drei uhr

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Die schwarzen Klamotten waren dreckig, die Hose an einem Knie zerrissen. Seine Lippen waren aufgeplatzt und bluteten, genau wie seine Nase. Überall in seinem Gesicht waren Schürfwunden zu sehen und sein rechtes Auge hielt er sich mit einer zitternden, dreckigen und ebenfalls aufgeschürften Hand zu. Sein Blick traf kurz meinen, ließ mich erneut versteinern. Dann ließ er die Laterne, an der er sich mit der anderen Hand festgehalten hatte, los und humpelte so gut es ging an Mauer zu seiner Linken entlang. Ich blinzelte, ehe ich auf ihn zulief. Ich musste ihm helfen. Doch als der Junge bemerkte, dass ich mich ihm näherte, versuchte er, sein Tempo zu beschleunigen. So weit das möglich war.

"Ich- brauchst du Hilfe?", fragte ich vorsichtig.

Er schüttelte mit dem Kopf.

"Aber-"

"Nein danke.", krächzte er. "Hau ab."

Ich blieb stehen und sah dem Jungen hinterher, bis er am Ende der kleinen Straße ankam und abbog.

Was war das gerade?

Das wa ein dezenter Schock und ein weiteres Mal ein Verlust, da ich wieder den Glauben an die Menschheit verloren hatte. Mit solchen Menschen wollte ich mir nicht wirklich einen Planeten teilen. Und in meinem Hinterkopf hatte sich die Sorge festgesetzt, dass es Luhan sein könnte (das Reh geisterte 24/7 in meinem Kopf herum, da durfte man mir das doch nicht übel nehmen). Der Junge tat mir noch dazu unglaublich leid und ich fühlte mich schlecht, weil ich ihm nicht half.

Es gab Menschen, die so einen unglaublich großen Hass auf das, was ich war, hatten. So groß, dass sie Menschen wie mich so zurichteten. Wieso?

Natürlich wusste ich nicht, ob der Junge wirklich schwul war, aber der Fakt zählte.

"Mama?", rief ich in die Wohnung und ließ die Tür hinter mir zufallen.

"Ja?", kam es aus der Küche zurück.

Was ein wunderschönes Weltwunder, vielleicht hatte sie Essen mitgebracht oder sogar gekocht! (Ja, ich hatte bei Jongdae gegessen und ja, in meinem Magen war trotzdem Platz.)

"Willst du 'was essen?", fragte sie, genau wie erwartet.

Sie spähte in den Flur und lächelte mich warm an, worauf ich natürlich mit einem "Ja" antwortete.

"Warst du bei 'nem Freund?"

Ich rührte mit meinen Stäbchen in der Nudelsuppe rum und nickte. Insgeheim freute ich mich, da sie mal nichts fragte, was mit Mädchen zu tun hatte. Von wegen endlich eine Freundin oder sonst was. Zumindest noch nicht.

"Ich hab' einen neuen Chef.", erzählte sie grinsend.

Bitte, bitte, bitte nicht. Bitte lass wenigstens von deinem Chef deine Finger. Bi-

"Und er hat mich zum Essen eingeladen!"

Gut, warum auch nicht? Haha. Hahaha. Ha...

"Schön.", brummte ich mit vollem Mund.

"Oh, Minnie. Wenn du nur wüsstest, wie gut er aussieht.", sie grinste und guckte auf die Schüssel vor ihr. "Und wann bekomme ich endlich die langersehnte Nachricht?"

Jetzt brauchte ich wieder Nerven. Einen Schluck Kaffee trinken, noch eine Portion Nudeln hochschlürfen und dann auf in den Kampf.

"Welche Nachricht?"

"Dass du dir jemanden geholt hast!", sagte sie und klatschte in die Hände.

"Ich hab' mir so was von jemanden geholt.", murmelte ich zu mir selbst.

"Was?"

"Nichts."

Meine Mutter lehnte sich zu mir und stützte ihren Kopf mit ihren Händen ab. Sie grinste die ganze Zeit (ein wenig unheimlich, wenn's nach mir ging).

sweet first •xiuhan•Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt