Kapitel 5

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Es  begann  eine  lange  Unterhaltung  mit  Fetsch,  die  sich  hauptsächlich  über  Belanglosigkeiten drehte. Er  ließ  natürlich  seinen  Charme   spielen  und  Emma amüsierte sich prächtig. Auch wenn die Stimmung  noch immer eigenartig war. Drake saß still neben ihr und beteiligte  sich nicht an ihrem Gespräch.

„Was hat es eigentlich mit diesen Hörnern auf sich? Warum tragt  ihr die? Ist das ein Gag oder so?", fragte Emma, als Fetsch an  seinem Bier nippte. Er hielt in der Bewegung inne und ein  verschmitztes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Ob du  es glaubst oder nicht, die sind kein Gag und keine Attrappe." Sie  verdrehte die Augen. „ Ja klar und in Wahrheit seit ihr keine Menschen, sondern Teufel, die auf die Erde gekommen sind, um – keine Ahnung, die Menschen ein Bisschen auf zu mischen.", meinte Emma im spöttischen Tonfall.

Fetsch beugte sich vor und sein Grinsen wurde noch breiter. „Keine  Teufel, Dämonen. Wenn du willst, kannst du dich ja selbst  überzeugen, dass die Hörner echt sind. Fass sie an wenn du willst."

Gleichzeitig zog Drake und der Fremde mit den silbergrauen Augen die  Luft ein, als wäre das, was Fetsch gesagt hatte etwas völlig  schamloses. Zusätzlich breitete sich eine merkwürdige Stille aus,die selbst die laute Musik nicht überspielen konnte.

Alle Gespräche waren verstummt und die Blicke aller lag auf ihr undFetsch. Völlig perplex über über diesen plötzlichenStimmungsumschwung, entwich Emma ein nervöses Lachen und sie  schüttelte den Kopf, als wolle sie aus einem Traum erwachen.

„Sicher, die Hörner sind echt und mir wachsen in Wahrheit  Flügel." Trotzdem streckte sie zaghaft die Hand aus. Gerade als  sie kurz davor war einer der Hörner zu berühren rempelte sie Drake  an und schüttete sein Getränk über ihr Kleid. Mit einem Aufschrei  zog sie ihre Hand zurück und wirbelte zu Drake. „Was..." Die  Art, wie er Fetsch an sah, brachte sie zum verstummen. Seine grünen  Augen sprühten vor Zorn und Emma erkannte so etwas wie Verachtung  oder Abscheu in ihnen.

Die erschreckende Stille, die sich in der Gruppe ausgebreitet hatte,wurde nur von einem bedrohlichen Knurren durchbrochen, welches trotzder lauten Musik zu hören war.

Mit aufgerissenen Augen schaute sie zu der Quelle des Geräusches.Ihr Fremder saß mit geballten Fäusten aufrecht da, als wolle ersich jeden Moment auf Fetsch stürzen und ihm den Kopf abreißen.

Es war einfach absurd.

Die ganze Situation war absurd und so merkwürdig, dass Emma erstverspätet realisierte, was Drake zu ihr gesagt hatte.

„Tut mir echt Leid Kleines." Jedoch klang es nicht so, als ob er  es so meinte. Sie an sich herab und begutachtete den Schaden. Es war  das Einzigste, was ihr im Moment real erschien. Ein riesiger Fleckzierte sie von ihrem Dekolletee bis zu ihrem Schoß und ihre  Unterwäsche zeichnete sich deutlich unter den nass-klebrigen Stellen  ab. Angeekelt verzog sie das Gesicht. Na toll, jetzt war ihr Kleid  nicht nur kurz und eng, sondern auch fast durchsichtig.

Beschämt legte Emma ihre Hände über die wichtigsten Stellen undmurmelte verlegen: „Äh... ich gehe mich kurz frisch machen." Sie  war bereits fluchtartig aufgestanden und wollte gerade in der Menge  verschwinden, als sich eine große Hand besitzergreifend auf die  Kuhle ihres unteren Rückens.

Eine angenehm tief, grollende Stimme neben ihrem Ohr ließ sie  erschaudern. „Komm, ich zeige dir die Privaträume hier. Dortkannst du dich... 'frisch machen'. „

Emma sah zu dem dem Mann mit dieser so pur männlichen Stimme und ihr  stockte der Atem, als sie auf die grau-silberne Augen traf – die  Augen ihres Fremden. Pure Energie prikelrte auf ihrer Haut und  machte es ihr noch schwerer der Situation zu folgen. Bevor sie auch  nur reagieren konnte schob er sie in den hinteren Teil des  VIP-Bereichs. Er machte jeden Widerstand zwecklos und steuerte  selbstsicher eine Tür an, die von zwei Bodyguards bewacht wurde. Sie  ließen sie mit einem Nicken zu ihrem Fremden passieren.

Das dämmrige Licht des Flures empfing sie und von ihm gingen mehrereTüren aus. Die Wände waren in einem tiefen blutrot gestrichen,welches durch das Licht unwirklich und eigenartig unheimlich. Hinterder letzten Tür am Ende des Ganges lag ein unordentliches Zimmer mit  verschiedenen Sofas und einem Riesigen Bett. Emma erstarrte, ihr  Verstand schaltete sich wieder ein und sie blieb wie angewurzeltstehen. Er hatte noch kein Wort gesagt und zog sie weiter mit sich –in Richtung des Bettes. Plötzlich hatte sie eine üblen Verdacht und  wollte sich schon empört losreißen. „Was soll das wer..." doch  er ignorierte ihren Protest und führte sie am Bett vorbei. Erst da  fiel ihr die Tür auf, die sich schräg hinter ihr befand und von dem  Bett bisher verdeckt gewesen war. Perplext verstummte Emma mitten im  Satz, als er mit einer ausladenden Geste die Tür öffnete und und  ein luxuriöses Bad zum Vorschein kam. Schwarze Mamorkacheln ziertendie Wände und die einfache, aber dennoch stilvolle Einrichtung,stank nach Reichtum. Mit einem gemurmelten „Hier ist das Bad. Ich  warte im Zimmer auf dich", ging er und schloss die Tür.

Emma blieb allein zurück und tat erst paar tiefe Atemzüge, um ein  wenig die Besinnung wieder zu erlangen. Das alles war so verrückt.Abwesend trat sie langsam an das Waschbecken und stützte sich mit   gesengtem Kopf an die Ablage. So verharrte sie eine kleine  Ewigkeit.

Es klopfte an der Tür und Emma hob ruckartig den Kopf. Wie lange  hatte sie hier so gestanden? Schnell drehte sie das Wasser auf und  rief zur Tür: „Gleich! Ich brauche noch ein Bisschen!" Sie nahm  sich ein Handtuch und feuchtete es an.

Ihre Gedanken waren einzig allein auf den Vorgang konzentriert, als  sie versuchte das Bier aus ihrem Kleid zu bekommen. Nach einigen  Minuten musste sie sich schließlich eingestehen, dass es keinen  Zweck hatte. Es wurde nur immer schlimmer.

Emma wurde wütend. Wütend auf sich, auf den blöden Fleck, auf dengut aussehenden Fremden – auf alles und jeden. Die Reise war als  Beginn ihres neuen Lebens gedacht. Der Anfang davon, jemand andereszu sein - jemand stärkeres, jemand der sich nicht so leicht aus der  Fassung geriet.

Und nun das. Sie fiel wieder in ihre 'alten' Verhaltensmuster und  hatte ,so wie fast immer , das Gefühl keine Kontrolle und kein  Verständnis über die Situation zu haben. Das hier war nicht sie –Emma wollte nicht, dass es so war. Dennoch musste sie resigniert  feststellen, das ein weiterer Versuch, etwas zu verändern,fehlgeschlagen war.

Emma verstand nicht, warum sie nichts getan oder gesagt hatte, als Drake 'aus versehen' sein Getränk über ihr Kleid geschüttet hatte.Sie hätte es ihm auch gleichermaßen Heimzahlen müssen, stattdessen  war sie mit hochrotem Kopf davongelaufen und das hatte sie in nurnoch mehr Probleme gebracht. Dumm Emma, sehr sehr dumm! Trotzdemwar etwas anders , vielleicht das Feuer, welches sie nun für sich  entdeckt hatte oder die Stadt. Trotzdem konnte sie es nicht wirklich  in Worte fassen.

Sie wundertet sich, warum sich dieser Abend so anders anfühlte, als  all die anderen Abende, an denen Emma mit ihren Freundinnen die Stadt  unsicher gemacht hatte. An sich, musste sich Emma leider eingestehen,dass sich nichts geändert hatte, trotzdem fühlte sich alles so   seltsam fremd an.


Nein, ich kann meine Zukunft bestimmen. Ich bin mehr das Mädchen von damals, rief sie sich in Erinnerung. Entschlossenheit packte sie. Emma würde es nicht zulassen, dass weder dieser Mann, noch dieser Abend ihr unter die Haut gehen würden. Sie würde in ein paar Stunden (mehr oder weniger) all dies hinter sich lassen. Er  war nur irgendein Mann in ihrem Leben und dies nur ein Abend vonvielen.

Warum fühlt es  sich dann so an, als wäre all dies hier weitaus bedeutender?, fragte  eine kleine Stimme in ihrem Kopf, die sie jedoch an den Rand ihres  Bewusstsein bannte. Du wirst verdammt nochmal stark sein.



Gefährliche VersuchungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt