6. Kapitel

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6. Kapitel

Mittlerweile ist der Nachmittag mit Harry schon drei Wochen her. Seitdem haben wir uns nicht mehr gesehen. Was zuteil daran liegt, dass ich es seitdem nicht mehr geschafft habe auf die Uni zu gehen. Entweder ich war im Ausland gewesen oder hatte Training. Wir haben damals keine Nummern ausgetauscht, was im Nachhinein betrachtet ziemlich dumm ist.

Vielleicht hat es einfach nicht sollen sein. Die typische ,Schicksal' - Ausrede. Dabei glaube ich nicht einmal daran.

Das Vibrieren meines Handys reißt mich aus den deprimierenden Gedanken.

Lucas.

,,Hallo Lucas."

,,Hallo Julie, vergiss heute deine Fechtsachen nicht!"

,,Aber wir haben heute doch schon trainiert?!" Ich bin verwirrt. Noch dazu, haben wir das Fechttraining schon vor Wochen beendet.

,,Du hast es vergessen." Er seufzt.

,,Was vergessen?"

,,Unseren Unterricht. Aber ich nehme es dir nicht einmal übel, immerhin warst du die letzten Wochen auch nicht dabei." Von was redet er da? ,,Man hat uns, also den Chef - Widgett -, gebeten ausnahmsweise Privatunterricht, in den verschiedenen Sportarten unserer Ausbildung zum MI6-Agent, zu geben." Das genervte Stöhnen rutscht mir heraus, bevor ich es unterdrücken kann.

,,Ich kann deine Reaktion verstehen, wirklich. Meine war genauso," er beginnt zu lachen ,,aber eigentlich ist es ganz lustig. Widgett hat uns gebeten den Unterricht zu übernehmen, weil er denkt, dass wir es hinkriegen das ganze lustig aber dennoch mit Ernst anzugehen. Wie hätte ich da ablehnen können?" Auch wieder wahr.

Wir reden noch ein bisschen darüber, mit dem Output, dass ich um vier Uhr am Nachmittag mit meinen Fechtutensillien vor dem Gebäude stehe, indem das Training stattfinden soll.

Ich bin spät dran, dass Training hat sicher schon angefangen, also beeile ich mich beim umziehen. Zum Schluss setze ich noch meine Maske auf.

Als ich endlich fertig bin und in großen den Saal gehe redet Lucas gerade mit unseren Schülern. Es sind vier. Alle haben schon ihre Fechtmasken auf. Je zwei Schüler haben sich zusammen gefunden und fechten. Lucas sieht ihnen zu und gibt Hilfestellungen. Ich umarme ihn flüchtig als ich mich neben ihn stelle.

Auch wenn er mich manchmal nervt, ist er eine der wenigen Konstanten in meinem Leben geworden.

,,Tut mir leid, dass ich zu spät bin."

,,Macht nichts. Hauptsache jetzt bist du da." Ja, dass bin ich. Auch wenn ich nicht weiß, was ich jetzt machen soll. Lucas scheint alles unter Kontrolle zu haben.

,,Scheint so, als wärst du nicht die einzige, die die Uhr nicht lesen kann." Lachend zeigt er auf die Person die gerade in den Saal eilt.

,,So, alle einmal herhören!" Alle hören sofort auf mit dem ,kämpfen'. ,,Das ist meine Partnerin. Sie war in den letzten Wochen leider verhindert, wird uns aber ab jetzt an mit ihrer Anwesenheit beehren." Ich nicke zustimmend.

Alle wenden sich wieder ihren Gegnern zu und machen dort weiter, wo sie aufgehört haben.

,,Ihr zwei," Lucas zeigt auf denjenigen, der gerade hinein gekommen ist, und dann auf mich. ,,könnt dort drüben auch anfangen zu trainieren."

Endlich.

Das herumstehen hat mich schon ganz wahnsinnig gemacht.

Auf der Matte angekommen, stellen wir uns gegenüber von einander auf.

,,Hast du schon einmal gefochten?" Meine Stimme klingt hinter der Maske ganz verzerrt.

,,Könnte man so sagen, ja. Aber nur zum Spaß." Na toll, ein Nichtskönner.

,,Dann lass uns anfangen."

Wie sich herausstellt, ist der Junge mit dem ich trainiere gar nicht so schlecht wie angenommen. Er parierte meine Angriffe ganz gut.  Nach drei langen ,Kämpfen' beschließen wir eine Pause einzulegen.

Schwer atmend holen wir unsere Wasserflaschen und setzten uns auf eine Bank  an der Wand gegenüber der großen Fenster.

Wir nehmen beide unsere Masken ab und trinken etwas, währenddessen sehen wir aus dem Fenster. Gerade fliegt ein Flugzeug am Himmel vorbei.

,,Dafür das du bis jetzt nur aus Spaß gefochten hast, bist du ganz gut." Das war mir einfach so raus gerutscht.

,,Danke. Kann ich nur zurück geben." Ich lache.

Er sieht mich von der Seite an. Irgendwann wird es mir unangenehm so zu tun, als würde ich es nicht merken. Ich wende meinen Kopf ihm zu.

Meine Augen weiten sich, als ich sehe wer da vor mir sitzt…

Versteckt hinter SonnenbrillenWhere stories live. Discover now