer übernommen, aber heute möchte ich ihr was gutes tun. Als alles fertig ist, ist es 9:30. Marilyn müsste bald aufstehen. Sie steht immer früh auf. Keine viertel Stunde später frühstücken wir auch schon. Ich will mit Marilyn über das Thema (die High School) reden, aber weiß nicht wie ich anfangen soll. Und da ich kein Mensch bin, der lange um den heißen Brei redet, werfe ich die Frage einfach in den Raum: "Marilyn, warum gehe ich nicht auf die High School?"
"Ob du's glaubst oder nicht, genau darüber wollte ich mit dir reden. Ich vermute jetzt mal, dass du auf die High School gehen möchtest. Stimmt's?"
"Ja, schon. Das Problem besteht darin: Ich habe sozusagen keine Identität. Kein Name. Kein Alter. Keine Eltern."
"Darüber hab ich mir schon Gedanken gemacht. Also ich habe dir schon mal in der Zeit ein Fake Identität besorgt.

Name: Gwendolyn

Nachname: Thompson

Alter: 16

Geburtstag: 20.07.2000

Und ich bin deine Mutter: Marilyn Thompson."
Während Marilyn mir das erzählt hat, ist mir der Mund aufgeklappt und steht vor Bewunderung immer noch offen.
"Du fängst noch an zu sabbern.", sagt Marilyn mir und ich schließe ihn langsam, während ich Marilyn immer noch anstarre. Sie hat schon wieder etwas getan, mit dem ich nicht im geringsten gerechnet hätte.
"Danke.", bringe ich während dieser verdammten Starre doch noch raus. Ich schüttle mich, um sie loszuwerden.
"Aber bevor du morgens zur Schule gehst  hilfst du mir immer im Laden, ok? Und freitags lieferst du trotzdem die Sandwiches aus, alles klar?"
"Natürlich.", sage ich schnell.
"Gut, ich zeige dir heute, wo du hin musst."

Am Abend gehe ich völlig erschöpft ins Bett, obwohl wir heute nicht früh aufstehen mussten. Marilyn und ich hatten kurzfristig entschieden zur Schule zu laufen. Von der Wohnung aus ist der Weg ziemlich lang, aber vom Laden aus ist er ziemlich kurz (zum Glück). Die Schule gefällt mir. Ich freue mich schon riesig auf Montag. Vielleicht finde ich sogar Freunde und kann anfangen richtig zu leben. Das das jetzt sentimental klang, weiß ich. Aber es stimmt. Schaut mich an. Ich bin ein nichts, habe keine Persönlichkeit, keine Erinnerung aus der Kindheit und keine Familie. Okay, wenn das so weiter geht, bekomme ich Depressionen.

Marilyn hat schon angefangen mich "Gwen", "Gwenny" oder einfach "Gwendolyn" zu rufen. So langsam fange ich an, mich daran zu gewöhnen. Ja, es gefällt mir sogar. Gwendolyn ist ein schöner Name, nur wüsste ich auch gerne meinen wirklichen Namen. Als heute aufgestanden bin, wollte ich erst gar nicht aufstehen. Doch durch den Schock, dass ich heute das "erste" Mal zur Schule gehen würde, war ich hell wach. Gefrühstückt habe ich wenig, ich hoffe das bereue ich später nicht. Durch ein "Gwen, kommst du mal.", werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Ich beeile mich und laufe schnell zu Marilyn, die besagte Person ruft mir direkt zu: "Kannst du mir helfen die Käsepackungen in den Laden zu tragen. Als Antwort nehme ich ein Paket und trage es vor in die Küche. Zehn Minuten später mache ich mich auf den Weg zur Schule. Die Aufregung ist so groß, ich glaube, ich platze noch. Aus Reflex atme ich einmal tief ein und aus. Diese Eigenschaft habe ich schon öfter bei mir beobachtet. Egal jetzt. Ich bin da. Mein Fahrrad stelle ich zu all den anderen und schließe es ab. Marilyn hat mir alles erklärt. Zu aller erst muss ich jetzt das Sekretariat suchen, um meinen Stundenplan abzuholen. Danach einfach noch den Raum suchen und fertig. Langsam flaut meine Aufregung ab und Angst macht sich in mir breit. Was, wenn ich mich an nichts erinnere? Also das tue ich ja sowieso nicht, aber ich meine wenn ich als einzige nichts kapiere. "Nicht in Panik verfallen", rede ich mir Mut zu. Erste Entscheidung treffen: Jemanden fragen, wo ich hin muss oder einfach drauf los laufen? Aber bevor ich mich entscheiden kann, höre ich eine bekannte Stimme rufen: "Na Mädchen ohne Namen, suchst du was?" Langsam drehe ich mich um, und wer steht vor mir? Thomas.
Ich versuche so cool wie möglich zu antworten: "Allerdings, Thomas."
"Du weißt noch meinen Namen?"
"Klar, hab gerade Platz für ein paar Erinnerungen.", sage ich, obwohl mir bewusst ist, das ich aufpassen muss, was ich sage. Vorerst soll niemand erfahren, das ich keine Erinnerungen habe. Sonst haben noch alle Mitleid und das kann ich gar nicht gebrauchen. Ich merke Thomas' fragenden Blick auf mir und als ich nichts sage, fragt er:
"Wie meinst du das?"
Ich winke ab und sage bzw. frage stattdessen: "Egal, kannst du mir vielleicht zeigen, wie ich zum Sekretariat finde?"
"Na klar, komm ich bring dich hin", sagt er und zusammen laufen wir ins Schulgebäude. Auf dem Weg spüre ich viele neugierige, aber auch herablassende, Blicke auf mir. Plötzlich ruft jemand: "Thommy, schnappst du dir jetzt die Neue?" Ich schaue Thomas fragend an, dieser sagt nur: "Ignorier sie einfach." Als wir uns wieder in Bewegung setzen, ruft dieser Junge noch: "Besser als nichts, ne?" Ohne uns umzudrehen, gehen wir weiter. Nach wenigen Minuten stehen wir schon vorm Sekretariat. Doch bevor ich die Tür öffne, frage ich Thomas noch: "Wer war das eben?"
"Das war Aiden. Der Badboy. Ignorier ihn einfach, leg dich am besten nicht mit ihm an."
"Ok, werde ich mir merken." ... es gibt ja nicht so viel da oben, füge ich in Gedanken hinzu. Bevor ich reingehe schaue ich Thomas nochmal an und dieser fragt mich, als ob er meine Gedanken lesen könnte: "Soll ich warten, bis du fertig bist. Dann kann ich dir noch zeigen, wo du hin musst."
"Ja, danke.", sage ich noch, bevor ich die Türklinke nach unten drücke und eintrete. Hinter dem Tresen steht eine freundlich lächelnde Sekretären. Ich gehe zum Tresen und möchte sie schon nach meinen Unterlagen fragen, da kommt sie mir zuvor: "Du bist die Neue, ne? Wie ist nochmal der Name? ... Ah, ja genau, Gwendolyn. Stimmt's?"
"Ja genau die bin ich.", antworte ich selbstsicher.
"Hier, das ist dein Stundenplan. Jetzt hast du erst einmal zwei Stunden Deutsch. Der Raum ist hier im Gebäude ..." Danach höre ich nicht mehr zu, da ich ja Thomas habe, der mir alle Räume usw. zeigen wird. Doch als mich dann mit Namen anspricht, widme ich mich ihr wieder. "Gwendolyn, ich gebe dir jetzt noch eine Entschuldigung fürs zu spät kommen, in Ordnung?"
"Ja und vielleicht können sie auch gerade eine für Thomas ausstellen, der so lieb ist, dass er draußen wartet, um mich zum Unterricht zu bringen."
"Klar." Anscheinend weiß sie auch ohne einen Nachnamen, wen ich meine.
"Danke."
Mit den Entschuldigungen in der Hand verlasse ich das Sekretariat. Sofort reiche ich Thomas seine, dieser schaut mich verwirrt an, bis er erkennt, um was es sich handelt. Dann sagt er: "Oh ha, danke. Wie hast du das geschafft?"
Das verwirrt mich wiederum. "Was meinst du damit?", frage ich deshalb.
"Naja, das war doch bestimmt sau schwer die rum zu kriegen, oder?"
"Ne, eigentlich nicht. Hab einfach gefragt und sie hat ja gesagt.", sage ich.
"Krass. Ok, lass gehen. Was steht bei dir an?"
"Deutsch, du?"
"Auch Deutsch. Danach?"
"Bio und Politik & Wirtschaft. Du?"
"Schade hab danach Spanisch, aber Robin müsste Bio haben und vielleicht auch PoWi.", sagt Thomas nachdenklich.
"Wer ist Robin?", frage ich.
"Robin ist meine beste Freundin"
"Ok.", sage ich nur. Was soll ich auch mehr sagen. Ich hoffe, ich verstehe mich mit Robin genauso gut, wie mit Thomas. Vor dem Klassenraum bleibt Thomas nochmal stehen und dreht sich zu mir um. Er fragt: "Bereit?" "Ja" Zusammen betreten wir den Klassenraum. Der Lehrer vorne, Mr. Archer, hält in der Bewegung inne und dreht sich zu uns.
"Warum sind Sie zu spät, Mr. Harper?", fragt er. Das ist also Thomas' Nachname, sehr interessant .... Er ignoriert mich erstmal. Sehr nett, ....
"Es tut mir leid, Mr. Archer. Ich habe Gwendolyn zum Sekretariat und anschließend hierher gebracht. Ich habe auch eine Entschuldigung von der Sekretärin."
"Gut. Setzen." Damit setzt sich Thomas in die zweite Reihe und Mr. Archer widmet seine Aufmerksamkeit mir. "Und du bist gleich nochmal?", fragt er mich schließlich.
"Gwendolyn, Gwendolyn Thompson.", antworte ich mit fester Stimme.
"Gut, Gwendolyn, stell dich doch bitte der Klasse vor." Das ist mein Startsignal. Ich fange an, alles zu sagen, was mir Marilyn all die Tage eingetrichtert hat, aufzusagen:
"Ich bin Gwendolyn Thompson und 16 Jahre alt. Ich bin vor kurzem von Kanada, in die USA zu meiner Mutter gezogen.", die Idee mit Kanada, war Marilyns Idee. Sie sagt ich hätte einen kanadischen Akzent.
"Danke Gwendolyn. Du kannst dich setzen. Setz dich einfach an einen freien Platz." Es gibt nur einen freien Tisch. Zum Glück ist es der neben Thomas' seinem und seinem Tischnachbar. Also gehe ich dorthin und setze mich. Der Unterricht ist langweilig und ich kann alle Fragen des Lehrers beantworten. Woher ich das alles weiß, keine Ahnung. Als es endlich klingelt, packen Thomas und ich schnell unsere Sachen und gehen. Thomas geht ohne mich anzugucken weiter. Soll ich ihm folgen oder die Pause alleine verbringen? Doch wieder mal nimmt Thomas mir die Entscheidung ab: "Gwen, kommst du?"
"Ja, sorry." Schnell laufe ich Thomas hinterher. Zusammen laufen wir auf den Pausenhof. Dort angekommen, gehen wir in Richtung Sporthalle. Dahinter wartet schon ein Mädchen mit dunklen fast schwarzen Haaren. Wahrscheinlich Robin.

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Sorry, dass es wieder so lange gedauert hat. Das lag daran, dass mein Handy aus dem Auto gefallen ist und jetzt kaputt ist. Muss jz mein altes gammel Handy nehmen. Naja hoffe es gefällt euch trotzdem. Voten und Kommentieren nicht vergessen!!!

Eure Sascha

Mein Leben ohne Vergangenheit #wattys2017Onde histórias criam vida. Descubra agora