× 13 ❀ »Sonnenaufgang.«

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„Wach auf! Kookie, wach auf!"

Die rufende Stimme wurde immer lauter. Zuerst ignorierte ich sie, doch mittlerweile war sie so laut, dass ich das Gefühl hatte, mein Trommelfell explodiere.
Der tiefe Klang schien zu vibrieren und jeder einzelne Buchstabe tat förmlich weh.

Widerwillig öffnete ich meine Augen einen Spalt weit. Es dauerte einen Moment bis ich erkannte, wo ich war, doch schnell hatte ich mein volles Bewusstsein erlangt. Vor mir lag ein Buch.
Anscheinend waren V und ich auf der Couch beim Lesen eingeschlafen. Nicht zu verübeln, wenn ich ehrlich war.

Glücklicherweise hatte die Stimme aufgehört, mich zu wecken. Beziehungsweise anscheinend hatte V gemerkt, dass er es geschafft hatte, mich zu wecken und deswegen aufgehört.

Notiz an mich selbst: V zum mindestens hundertsten Mal daran erinnern, dass ins Ohr Schreien keine gute Option zum Wecken war.
Das durfte höchstens nur mein nerviger Digitalwecker - und selbst der war nicht einmal Ansatzweise so schlimm. Und dem fehlten auch Batterien. Oops.
Zweite Notiz an mich selbst: Batterien kaufen.

„Komm, guck, schnell", rief V jetzt, aber auf Abstand von meinem armen Ohr. „Komm! Sofort!"

Aufgeregt hüpfte er auf dem Boden herum. Anscheinend hatte die Sachen, die dort vorher lagen, extra dafür beiseite geschoben.
Hoffentlich beschwerten sich die Nachbarn unter uns nicht.

Benommen von der unsanften Weckung richtete ich mich langsam auf, reckte und streckte mich. V stand mir nun unmittelbar gegenüber. Er war im Gegensatz zu mir jedoch deutlich wacher.

„Komm", wiederholte er. Seine Mundwinkel umspielte ein breites, viereckiges Grinsen, bevor er sich an mir ein Beispiel nahm, nach meinem Handgelenk griff und mich mit ihm zog. Hatte er sich das von mir abgeguckt oder bildete ich mir das nur ein?

Ich kam gar nicht mehr dazu, zu fragen, was denn los sei. Warum er so aufgeregt und fröhlich war. Und was der Grund war, mich aus meinem wohlverdienten Schlaf zu reißen.
„Was ist denn?", konnte ich gerade so murmeln, da kamen wir beim Grund auch schon an. Es war ein Wunder, dass wir auf dem Weg hierher nirgendwo drüber gestolpert und dabei gestorben waren.

„Guck da", verlangte V und tippte mit seiner freien Hand gegen die Fensterscheibe.

Draußen war es immer noch dunkel und sogar leicht nebelig. Es war anscheinend so früh am Morgen, dass wahrscheinlich sogar noch Tau auf den Dächern der Häuser lag.

Doch das, worauf mich V aufmerksam machen wollte, war nicht der Schleier aus Nebel.

Nein, es war der Sonnenaufgang.

Die roten Sonnenstrahlen krochen gerade so am Horizont hervor. Alles, was sie erfassten, wurde in ein malerisch schönes Licht getränkt.
Die Existenz vom Tau machte sich bewiesen: alles schien zu glänzen. Frisch, rötlich zu glitzern.

„Es ist so schön", quiekte V. „Ich wünschte, wir hätten sowas bei uns auch. Aber dafür sind wir zu weit weg von der Sonne."

Zustimmend nickte ich.

Sonnenaufgänge hatten nochmal ihren eigenen, speziellen Charm. Es war wirklich schön.

Zugegeben, meistens lernte ich bis so spät und tief in die Nacht hinein, dass ich den Sonnenaufgang mit höchster verschlief.
Wenn ich so nachdachte, hatte ich seit dem Studienanfang und dem Einzug in die Wohnung nie einen Sonnenaufgang gesehen. Geschweige denn konnte ich mich nicht einmal an meinen letzten Erinnern.

So unauffällig wie möglich spähte ich zu V hinüber.

Wie schon an den Schaufenstern drückte er seine Nase gegen das Glas und beobachtete mit weit aufgerissenen Augen den Sonnenaufgang. Anscheinend war die Erde doch nicht so schlimm, wie er es beschrieb, stellte ich in Gedanken lachend fest.

Lächelnd sah ich wieder von ihm Weg zum Sonnenaufgang. Mein Handgelenk hatte er immer noch nicht losgelassen.

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