8

1.6K 152 11
                                    


Ash

Gestern habe ich erfahren das Ricardo im Krankenhaus liegt,im Koma. Ritz hat seine Drohung wahr gemacht und das obwohl ich die Schulden bezahlt habe. Ich habe das Geld zusammenbekommen , es ihm einen Tag nach seinem Besuch gegeben und er hat mir versichert das ich nun nichts mehr zu befürchten hätte und auch das er Ricardo nichts antun würde. Er hat sein Wort nicht gehalten! Er hat es nichts gehalten! Ein unschuldiger liegt im Koma,für nichts! Er hat sein Geld erhalten, meine Schulden wurden bezahlt und außerdem ging es Ricardo nichts an.

Etwas in meiner Brust zieht sich beiden Gedanken schmerzhaft zusammen. Ich war daran Schuld wenn man es so betrachtet und dabei kennen ich und Ricardo uns nicht einmal. Wir wissen vielleicht nur den Namen des anderen,obwohl, weiß er meinen eigentlich? Meine Hand verkrampfte sich in meinem Haar. Mit leerem Blick sah ich mein Ebenbild im Spiegel an. Der leere Blick und doch dieses verzweifelte dahinter. Mehrmals holte ich tief Luft. Aus meiner Wut heraus wischte ich die Deodorant Produkte und meine Rasierutensilien von meinem Regal und sah zu wie sie klirrend auf den Fliesenboden fielen und teilweise unter den Schrank rollten. Schwer schluckend zog ich mir ein Shirt über, meine Schuhe an und lief mit der Jacke in der Hand aus dem Haus. Irgendetwas muss ich machen,sonst würde ich durchdrehen. Wenn ich das nicht schon getan hatte. So sehr wie es mich belastet sollte es eigentlich gar nicht sein. Ich habe keinerlei Kontakt zu Ricardo , keinen Bezug zu ihm. Wir haben miteinander geschlafen, okay , aber wir waren betrunken! Das kann doch alles nicht wahr sein! Warum kann ich nicht einfach Träumen und dann morgen aufwachen und muss mir nicht Sorgen machen! Zumal ich noch nicht einmal weiß warum ich mir Sorgen mache, mehr als Vorwürfe.

Ohne es wirklich gemerkt zu haben bin ich zum Krankenhaus gelaufen und stehe jetzt im Eingang vor der Anmeldung. Seufzend strich ich mir noch einmal durch die Haare und stellte mich dann in die Schlange vor der Anmeldung und wartete bis ich dran war. „Guten Tag." „Ehm,ja. Guten Tag. Ich wollte fragen wo Ricardo Lorenz liegt." Die Dame sah mich einen Momentan,tippte dann etwas in ihrem Computer ein und sah mich dann an. „Tut mir Leid aber gehören Sie zur Familie?" Seufzend schüttelte ich den Kopf. „Nein aber-" „Tut mir Leid aber in diesem Fall kann ich ihnen keine Auskunft geben." „Ich bitte Sie!" Kopfschüttelnd spielte sie mit ihrem Kugelschreiber. „Es tut mir Leid aber wie ich bereits gesagt habe; Ich kann Sie nicht zu ihm lassen!"„Aber ich muss zu ihm! Ich muss!" Verzweifelt legte ich die Arme auf den Tresen und sah die etwas ältere Dame flehend an doch sie schüttelte nur mit dem Kopf. Geschlagen legte ich den Kopf auf das Holz. „Ich bitte Sie. Ich muss zu Ricardo Lorenz, ich muss einfach." „Ich kann Sie nicht zu Herrn Lorenz lassen!" „Er ist sein verlobter." Ein Mann trat neben mich und berührte mich an der Schulter. Diese Hand auf meiner Schulter brachte mich dazu aufzusehen und ihn anzusehen. Er hatte braune leicht gestylte Haare,trug ein blau kariertes Hemd und eine schwarze Jeans. Die Frau sah ihn einen Moment an und seufzte dann. „Hier steht nichts von einem Verlobten." „Das liegt daran ,das er seinen Eltern noch nichts davon gesagt hat. Die beiden sind bereits seit 4 Monaten Verlobt. Ich kann gerne seine Eltern anrufen und diese bitten ihn auf die Liste zusetzen." Lächelnd zog er sein Handy aus der Hosentasche und wählte eine Nummer. Nach ein paar Freizeichentönen war dann eine weibliche Stimme zuhören. „Hallo Frau Lorenz,Benjamin hier. Ich stehe hier neben Ricardos Verlobten. Sie müssten ihn eventuell auf die Liste der Besucher setzen. Vielleicht reagiert er ja auf ihn. Sie wissen ja was die Ärzte gesagt haben." Leicht lächelnd sah der Mann mich einmal an und musterte mich von oben bis unten. „Okay,ich gebe sie ihnen." Er reichte der Dame hinter dem Tresen sein Handy und wartete dann.

Sie gab ihm kurze Zeit später das Handy wieder und fragte mich nach meinem Namen. Ich gab ihr diesen und sie setzte mich auf die Liste der zugelassenen Besucher. Zusammen mit dem Unbekannten ging ich auf die Intensivstation. „Danke."Meine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. Er sah mich an und seufzte nur. „Ich weiß nicht wer du bist aber wenn du so verzweifelt versuchst zu ihm zukommen muss dir ja etwas an ihm liegen." Blinzelt sah ich ihn an und wollte ihm dann widersprechen ließ es dann aber doch bleiben und zog mir die sterile Kleidung an.Ich wartete noch auf den Unbekannten um mit ihm dann zusammen in das Zimmer zugehen. Schon auf dem Weg zum Zimmer hin hatte ich das Gefühl mir bleibt die Luft weg und meine Brust zog sich zusammen. Doch als der Mann die Tür aufzog und ich hinter ihm das Zimmer betrat verschlimmerte sich das Ganze nur noch um ein Zehnfaches. Dort auf dem Bett lag ein Mann verkabelt und mit Schläuchen an Geräten angeschlossen die seine Atmung und Nahrungsaufnahme steuerten. An seinem linken Arm war die Infusion befestigt. Seine Haare waren fettig und lagen wie angeklebt an seinem Gesicht. Seine Beine waren beide eingegipst , seine Arme waren bandagiert und im Gesicht hatte er unzählige Narben. „Sein Oberkörper ist grün und blau, ihm wurden drei Rippen gebrochen und er ist auch am ganzen Oberkörper eingewickelt. Das einzig 'unversehrte' sind seine Finger." Nickend zog ich mir den zweiten Stuhl ran. Den Anblick vor mir muss ich erst einmal verkraften. Ich hätte nie gedacht das es soweit kommen wird.„Erzählst du mir was du mit Ricardo zu tun hast?" Der neugierige Blick des Mannes faszinierte mich. „Eigentlich ja nichts."„Nichts? Wirklich nichts? Warum wolltest du dann so unbedingt zu ihm?" Er stand auf und kam auf mich zu. Im Laufen verschränkte er die Arme vor der Brust. Etwa eine Armlänge , so knapp 50 bis 60 Zentimeter , vor mir blieb er stehen. Schwer schluckend sah ich noch einmal zu dem geschundenen Mann auf dem Bett. „Ich habe ihn kennengelernt als er mir das Leben gerettet hat und dann kam alles so plötzlich und ungeplant,wirklich. Ich habe ihn danach in einem Club getroffen und ihm mit nach Haus genommen und eh ja." Verlegen kratzte ich mir am Hinterkopf. Der Mann vor mir zog die Augenbrauen in die Höhe und sah mich skeptisch an. „Also habt ihr eine Affäre?" „Was? Nein! Es ist einfach passiert okay?" „Und dann? Was machst du dann hier? Ich darf doch du sagen?" Nickend legte ich mir die Hand in den Nacken. „Ich hatte Probleme,Geldprobleme und mir saß ein Bekannter im Nacken. Er hat mir gedroht und mir aufgelauert. Dieser Mann hat mich mit Ricardo zusammen gesehen und hat mich erpresst. Er sagte er würde ihm nichts tun wenn ich das Geld in zwei Tagen bezahlen würde." „Und du hast es nicht geschafft?" „Doch! Ich habe ihm bereits am nächsten Tag das Geld gegeben! Das war jetzt zwei Wochen her! Ich wusste nicht das er Ricardo trotzdem verletzt!" Verzweifelt griff ich mir in die Haare. „Und da kommst du nicht auf die Idee die Polizei zu benachrichtigen!" Wütend schrie er mich an. Ich konnte ihn ja verstehen er war bestimmt sein Bruder oder so. Gerade als ich darauf etwas erwidern wollte wurde die Tür aufgezogen und ein etwa Anfang Zwanzigjähriger betrat das Zimmer, schloss die Tür hinter sich und sah uns unbeeindruckt an. „Benjamin. Würdest du bitte nicht neben meinem Bruder schreien?" Sein Blick fiel jetzt auf mich und erlächelte leicht. „Und wer bist du?" „Ich bin Ash, ein Bekannter von Ricardo. Tut mir Leid." Ich wollte schon aufstehen da drückte mich Ricardos Bruder wieder runter. „Benjamin? Könntest du uns kurz allein lassen? Hol dir einfach einen Kaffee oder so,okay?" Er wartete noch bis dieser Benjamin das Zimmer verlassen hat. „Ich habe alles gehört und ich muss Benni recht geben. Du musst zur Polizei. Jetzt ist nämlich auch noch ein anderer Mensch mit hineingezogen wurden." Seufzend ließ er sich auf das Fensterbrett fallen und sah sich seinen Bruder kurz an. „Es sieht schlimmer aus als es ist,keine Sorge. Ich habe eben mit dem Arzt gesprochen und er meinte das es eine große Chance gibt das er bald von selbst aufwacht." Lächelnd winkelte er ein Bein an und legte seine Arme darum. „Also bist du der Ash über den mein Bruder also die ganze Zeit so flucht ja?" „Er flucht?" „Jop. Du bist ein provozierender kleiner Mistkerl." Das Lächeln auf seinen Lippen wandelte sich nun zu einem frechen Grinsen. Ich sah kurz von ihm zu Ricardo und schüttelte den Kopf. „Ach? So beschreibst du mich also?" Das leichte Lachen des Bruders ließ mich wieder zu ihm sehen. „Ich hab da so das Gefühl ihr braucht einen Moment."Zwinkernd stand er auf und verließ das Zimmer nach einen Kurzen Blick auf einen der Monitore. Verwirrt sah ich ihm nach, rückte aber dann doch etwas näher an das Krankenbett. „Es tut mir Leid was passiert ist. Wirklich ich hätte dich da raus halten müssen. Ich hätte mich nicht darauf einlassen dürfen dann würdest du jetzt nicht hier liegen und dein Traum vom Fußball wäre nicht geplatzt."Tief Luft holend stand ich auf und beugte mich kurz zu ihm um ihm ins Gesicht sehen zu können. „Warum siehst du immer noch so scheiße gut aus selbst in einem Krankenhausbett und mit deinen Verletzungen.Kein Wunder." Kopf schüttelnd beobachtete ich ihn etwas. Zum ersten Mal überhaupt musterte ich sein Gesicht. Zwar waren seine Augen geschlossen doch ich erinnerte mich noch ganz genau an die Farbe seiner Augen, Blau. Es war kein Ozean oder Himmelblau sondern eher eine Mischung aus diesem tiefen Dunkelblau wenn es Nacht ist und dem Blau des Himmels kurz vor einem Sturm. Und genauso war er irgendwie auch ,jedenfalls so wie ich ihn bis jetzt erlebt habe.Irgendwie wünschte ich mir nun das ich mehr Zeit mit ihm verbringen könnte, völlig absurd. Seufzend schüttelte ich den Kopf. „Berger du bist Wahnsinnig." Plötzlich kam mir die sinnfreie Idee ihn auf die Wange zu küssen immerhin trug er eine Atemmaske ,die Lippen waren also außer Frage. Wenn ich das jetzt machen würde wäre das wohl komisch aber andererseits erfährt es eh niemand. Tief einatmend beugte ich mich noch ein Stück vor. „Verzeih mir." Ich küsste ihn auf die Wange und richtete mich dann wieder auf und wollte gehen als ich abrupt stehen blieb. Etwas hatte mein Handgelenk gestriffen . Langsam drehte ich mich zurück zu Ricardo. Er sah mich an. Seine Augen waren nur leicht geöffnet aber er sah mich an. Sein Zeigefinger und Mittelfinger lagen an meinem Handgelenk und strichen dort leicht über die Haut. „Ash.." Und schon hatte er die Augen wieder geschlossen. „Ich bin gleich wieder da."„Wieder...kommen.." Seine Stimme war rau , brüchig und leise.„Ja aber ich muss einem Arzt Bescheid sagen, ruh dich aus." Sanft strich ich über seine Hand und verließ dann das Zimmer und suchte eine Schwester oder einen Arzt.




When Strangers Fall In LoveWhere stories live. Discover now