31 ~ Mondsichel

21 4 0
                                    

Recklessia lächelte triumphierend und zog die Gardine der Garderobe zu. Ria war schlau und hatte sie trotz der Verkleidung erkannt, wenn auch erst bei der zweiten Begegnung. Und da sie wusste, wie sie aussah, musste sie ihr Erscheinen ändern. Gerade hatte sie den Reissverschluss zugezogen und richtete ihre erneut gefärbten Haare, als sich in dem Laden, der für gewöhnlich leer war, etwas tat.
"Hör zu, ich kann das nicht mehr!", sagte eine weibliche, traurige Stimme.
"Was willst du damit sagen?", hörte sie eine zweite, dieses Mal, männliche Stimme vorsichtig.
"Das weisst du ganz genau", entgegnete eine erste Stimme, die Recklessia schnell erkannte. Die Stimmen waren erst leise gewesen, doch nun kamen sie näher und blieben schliesslich ganz stehen. Die eine Stimme gehörte Ria, aber wer ihr Begleiter war, war Recklessia schleierhaft.
"Belleza...", sagte er flehend.
"Taylor, bitte", sagte Ria und sie klang, als müsste sie ihre Fassade bewahren. "Es ist besser für mich und besser für uns. Das weisst du."
"Komm her", sagte Taylor leise. Recklessia nahm an, dass er Ria in den Arm nahm.
"Mach's gut, Tay. Pass auf dich auf, ja?", sagte Ria leise. Schritte entfernten sich.
Eine Tür wurde knarrend aufgemacht und wieder geschlossen. Recklessia trat aus der Garderobe und trat an die Kasse, um zu bezahlen. Ein blonder Junge mit einem, für Evidencia typischer Gesichtsbemalung, stand hinter dem Tresen und sah von einem Gegenstand in seiner Hand auf, als Recklessia näher trat. Sein Gesichtsausdruck wirkte unglücklich und seine Augen waren ganz leer.
"Hey, alles in Ordnung?", fragte Recklessia sanft und lächelte ihn aufmuternd an. Er zuckte mit den Schultern.
"Sind Frauen immer so kompliziert?", fragte er betrübt.
"Inwiefern?"
"Sie hat Schluss gemacht. Zuerst sagt sie, sie wolle mit mir zusammen sein, diese Entfernung könnte uns sowieso nie trennen. Naja, und jetzt... Jetzt meinte sie, die Distanz bringt sie um." Der Junge seufzte. Verträumt und traurig zugleich spielte er mit einem Kugelschreiber. "Sie ist etwas ganz Besonderes. Das aussergewöhnlichste Mädchen, das ich je getroffen habe." Recklessia hörte ihm aufmerksam zu. Sie hatte keine Ahnung, weshalb er ihr das erzählte, aber sie möchte ihm gerne helfen.
"Wie habt ihr euch kennen gelernt?", fragte sie und stützte ihre Arme am Tresen ab. Ein liebevolles Lächeln umspielt seine Mundwinkel.
"Am Persephone-Tag. Das war schon verrückt. Wir waren beide am gleichen Event. Vielleicht kennen Sie es, der Todesblumen-Tanz?"
Recklessia schüttelte den Kopf.
"Da werden die Tanzpartner ganz spontan gewählt, während man einen eleganten, aber leicht komplizierten Tanz vollführt. Jedenfalls habe ich mit ihr getanzt und wir haben sehr viel gelacht. Sie ist eine wunderbare Tänzerin. Ich hätte nicht gedacht, dass es ihr erstes Mal war, hätte sie es mir nicht gesagt. Da nach jedem Lied die Tanzpartner gewechselt wurde, sah ich sie immer nur mit anderen Männern tanzend und schon da hatte ich ein seltsames Gefühl gehabt. Ich war eifersüchtig und hatte keine Ahnung wieso, schliesslich gehörte sie mir nicht. Später merkte ich, dass ich verliebt war. Also, normalerweise glaube ich nicht an die Liebe auf den ersten Blick, aber... Ich weiss auch nicht. Mein Herz schlug plötzlich schneller und ich hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen, sobald sie im gleichen Raum war. Aber es fühlte sich nie, wie ersticken an. Eher wie... Als würde mir vor Freude und Aufregung die Luft wegbleiben, verstehen Sie? Aber da sie nicht von hier stammte, sah ich sie für den Rest des Jahres nicht mehr. Selbst dann musste ich ständig an sie denken. Ich habe nie verstanden, wie sie mir den Kopf so dermassen verdreht hat.
Aber nach einem Jahr, wieder am Persephone-Tag habe ich sie wieder gesehen und raten Sie mal wo?"
Recklessia grinste. "Der Todesblumen-Tanz?"
"Richtig! Und da... Da... Ich habe mich so gefreut, sie wieder zu sehen, dass ich... Ich hätte dreimal um Evidencia fliegen können, ach was sage ich! 50, 100-mal!" Taylors Wangen waren schon ganz rot und er erzählte so begeistert von der Begegnung, dass seine Augen glitzerten.
"Ich habe ihr die Stadt gezeigt und ihr zugesehen, wie sie etwas Neues probierte. Ihre Augen leuchteten die ganze Zeit und ihr Gesicht hatte... hatte diesen Ausdruck. Als wäre sie wieder ein kleines Mädchen, dass die Welt kennenlernte. Ich fand es immer witzig, wie sie etwas kritisch angeschaut hatte, sobald ich ihr etwas angeboten habe. Sie hat immer ganz kurz die Nase gerümpft, ganz leicht und mich leicht zweifelnd angeschaut, so als überlegte sie, ob es das wirklich wert war, bevor sie etwas ausprobiert hatte." Taylor lachte. "Sie hat ihre Kleider gewechselt und sie, sie sah so wunderschön darin aus. Ich dachte, ich stände vor der Königin der Galaxie!" Er sah verlegen zur Decke oder auf den Tresen, während er erzählte. Dann schwand sein Lächeln. Er nahm Recklessias Hand zwischen seine und sagte: "Es sieht nicht so aus, als ob ich Sie langweile. Naja, das klingt alles vielleicht ein bisschen kitschig, aber... Ich habe noch nie ein solch faszinierendes Mädchen getroffen und ich hoffe für sie nur das Beste." 

Recklessia war so vertieft in seiner Erzählung, dass sie an seinen Lippen hing. Sie erwachte erst, als sie auf einmal etwas Kaltes an ihrem Handgelenk spürte. Ihre Glieder wurden steif und taub, als läge sie stundenlang im Schnee. Sie konnte sich nicht mehr bewegen. Erschrocken sah sie auf ihr Handgelenk, dass noch in Taylors Händen versteckt war. Ein kalter Nebel entwich zwischen den Lücken seiner Fingern und Recklessia knurrte mit ihren Stimmbändern, die sich vereist anfühlten. Er nahm die obere Hand weg. Recklessia starrte mit vor Wut blitzenden Augen den silbernen Kleber auf ihrer Haut an. Könnten ihre Blicke töten, würde der blonde Junge mit einer aufgeschlitzten Kehle, aus dem Blut sprudelte, auf dem Boden nach Luft ringen.
Der silberne Mondsichel fixierte sich schmerzhaft in ihre Haut. Es war ein abnehmender Mond, was für Eis stand. Dieser Hund hatte ihre Bewegungen vereist. Sie hörte, wie hinter ihr eine Tür geöffnet und wieder geschlossen wurde, aber Recklessia starrte ihn an, der ihren ermordenden Blick ohne mit der Wimper zu zucken standhielt. 

Auf Taylors Gesicht erschien ein böses Grinsen.



------------------------------------------------


Hey ihr<3

Tut mir leid, dass ich erst jetzt wieder update!

Leider hatte ich erst eine Schreibblockade. Dann hatte ich mein Passwort vergessen und zum Glück den Zettel gefunden, auf dem es draufsteht, puh! (Ich weiss, ich bin vergesslich)

Jedenfalls: I'M BACK! Und ich habe diese Story auch bei den diesjährigen Wattys angemeldet.

Deshalb würde ich mich wahnsinnig freuen, wenn ihr liken, Voten, kommentieren könntet:)

Ja, das waren so die wichtigsten News von mir.

GLG Lily C.



Die Chroniken der SchattenwesenWhere stories live. Discover now