Kapitel 12

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"I don't feel safe anymore
Tell me who's watching
Oh, what a mess I wonder who's watching me now "

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Direkt am nächsten Morgen bekam ich die erste SMS von Lucio. Eine Adresse und eine Uhrzeit. Kein wirklicher Befehl und definitiv keine Bitte. Ich war kurz davor ihm eine Adresse und eine Uhrzeit zurück zu schicken, entschied mich jedoch dagegen. Ich hing an meinem Leben...

Und so stand ich einen Tag später mitten in der Nacht vor dem Friedhof. Ok, vielleicht war es erst acht Uhr... Aber ich stand ganz allein vor den Toren eines verdammten Friedhofes. Und auch wenn dieser riesig ist und sogar einige, meiner Meinung nach verrückten, Touristen ihn besichtigten, war er trotzdem gruselig. Wovor hast du eigentlich Angst? fragte eine Stimme leise in meinem Kopf. Du triffst dich gleich mit einem gruseligen Mafiaboss und der kann dir sicher mehr anhaben, als Geister auf einem Friedhof.

Wie aufs Stichwort hielt ein schwarzer Wagen mit getönten Scheiben kurz vor mir. Was für ein dramatischer Auftritt... Aber was sollte ich jetzt tun? Würden wir, so wie in den Filmen, im Auto reden? Sollte ich einsteigen? Würde Lucio aussteigen und mich irgendwo auf dem Friedhof vergraben? Die Fahrertür öffnete sich und meine Gedanken wurden unterbrochen.

„Stehst du sonst auch immer vor Friedhöfen rum und betrachtest Autos, oder willst du einsteigen?", fragte mich der Fahrer. Er war nicht viel älter als ich und offensichtlich auch Italiener. „Ich weiß nicht genau! Lande ich, wenn ich einsteige, auch auf diesem Friedhof?" Er lachte. „Vermutlich irgendwann schon. Zumindest wenn man deine Leiche je findet... Aber ich nehme mal an, dass das vorläufig noch nicht geplant ist. Außer du lässt Lucio noch länger warten... Dann hast du zumindest Gesellschaft, denn dann liegen wir beide da." Ich grinste und stieg ein.

„Du wirkst nicht so... Nun ja... Wie jemand, der für die Mafia arbeitet...", sagte ich schließlich. Matt (ich hatte mittlerweile seinen Namen herausgefunden), schaute mich irritiert an. „Du weißt schon... So wie Lucio... So fies und gemein und so..." Er schien ein Lachen zu unterdrücken: „Das muss ich Lucio erzählen: Du denkst, er ist ‚gemein' und ‚fies'?! Ich glaube, die meisten Menschen hätten andere Worte verwendet um ihn zu beschreiben."

Ich rollte die Augen. „Ach lass mich! Wer weiß, ob Lucio nicht Mikrofone hier installiert hat oder du ihm alles berichtest, was ich sage. Da sollte ich ihn vielleicht nicht zu sehr beleidigen. Aber wie du meinst: Wieso verhältst du dich nicht so wie ein arrogantes, bipolares, nerviges Arschloch, das die Einstellung hat, dass es jeden terrorisieren darf, nur, weil es sooo gefährlich ist und eine sooo große Knarre hat.", korrigiert ich mich. Jetzt konnte Matt sich ein Lachen nicht verkneifen.

„Eine interessante Beschreibung. Auch wenn ich mich frage, wie du es geschafft hast noch nicht von Lucio ermordet zu werden, wenn du so auch mit ihm redest!"

„Sagen wir es mal so. Er hat es schon mehrmals versucht und ich glaube er wartet nur darauf, dass ich irgendetwas falsch mache, damit er mich erschießen oder erwürgen kann." Wir lachten beide. Auch wenn ich immer noch so nervös war, dass meine Hände schwitzten, war ich nun deutlich entspannter als zuvor. Vermutlich lag es daran, dass ich eine Person gefunden hatte, die zumindest nicht so wirkte, als wollte sie meinen Tod.

Doch leider endete die Autofahrt viel zu schnell. Noch nie zu vor hatte ich mir gewünscht, länger in einem Auto zu bleiben als nötig. Und nie hätte ich mir vorstellen können, dass ich mit irgendeinem Mafiamitglied zusammen in einem Auto sitzend lache und lieber dort bleiben würde, als auszusteigen. Aber vermutlich ändert sich die Vorstellung mit der jeweiligen Situation. Ich atmete einmal tief durch und stieg dann aus.

Mafioso to goWhere stories live. Discover now