3. Kapitel

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Wenn du mutig genug bist >Lebewohl< zu sagen, wird das Leben die mit einem neuen >Hallo< belohnen

Ich stehe in einem Kinderzimmer! Nachdem ich die Tür aufgestoßen habe, bin ich erstarrt. Warum hat Marilyn ein Kinderzimmer, aber weder einen Mann noch ein Kind? Unschlüssig stehe ich hier und überlege, was ich mit diesem Wissen anfangen könnte. Ich könnte wieder in mein Zimmer gehen und so tun, als wüsste ich nichts oder ich könnte Marilyn damit konfrontieren. Variante 1 fällt für mich aus, dafür bin ich viel zu neugierig. Variante 2 finde ich aber auch nicht so toll, schließlich kenne ich Marilyn gar nicht richtig. Also beschließe ich es erstmal auf sich beruhen zu lassen.

Am nächsten Morgen wurde ich früh von Marilyn geweckt. Ich hatte sie gestern nicht mehr kommen hören. Gerade sitzen wir am Frühstückstisch und essen, als wir fertig sind, sagt Marilyn: "Gut, bist du auch fertig? Wir müssen los, sonst schaffen wir es nicht, den Laden pünktlich zu öffnen."
"Ja bin fertig."
"Dann stell dein Teller in die Spüle. Das mach ich, wenn wir wiederkommen." Damit wendet sie sich von mir ab und geht in ihr Schlafzimmer, um sich umzuziehen. Auch ich stehe nun auf, um mich wie Marilyn auch, umzuziehen. In meinem Zimmer gehe ich zu dem Schrank an der linken Seite, in dem Marilyn "alte" Kleidung von ihr hineingelegt hat. Ich suche mir ein schwarze Jeans und einen schwarzen Pullover aus. Als ich angezogen bin, sage ich Marilyn Bescheid, dass ich schon mal raus gehen würde. Es ist September und es wird langsam kalt, hat mir Marilyn mir gesagt. Im Herbst sind die Blätter bunt gefärbt und es gefällt mir. Als nächstes kommt also der Winter, auch dies hat Marilyn mir erzählt. So ziemlich alles was ich jetzt weiß, kommt von Marilyn. Sie hat auch gesagt, dass sie den Herbst und den Winter nicht leiden kann, da es so kalt ist. Ich aber habe gemerkt, dass ich den Herbst und bestimmt auch den Winter sehr mag. Freude steigt in mir hoch und ich merke wie ich anfange durch die Luft zu springen. Leider schaffe ich es nicht, beim Springen Blätter zu fangen. Wahrscheinlich bin ich zu dumm dafür. Langsam wird es peinlich, weshalb ich aufhöre. Marilyn kommt aus dem Haus und zusammen fahren wir zum Laden.

Es ist jetzt sieben Uhr und wir haben noch zwei Stunden Zeit, bis der Laden öffnet. Marilyn hat mir schon gezeigt wie die Kaffeemaschine bedient wird (eigentlich muss man nur auf einen Knopf drücken, der die Art des Kaffees auswählt) und wie ich das Essen herrichte. Gerade machen wir die Sandwiches und Baguettes fertig, von denen, wie Marilyn mir gesagt hat, von 9 bis 11 Uhr viele gekauft werden. Auch sagte sie mir, dass sie freitags immer an eine Grundschule liefert. Sie möchte, dass ich das mache. Sie wird mir morgen nach Ladenschluss zeigen, wo ich hin muss. Gerade sind wir fertig geworden. Wir haben noch eine viertel Stunde und deshalb frage ich: "Ist das alles, was ich machen muss?"
"Ja, nur den Kaffee und die Sandwiches und Baguettes auf den Tellern herrichten. Die Kasse mache ich, genauso wie das bedienen."
"Ok und am Freitag, wann muss ich das ausliefern? Und schaffst du das dann alles alleine?"
"Mach dir keine Sorgen, du fährst ganz normal mit hierher und hilfst mir alles vorzubereiten. An dem Tag müssen wir aber schon um sechs Uhr hier sein, das heißt das wir eine Stunde früher aufstehen müssen. Wir müssen schließlich um die 120 Sandwiches mehr machen. Zum Glück möchte die Grundschule nur für ihre Erst- und Zweitklässler welche haben. Die Schule ist außerdem sehr klein. Die Erst- und Zweitklässler sind zusammen in einer Klasse. In jeder Klasse sind ungefähr 20 Schüler."
"Oh mein Gott, ist das kompliziert."
"Es hört sich nur so an, dabei ist es, wenn man es mal begriffen hat ganz einfach."
"Alles klar." ... und ich glaube nicht, füge ich in Gedanken hinzu. Aber bevor ich weiter darüber nachdenken kann, sagt Marilyn: "Es ist Zeit, wir müssen jetzt den Laden öffnen."
Gesagt, getan und schon wenige Minuten später kommen die ersten Kunden. Manche setzen sich auf die niedrigen Sofas und manche holen sich nur schnell was zum mitnehmen. Die Zeit geht schnell vorbei und um punkt 17 Uhr schließt Marilyn den Laden. Wir haben uns beide ein übrig gebliebenes Baguette mitgenommen, welches wir gerade an dem großen Tisch von Marilyns Wohnung essen. Nach dem Essen stelle ich mein Teller und Glas in die Spüle und gehe in mein Zimmer. Dort angekommen gehe ich direkt zu dem Kleiderschrank. Ich suche mir eine schwarze Jogginghose aus, die ich gegen die ebenfalls schwarze Jeans austausche. Die meisten Sachen die sich in dem Schrank befinden, sehen aus, als hätte sie noch nie jemand getragen. Warum Marilyn sie besitzt? Keine Ahnung. Egal, ... alles zu seiner Zeit. Marilyn hat mir, wie ich gerade feststelle, einen Wecker auf den Nachtisch neben meinem Bett, gestellt. Es ist gerade mal 18:30 und als ich aus dem Fenster über dem Bett schaue, sehe ich das die Sonne noch nicht untergegangen ist. Gerade fängt die "Golden Hour" an (ich weiß nicht woher ich das weiß, aber es stimmt), die ungefähr 30 Minuten dauert. Danach kommt der Sonnenuntergang. Plötzlich höre ich, wie die Türklinke runter gedrückt wird und Marilyn hereinkommt.
"Ich hab dir ein paar Bücher rausgesucht, die dir gefallen könnten.", sagt sie und übergibt mir die Bücher. Es sind sechs Stück. "Von ein, zwei gibt es auch Fortsetzungen." Und schon ist sie wieder verschwunden. Ich nehme das erste. Mir kommt das Buch bekannt vor, weshalb ich es umdrehe, um zu sehen, um was es geht. Es gefällt mir, deshalb fange ich an, es zu lesen. Um 21:00 lege ich das Buch auf den Nachtisch und schlafe fast sofort ein.

Der nächste Tag war eigentlich wie mein erster Arbeitstag, aber als ich am Freitag vom Wecker geweckt wurde, war ich hell wach. Heute würde ich die Schule beliefern. Irgendwie freue ich mich riesig. Es ist neu (wie fast alles) und ich mag es neues zu entdecken. So wie ich ins Esszimmer komme, sehe ich, dass der Tisch schon gedeckt ist und Marilyn wartend auf einer der Stühle sitzt. Als sie mich entdeckt, sagt sie: "Da bist du ja! Ich habe schon auf dich gewartet."
"Entschuldige, ..." Ich bin doch gar nicht zu spät. Egal, ... . Ich schlinge mein Nutella Toast hinunter und bringe ohne was zu sagen mein Teller in die Spüle. Danach gehe ich in mein Zimmer, um mich umzuziehen. Diesmal wähle ich ein ausgewaschenes ACDC T-Shirt, was mir schon von Anfang an in Auge gestochen ist aus. Dazu die schwarze Jeans, die ich vorgestern schon getragen habe. Ich habe Marilyn gestern nach dieser Band ACDC gefragt und sie hat sie mir vorgespielt. Mir gefällt die Musik, deshalb will ich dieses T-Shirt auch unbedingt tragen. Und ja ich mag schwarz. Es ist dunkel und die Dunkelheit gefällt mir. Fertig angezogen und fertiggemacht, laufe ich aus der Wohnung und zum Auto. Marilyn sitzt schon darin und wartet auf mich. Ich werde immer aufgeregter, obwohl ich nur ein paar Sandwiches zu einer Grundschule bringen muss.

Beim Laden angekommen, machen wir die Sandwiches und Baguettes. Danach packen wir die abgezählten Sandwiches in eine Box, welche wir auf dem Fahrrad befestigen. Ja, ich werde Fahrrad fahren, obwohl ich nicht weiß, ob ich es überhaupt kann. Und ja, deshalb bin ich so aufgeregt. Marilyn hat mir gestern gezeigt, wie ich fahren muss. Der Weg ist leicht zu merken. Also steige ich auf das Fahrrad auf und mache mich auf den Weg zu dieser Grundschule. Fahrrad fahren fällt mir leichter, als ich dachte. Am Anfang hatte ich noch Probleme das Gleichgewicht zu behalten (wegen der Box die auf dem Gepäckträger befestigt ist), aber jetzt habe ich den Dreh raus. Keine fünf Minuten später, sehe ich die Schule vor mir. Ich bin ziemlich schnell und als ich das Tor passieren will, kommt ein Jugendlicher mit einem kleinen Mädchen an der Hand um die Ecke. Ich bremse stark, verliere dabei das Gleichgewicht und falle um. Der Junge und das Mädchen springen erschrocken zur Seite. Ich stehe schnell auf und entschuldige mich. Natürlich hat sich beim Aufprall die Box, in der sich die Sandwiches befinden, geöffnet und einige sind rausgefallen. Und mit einige meine ich fast alle. Zum Glück sind sie alle in Alu-Folie verpackt. Ich laufe wieder zu der Box und fange an die Sandwiches aufzusammeln. Der Junge kommt dazu und hilft mir schweigend. Nachdem alles Sandwiches wieder aufgesammelt sind, sage ich: "Danke."
"Bitte und übrigens ich bin Thomas.", gibt er zurück.
"Ok"
"Und wie heißt du?", fragt er. Scheiße, was sollte ich jetzt sagen. Entweder einen Namen ausdenken oder, ach keine Ahnung.
"Ist das wichtig?", stelle ich deshalb die Gegenfrage.
"Nein, eigentlich nicht."
"Gut, denn ich muss jetzt die Sandwiches in dieser Schule abliefern."
"Musst du denn nicht zur Schule?", fragt er jetzt ungläubig.
"Nein", antworte ich schlicht, drehe mich mit der Box in den Händen um und gehe Richtung Schule. Ich spüre noch einige Zeit die Blicke des Jungen auf mir, doch irgendwann geht er kopfschüttelnd weiter.

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Das wars schon wieder. Ich hoffe ich hab euch diesmal nicht zu lang warten lassen.

Eure Sascha

Mein Leben ohne Vergangenheit #wattys2017Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt