31. Oktober 2004

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18:25 Uhr

"Wie geht es dir?" Fragt sie und legt ihren Stapel, mit meinen Akten, vor sich, auf den Schreibtisch.
Ich seufze. "Ich denke gut...?"
Ihr Gesicht nimmt wieder den Ausdruck an, den es immer annimmt wenn sie versucht so zu tun als ob ihr das alles total Spaß machen würde, man aber genau sieht dass das keinesfalls der Fall war. "Was heißt ich denke?" Jetzt ist der Moment in dem ich anfange den Gesichtsausdruck anzunehmen, den ich immer an nehme, wenn ich genervt bin. Mit also diesem Blick schaue ich zur Seite und murmle: "Ich denke es halt!" Jetzt ist sie es die genervt aussieht. "Joanne, wir versuchen hier wirklich ernsthaft dir zu helfen und dessen Ergebnis henkt nicht zuletzt von deiner Beisteuerung ab." Ich schaue ihr direkt ins Gesicht und sage: "Als ob sie mir helfen könnten. Die können doch noch nicht mal meinen Namen richtig ausprechen" "Joanne es ist so", sagt sie, meinen Angriff ignorierend,"Du leidest an schweren Depressionen und damit ist nicht zu spaßen. Außerdem ist dein-" Weiter kommt sie nicht. Wütend springe ich auf. Mein Herz rast und ich habe plötzlich nur noch ein Ziel: Ihr zu zeigen was Wut ist. Ihr zu zeigen was Wut bedeutet."Sie haben doch keine Ahnung! Sie Wissen doch überhaupt nichts!" Mit diesen Worten stapfe ich aus dem Zimmer und schlage die Tür hinter mir zu.
Das unangenehme Licht der Lampenröhren im Flur der Klinik sticht mir in die Augen. Und genauso schnell wie sie gekommen war, geht meine Wut wieder. Das würde Ärger geben und die Absetzung der Tabletten, um die ich vor einer Woche gebeten hatte, könnte ich vergessen.
Mir ist das hier alles sowieso egal. Ich bin doch nur einer der klitzekleinen Punkte im Universum. Auf einen da mehr oder weniger kommt es da auch nicht an.

Ich drücke den Knopf zum fünften Stock, da wo ich seit einem halben lebe. Langsam fahre ich nach oben, langsam, zu langsam. Ich hasse diesen Fahrstuhl. Endlich gehen knartschend die Türen auf und ich steige aus. Mit schnellen Schritten Laufe ich zu meinem Zimmer und schließe es auf. Und als ich drinnen bin, auch gleich wieder ab.
Da stehe ich. In diesem schrecklichen Zimmer mit nur einem einzigen, kleinem Fenster, Einem Schreibtisch und einem Stuhl, einem Bett mit schrecklichen Bettbezug und einem Teddybärn. Der Teddybär ist das Maskottchen der Klinik und ist dazu da dir "Ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern". Ich schaue auf die Uhr. Es ist halb sieben. In einer halben Stunde gibt es Abendessen. Am liebsten würde ich nicht hin gehen. Einfach hier bleiben und in die Sterne schauen, aber wenn ich das machen würde, würde gleich ein Riesen Tumult ausbrechen, weil alle denken würden ich wäre aus dem Fenster gesprungen. Das ich nicht lache.
Zögernd sah ich in den Spiegel. Mit entgegen blickt ein Sechzehnjähriges Mädchen mit schulterlangen Haaren und Pony. Ihre Haare sind dunkelblau gefärbt. Schmunzelnd ziehe ich meine Schuhe an und Blicke noch einmal in den Spiegel. Lieber ein Lächeln aufsetzen.

Erst als ich die von unten dröhnenden Kinderstimmen höre, die Stimmen süßer, verkleideter Kinder die an den Türen nach Süßigkeiten betteln, sehe ich den Brief der auf meinen Tisch liegt.

Wie Ich Lernte Zu Fliegen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt