„Du hast Glück Kumpel. Ich habe heute frei, " sagt Joshua und sieht mich an. Dieses Grinsen. „Ja.. Gut, dann habe ich ja wohl keine andere Wahl", meine ich etwas traurig. Ich hatte mir den Tag doch anders vorgestellt.

„Mein Auto steht um die Ecke", sagt er, als wir an der Straße stehen. Ich nicke geschlagen und folge den Männern. Ich wäre jetzt mit der Bahn gefahren, aber wenn er uns fahren möchte, bitte.

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„Sam, das mit heute Morgen ist echt blöd gelaufen. Es tut mir leid, " sagt Joshua, als wir im Zoo auf einer Bank sitzen. Nate steht am Tiergatter und bestaunt seine Elefanten. „Ist ja auch egal. Du bist mir keine Erklärung schuldig. Du bist erwachsen und kannst machen was du willst", sage ich und versuche zu lächeln. „Du musst mich nicht anlügen Sam. Ich habe mit meiner Schwester gesprochen. Sie hat sich verplappert", gesteht er mir grinsend. Sie hat was? Ich drehe Sophia den Kopf um. Wie kann sie ihm einfach von meinen Gefühlen erzählen? Wie soll ich ihm denn je wieder unter die Augen treten? Doch bevor ich irgendetwas dazu sagen kann, werde ich von einer Frau gestört, die panisch um Hilfe ruft. Als wir uns zu den Elefanten drehen, liegt mein kleiner Bruder reglos auf dem Boden. Schreiend laufe ich auf ihn zu, dicht gefolgt von Joshua, welcher sofort mit der Ersten Hilfe Maßnahmen beginnt. „Wir brauchen einen Krankenwagen." ruft er den Passanten zu. Ich kann gar nicht mehr reagieren, einmal mehr stehe ich unter Schock. „Was ist mit ihm?" frage ich Joshua. „Er muss sofort in die Klinik." meint er kurz angebunden. Die Zeit, in der wir auf den Krankenwagen warten, dauert gefühlte Stunden. „Hör zu Sam, er atmet noch aber er muss dringend untersucht und wahrscheinlich auch operiert werden. Wir wissen alle, dass sein Herz nicht das stärkste ist." meint Joshua trocken. Auch ihm ist die Sorge ins Gesicht geschrieben.

„Was liegt an?" fragt einer der Sanitäter die zu uns gelaufen kommen. Joshua sagt irgendetwas in Mediziner Sprache, was ich gar nicht verstehe, ehe er sich zu mir setzt und meine Hand drückt. „Ruf am besten deine Mom an. Sie muss in die Klinik kommen, " meint er, nachdem er meine Tränen getrocknet hat. Ich nicke und ziehe mein Handy aus der Tasche. „Komm her, ich mache das. Du zitterst", meint Joshua und nimmt mir das Smartphone aus der Hand.

„Mrs. Bloom? Joshua King hier. Ja genau der Arzt ihres Sohnes. Ich würde sie bitten sofort in die Klinik zu fahren. Auch ihr Mann sollte vorbei kommen. Soviel ich weiß, haben sie ja beide das Sorgerecht. Wir müssen uns jetzt über eine OP beratschlagen. Aber darum geht es gerade nicht. Ihr Sohn ist gerade im Zoo zusammengebrochen. Der Notarzt bringt ihn jetzt in die Klinik. Ich komme mit ihrer Tochter sofort nach." „Ja, ich war mit den beiden im Zoo. Aber keine Sorge er atmet noch", meint Joshua nach kurzer Pause.

Mom wird mir so den Kopf waschen. Und Dad erst. Er will doch sowieso das Sorgerecht haben. Was ist wenn ich jetzt schuld bin, wenn er es dadurch schafft?

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„Was hast du nur angerichtet? Reicht es dir nicht, dass er schon einmal angefahren worden ist? Was bist du nur für eine verantwortungslose Schwester? Aufpassen kannst du nicht, oder? Nein du flirtest lieber mit einem Arzt. Schämen würde ich mich an deiner Stelle. Jetzt werde ich erst Recht das alleinige Sorgerecht beantragen. Ich bin wirklich sehr enttäuscht von dir Sam." Ich weiß gar nicht wie ich darauf reagieren soll. So hat Dad noch nie mit mir gesprochen. Unsere Eltern sind kurz nach uns in der Klinik angekommen, während meine Mom mir keinerlei Vorwürfe gemacht hat, mich stattdessen beruhigen wollte, hat Dad sofort mit seinen Vorwürfen begonnen.

„Es reicht jetzt aber auch mal. Was kann Sam für ein schwaches Herz? Das hätte bei uns allen passieren können, " sagt August wütend. „Ach Sie brauchen mir jetzt hier keine Vorträge halten. Das sind noch immer meine Kinder, " faucht Dad zurück, genau als Joshua zu uns kommt. „Also es sieht folgendermaßen aus. Wir mussten ihn jetzt an eine Maschine anschließen. Ohne bestünde die Gefahr, dass er immer wieder Aussetzer bekommt und das wollen wir ja nicht. Ich muss ihnen beiden leider mitteilen, dass wir um eine Transplantation nicht mehr umhin kommen werden, Mr. Bloom. Ich weiß, dass sie nach unserem letzten Gespräch nicht ihrer Frau zugestimmt haben. Ihr Sohn befindet sich deshalb noch immer nicht auf der Liste für die Organspende. Ein Defibrillator wird keiner unserer Kardiochirurgen implantieren. Es würde langfristig nichts bringen. Ich brauche ihr beider Einverständnis für die Organtransplantation. Sie wissen das Herzen keine Lebendspende sind. Das heißt, dass es sehr lange dauern kann bis sich ein geeignetes Organ finden lässt", meint Joshua professionell. „Wie siehst du seinen Zustand ?" frage ich, und muss mich am Stuhl festhalten. „Wir werden alles tun Sam, aber dafür müssen mir deine beiden Eltern die Einverständniserklärung unterschreiben". „Ich mein es ernst Joshua. Wie ist sein Zustand?", frage ich erneut. „Wenn dein Dad sich weiterhin gegen diese OP sträubt, dauert es höchstens nur noch sechs Monate und er bricht zusammen. Dann kann ihm aber keiner mehr helfen", antwortet er mir ernst.

Oh Gott.

„Dad bitte, er ist doch dein Sohn", flehe ich meinen Dad an. Doch dieser sieht mich lediglich stur an. „Gut. Sie klären das bitte unter einander. Ich brauche nur bis spätestens morgen eine Entscheidung. Ihren Sohn behalten wir heute Nacht hier. Zur Überwachung. Ich verabschiede mich. Sam wenn irgendetwas ist oder du Fragen hast, du kannst später jeder Zeit zu mir kommen. Ich bin zu Hause. Alleine, versprochen", meint er ehe er verschwindet.

„Du scheinst dich ja gut mit dem möchte gern Arzt verstehen, " sagt Elsa arrogant. „Was willst du mir damit sagen Elsa? Wir verstehen uns gut, ja. Aber das geht dich auch echt wenig an. Du spielst in meinem Leben keinerlei Rolle mehr, " sage ich ernst, ehe ich wieder neben Mom setze. „Also so redest du nicht mit Elsa. Entschuldige dich bitte, immerhin wird sie bald deine Stiefmom, " meint Dad sauer.

„Ich soll mich bei ihr entschuldigen? Für was denn bitte? Und eins kann ich jetzt schon sagen. Elsa wird für mich nie meine >> Stiefmom<< sein. Das könnt ihr euch abschminken. Ich bin mit euch beiden fertig, " sage ich sauer. Wenn ich wollte, könnte ich den beiden noch mehr um die Ohren schlagen, aber da wir hier in einem Krankenhaus sind, lasse ich das mal lieber.

„Sam, du bist doch nur neidisch auf uns. Neidisch weil du einfach keinen Freund hast, aber wen wundert es? Ich würde auch nicht mit dir zusammen sein wollen, " sagt Elsa und grinst mich diabolisch an. „Ja, du würdest mit deiner Art eh sofort alles wieder kaputt machen, " stimmt nun auch mein Dad zu. Bevor meine Mom dazu kommt irgendetwas dazu zu sagen, schnappe ich mir meine Tasche und verlasse das Krankenhaus. Ich möchte ungern meine Tränen vor den Anderen zeigen. Sie brauchen nicht zu wissen, dass mich ihre Worte enorm verletzt haben.

Als ich vor der Tür stehe, versuche ich mich vergeblich zu beruhigen und gehe in Richtung Park, welcher auf der anderen Straßenseite beginnt.

Kannst du in den Central Park kommen? Ich brauche dich!!!

Nachdem ich Soph die SMS geschrieben und meine Nase geputzt habe, gehe ich an die Straße.

Eigentlich ist die Straße auch frei, als ich sie beginne zu überqueren. Nach ein paar Metern, allerdings, ertönt ein Hupen. Ich sehe auch nur noch zwei Scheinwerfer, ehe es schwarz wird und ich nur noch einen dumpfen Aufprall wahrnehme.

Und immer wieder du! #Wattys2016Where stories live. Discover now