14. Kapitel

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Eine lange Zeit hatte ich unten in den Kellergewölben verbracht, lange, da ich es nicht gewagt hatte, nach oben zu gehen. Viele Tage mussten vergangen sein, genau wusste ich es nicht. Oft hatte ich gelauscht, mein Gehör war besser und besser geworden in der Zeit hier in Königsmund - ich vernahm sofort, ob jemand hier herumlief oder nicht. Jedoch war dies selten der Fall gewesen. Die Einsamkeit erfüllte die unterirdischen Gänge, die Einsamkeit und Kälte.
Irgendwann blieb mir nichts anderes übrig - ich musste hinauf. Es war nicht einfach gewesen, aber was war schon einfach? Leise wie die Nacht und ruhig wie der Schatten war ich die Stufen hinaufgegangen und habe die Wachen getötet. Niemand hatte mich gehört oder gesehen. Ich tauchte in der Menschenmenge unter, obwohl ich wahrscheinlich eher herausstach, als verschwand, in diesem Aufzug.
Ich lauschte den Gesprächen der Bevölkerung, beobachtete sie. Der Hunger plagte mich, doch wagte ich es nicht, mir Essen zu klauen.
Ich schritt durch die engen Gassen, sah mich immer vorsichtig um, ob ich verfolgt werden würde. Dem war nicht so und ich richtete meinen Blick wieder nach vorn. Da tauchte vor mir plötzlich eine Schmiede auf. Das Schild wehte im Wind und quietschte - es musste mal wieder geölt werden. Ein Junge, etwas älter als ich, mit schwarzem Haar stand am Amboss und schlug mit seinem Hammer immer wieder auf das glühende Stück Metall.
Ich blieb stehen und beobachtete ihn bei seiner Arbeit. Die Leute liefen an mir vorbei, ohne mir Beachtung zu schenken. Jeder Schlag hallte noch etwas länger in meinem Kopf. Es war eine schöne Musik, die mich an Winterfell erinnerte. Winterfell ... Ich musste an meine Mutter denken und an meine Geschwister. Ich hoffe, es geht ihnen gut. Ich hoffe, Arya und Sansa konnten entkommen. Ich verlor mich in meinen Gedanken. Sie schwirrten zu meinem Vater herüber. Er lebt. Er konnte fliehen. Er musste geflohen sein, dachte ich hoffend.
In meinem Kopf verschwanden die Schläge des Hammers und meine Sicht wurde klar. Ich erfasste wieder den Jungen und erst jetzt bemerkte ich, dass er zu mir sah. Er konnte mein Gesicht nicht sehen, wie ich wusste, und doch überfiel mich Angst. Sein Blick war durchdringend und ich konnte mich nicht abwenden. Der Schmiedejunge richtete sich auf und tat einen Schritt nach vorne.
»Gendry!« Der Meisterschmied trat in mein Sichtfeld und funkelte den schwarzhaarigen Jungen wütend an. »Mach dich an die Arbeit! Habe ich gesagt, du sollst dich ausruhen?«
»Nein, Meister«, murmelte er und ging wieder zum Amboss.
Nun wandte ich mich ab und schritt weiter durch die Gassen. Ich sah mich immer wieder um und plötzlich stieß jemand gegen mich. Ich stolperte nach hinten, konnte jedoch sobald wieder mein Gleichgewicht finden.
»Verzeihung!«, stammelte ein kleines Kind, welches von Schmutz und Sand gezeichnet war. Bevor ich das Gesicht erkennen konnte, rannte es aber davon und ich verzog verwundert die Miene.
Da läuteten auf einmal die Glocken und ich horchte auf. Die Leute um mich hoben ebenfalls den Kopf und einige riefen: »Sie bringen ihn zur Septe von Baelor!«
Wen?, wollte ich beinahe rufen, doch ich biss mir auf die Zunge und lief in dieselbe Richtung wie die unzähligen Menschen.
Auf dem weißen Platz versammelten sie sich und ich drängte mich durch die Menge hindurch weiter nach vorn. Vor mir tauchte ein Podest auf und was ich dort sah, raubte mir den Atem. Mein Vater wurde von zwei Goldröcken hinaufgeführt, seine Hände waren verbunden. Er trug ein Wams aus grauem Samt, auf welchem vorne ein weißer Schattenwolf gestickt war. Sein Gesicht war schmaler, sein ganzer Körper war abgemagert.
Joffrey stand in den Farben der Baratheons neben seiner Mutter. Hass überkam mich. Hass und Wut. Als ich jedoch Sansa erfasste, ganz in himmelblauer Seide gekleidet, hörte mein Herz kurzzeitig auf zu schlagen. Mir stockte der Atem und meine Augen weiteten sich. Entweder war sie freiwillig dort oben oder sie wurde festgehalten, doch so bleich wie ihr Gesicht war, glaubte ich eher an Letzteres.
Weiter suchte ich die Leute auf dem Podest ab, doch eine Person konnte ich nicht finden. Arya.
»Ich bin Eddard Stark, Lord von Winterfell und Hand des Königs«, sagte mein Vater plötzlich. Seine Stimme klang fest, selbst in der schrecklichsten Lage behielt er an Standfestigkeit. »Ich trete vor Euch, um meinen schändlichen Verrat im Angesicht der Götter und Menschen einzugestehen.«
»Nein«, flüsterte ich. Das darf nicht wahr sein!
»Ich habe den Treueeid vor meinem König gebrochen und das Vertrauen meines Freundes Roberts missbraucht!«, rief er, damit ihn alle hörten. »Ich habe geschworen, seine Kinder zu schützen und zu verteidigen, doch bevor sein Blut noch kalt war, hatte ich den Plan geschmiedet, seinen Sohn abzusetzen und zu ermorden und den Thron selbst zu besteigen.
Lasst den Hohen Septon und Baelor, den Geliebten, und die Sieben Zeugen der Wahrheit dessen werden, was ich hier sagen will: Joffrey Baratheon ist der einzig wahre Erbe des Eisernen Thrones und durch die Gnade aller Götter Lord der Sieben Königslande und Protektor des Reiches.«
Die Leute begannen, vergammeltes Essen und anderes nach ihm zu werfen. Ich sah mit Schreckens geweiteten Augen meinen Vater an. Das alles ist eine Lüge!, wollte ich rufen, doch es gelang mir nicht.
»Meine Mutter bittet mich, Lord Stark das Schwarz anlegen zu lassen, und Lady Sansa hat mich um Gnade für ihren Vater angefleht«, sagte Prinz Joffrey. Mein Herz machte einen Sprung, ich hoffte. Er wird nicht sterben. Es war eher ein Flehen als eine Aussage. »Doch haben sie alle das weiche Herz der Frauen. Solange ich euer König bin, soll Verrat nie ungestraft bleiben. Ser Ilyn, bringt mir seinen Kopf!«
Die Menge tobte, ich sah den Henker, der nun hervortrat, entsetzt an. Nein!
Mein Vater wurde zu Boden gestoßen, so dass er kniete. Sansa schrie hysterisch und flehte um Gnade. Ich sah mich verzweifelt um, unfähig zu handeln. Mir fiel das Kind von vorhin ins Auge und erst jetzt erkannte ich, wer es war. Arya! Sie wurde von einem Mann festgehalten, den ich nicht kannte.
Ein lautes Schaben zog meine Aufmerksamkeit wieder auf meinen Vater. Der Henker, Ilyn Payne, hatte ein Schwert gezückt. Die Sonnenstrahlen fielen darauf und erst jetzt erkannte ich, um welches Schwert es sich handelte - es war Eis, die Waffe meines Vaters.
Er hob das Schwert empor. Ich beobachtete alles, unfähig mich zu bewegen. Kurz verharrte es, dann sauste es hinab. Die Klinge traf auf Widerstand. Ich schrie auf. Die Menge jubelte. Während der Kopf auf dem Podest umher rollte, kippte der Torso zu Boden. Entsetzt starrte ich den Leichnam an.
Tränen erfüllten meine Augen, ich hielt mir die Hand vor den Mund, um das Schreien zu ersticken. Wut staute sich auf. Mein Blick festigte sich augenblicklich, meine Augen funkelten. Rache. Dieses Wort, und nicht mehr, schoss mir durch den Kopf.
Meine Hand griff nach dem Heft meines Dolches, nicht nach dem meines Schwertes. Ein Dolch war leichter, er würde besser fliegen. Ich zog ihn ein wenig aus der Scheide und trat einige Schritte nach vorn. Zielstrebig blickte ich hoch zum Podest.
Der König ging, die Königin ebenfalls. Sansa war auf die Knie gesunken, weinend. Sie wurde hochgezogen und von einem Soldaten unsanft davongezerrt.
Plötzlich ergriffen zwei starke Hände meine Schultern und hielten mich zurück. »Ihr kommt mit mir!«, zischte mir eine unbekannte Stimme ins Ohr und dann spürte ich kalten Stahl an meiner Kehle.
Ich erzitterte, hatte Angst und doch nickte ich. Benommen ging ich mit dem Unbekannten, ohne zu wissen, was auf mich zukommen würde.

Das letzte Kapitel, die erste Staffel beziehungsweise die ersten beiden Bücher sind beendet.
Ich bedanke mich vor Allem bei:
___Saskia2502___
2stern2
StarryGhostLights

Ich werde natürlich eine Fortsetzung schreiben, aber nicht sofort (außer ich wollt es unbedingt). Ich habe auch schon eine richtig tolle Idee, die sich von den Wegen der Standardcharakter abspaltet.

Ich hoffe, es hat euch gefallen und vielleicht hören wir uns früher, als gedacht ;)

Winter is coming || Game of Thrones Staffel 1-2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt