Hawedeare oide Breddahiddn

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PoV Roderich

Kaum hat Gil den Anruf beendet, muss ich auch schon schmunzeln. Wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, will er es auch durchziehen. Aber in diesem Fall kann ich ihn auch gut verstehen, immerhin will er der Langeweile entkommen.

Ich blicke aus dem Fenster. Zugegeben, der Schnee lädt schon irgendwie zum Skifahren ein. Lächelnd begebe ich mich also in den Dachboden, um mein Skizeug hervorzuholen. Fast die komplette Ausrüstung ist schnell gefunden, aber irgendwie fehlt mir meine Skibrille. Die muss doch hier auch irgendwo herumliegen.

Da mein Dachboden aber nicht unbedingt der Definition 'sauber und aufgeräumt' entspricht, muss ich aufpassen nicht zu stolpern, während ich von einer Ecke in die andere hetze um diese Brille endlich zu finden. Ich öffne Schachteln und durchwühle alte Schränke. Man möchte fast meinen, dass sie sich in Luft aufgelöst hat. Aber das ist nun wirklich unmöglich. Nochmals überblicke ich die gesamte Fläche. Die nähere Umgebung des Platzes, an der ich die restliche Ausrüstung gefunden habe, befindet sich nun im kompletten Chaos.

Ein Seufzen entfleucht mir. Einen Bereich habe ich noch nicht abgesucht, wohin ich mich auch sogleich begebe, in herumliegende Tüten schaue, Kisten öffne und am Ende einfach verzweifle.

Diese Brille scheint sich wirklich vor mir zu verstecken. Was natürlich reiner Wahnsinn ist.

Kniend hocke ich also nun in der einen Ecke des Dachbodens und sehe um mich. „Das ist doch nun wirklich idiotisch..", murmle ich seufzend vor mich hin und lege Daumen und Zeigefinger ans Kinn, während ich in Gedanken versinke und überlege, wo das dämliche Ding sich verkrochen haben könnte.

Und plötzlich springe ich erschrocken hoch und stoße mir schmerzhaft meinen Kopf an, da ich mich ja in der Ecke befinde und das Dach keine wirklich weite Distanz von mir entfernt ist. „Verdammt...", fluche ich leise, während ich mit schmerzverzerrtem Gesicht meinen Kopf haltend auf die Treppe nach unten zugehe.

Es hat an der Haustür geklingelt, mit was ich so in Gedanken versunken einfach null gerechnet habe, zumal ich auch keine Gäste erwarte.

Während ich die Treppe vom ersten Stock ins Erdgeschoss hinuntergehe, lässt der Schmerz auch schon wieder etwas nach, weshalb ich wieder einen normalen Gesichtsausdruck auflege und die angestoßene Stelle nicht mehr halten muss. Den Flur unten gehe ich nach vorne auf die Haustür zu, greife nach der Klinke und öffne die Tür.

„Hawedeare oide Breddahidd'n!" (Hallo alte Bretterhütte!)

Von einer mir entgegen grinsenden Person werde ich begrüßt, weshalb auch ich wieder bessere Laune bekomme, einen Schritt zur Seite gehe und meinen Besuch ins Haus lasse. „Auch schön dich zu sehen, Theo!"

Ich beobachte ihn dabei, wie er seine Jacke und die Schuhe auszieht und sie in der Garderobe lässt. „Darf ich wissen, was du hier machst?", frage ich und begebe mich in einen Raum auf der rechten Seite des Flurs, die Küche, gefolgt von Theo. Dieser geht direkt auf den Küchentisch zu und setzt sich lässig hin. „Iaz ware scha a ganze Woch ned do. I ha iaz Urlaub, also hede gmoand dasse de moi wieda b'suacha kannd." (Jetzt war ich schon eine ganze Woche nicht da. Ich habe jetzt Urlaub, also hätte ich gedacht, dass ich dich mal wieder besuchen könnte.)

Ich nicke. „Es freut mich ja, dass du den ganzen Weg hergekommen bist, aber ich bin morgen gar nicht mehr da." Jetzt sieht er interessiert zu mir, während ich Kaffee mache. Es ist zu einer Tradition geworden, dass immer wenn Theo mich oder ich ihn besuche, erst mal eine Tasse Kaffee getrunken wird.

„Aha. Und wo bisd dann moang?" (Und wo bist du dann morgen?) - „Beim Skifahren in Zell am See mit Gilbert."

Auch ohne zu ihm zu sehen ist mir klar, dass er jetzt dämlich grinst. „Da Preiß und Schifoan? Des ka ebs wean!" (Der Preuße und Skifahren? Das kann was werden!) Ich hingegen seufze nur, ist mir doch noch immer unklar, was genau Theo gegen Gil hat. Also verteidige ich diesen erst mal, was in dem Moment das einzig Richtige in meiner Sichtweise ist. „Er kann genauso Skifahren wie wir auch. Gil würde mich ja kaum fragen, wenn er es nicht könnte. Außerdem ist er auch fast jeden Winter in den Bergen." Ich höre Theo lachen. „Do kimmd ma a Idee." (Da kommt mir eine Idee.) Neugierig drehe ich mich zu ihm um. „Und was für eine Idee soll das sein?" - „I kimm mid noch Zell am See. Dann kanne da a endle d Schibrünn wiedagem, de I letzts Joah eigsteckt hab." (Ich komme mit nach Zell am See. Dann kann ich dir auch endlich die Skibrille wiedergeben, die ich letztes Jahr eingesteckt habe.)

Ich schlage mir mit der flachen Hand gegen die Stirn, was einen etwas enttäuschten Theo zur Folge hat. „De Idee gfoid da ned so, ha?" (Die Idee gefällt dir nicht so, hm?) Ich schüttle meinen Kopf. „Das ist es nicht. Ich hab nur vorhin meinen ganzen Dachboden nach der Brille abgesucht, weil ich vergessen habe, dass du die hattest."

Und schon lacht Theo wieder. „Oida Dotsch! Owa kanne iaz mid oda ned?" (Alter Tollpatsch! Aber kann ich jetzt mitkommen oder nicht?) Ich nicke lächelnd. „Meinetwegen gerne, es macht immer ziemlich viel Spaß mit dir in den Bergen." - „Da Preiß wiad zwar recht deppad schau wenn I dann a dabei bi, owa damid muasa se ofindn." (Der Preuße wird zwar recht blöd schauen, wenn ich dann auch dabei bin, aber damit muss er sich abfinden.)

Der Kaffee wird von mir in zwei Tassen gefüllt, mit denen ich auf den Tisch zugehe und sie darauf stelle, eine vor Theo und eine vor meinen Platz, auf den ich mich setze.

„Ich denke du bist gerade sehr damit beschäftigt, dir Gilbert's Gesicht vorzustellen wenn er dich sieht." Lachend nickt mein Gegenüber. „Darodn. Kennsd me hoid scha recht guad, Roddy!" (Erraten. Du kennst mich eben scha ziemlich gut, Roddy!) Jetzt stelle auch ich mir Gil's entgeistertes Gesicht vor, wenn dann plötzlich auch noch der blonde Mann namens Theo dabei ist.

Freuen wird er sich sicher nicht darüber.



SchifoanWhere stories live. Discover now