»24. Oktober 1537

1K 68 2
                                    

                  

Als ich an diesem Tag das Gemach von Jane Seymour betrete, sieht sie noch kränker aus als an den vorherigen Tagen, falls dies überhaupt möglich ist. Der König sitzt Tag und Nacht an ihrem Bett und betet, wir tun es ihm gleich. Die Arme der Königin sind zum Teil mit Schnitten versehen, sie haben versucht sie zur Ader zu lassen, doch es funktionierte nicht. Wir beobachteten wie die Königin ihren letzten Atemzug nahm und anschließend verstarb.

Wie man sich denken kann ist der König am Boden zerstört und auch ich habe ein weiteres Mal meine Arbeit verloren. Natürlich könnte ich meinem Vater weiter bei geschäftlichen Dingen helfen doch Jane zu dienen war mir eine Ehre. Sie war eine wunderbare Königin.

Am 23. Mai. 1539 erlangte ich den langersehnten Beschluss, alle mir als Witwe zustehenden Ländereien, zu erhalten.
Immer wieder bekomme ich mit das Master Francis und Cromwell nach einer neuen Frau für König Henry Ausschau halten. Eine Französische Adlige soll es seinem Wunsch nach werden. Wäre da nicht das Problem, dass die meisten Frauen lediglich Angst vor ihm haben. Ich meine, wer wäre schon gerne die vierte Ehefrau? Auch eine Spanische Adlige, eine enge Verwandte des Kaisers, lehnte die Hochzeit ab. So schickte Henry häufig Master Holbein, den Künstler, und verlangte von ihm Bilder, der zur Wahl ausstehenden Damen zu malen, beziehungsweise zu Zeichnen. Doch die Damen, für die der König sich interessierte, interessierten sich nicht für ihn. Cromwell versucht ihn seit einer ganzen Weile zu überreden die deutsche Anna von Kleve zur Frau zu nehmen, denn das hätte auch politische Vorteile. Auch zu ihr und ihrer Schwester Amalia schickte er Hans Holbein.

Auf Wunsch von Cromwell sollte Hans Holbein jedoch, egal wie die Beiden aussehen, sie schöner zeichnen als sie es wirklich sind. So war es nicht sehr überraschend, dass der König gefallen an der Anna von Kleve fand. Ja, so freute er sich sogar unglaublich, sie endlich kennenzulernen. Bereits vor deren ersten Begegnung wurde der Ehevertrag aufgesetzt und damit so gut wie vollzogen. So passte es Henry jedoch gar nicht das Anna nicht annähernd so schön war wie auf der Zeichnung. So bezeichnete er sie sogar als hässlich. Sie ist schön, in meinen Augen ist sie das und eine sehr freundliche Frau. Trotz des Königs bedenken wurde die Ehe also vollzogen.

Im Januar 1540 wurde Anna von Kleve Henrys vierte Ehefrau und damit die erste deutsche Königin von England. Womit ich meine Arbeit wieder habe. Zu meiner Überraschung sucht der König Annas Schlafgemach jeden Abend auf doch immer bleibt sie ziemlich ruhig zurück. Noch nie haben wir Geräusche aus dem Zimmer gehört. So hörte ich einst wie er zu Cromwell sagte: „Ich habe sie vorher nicht geliebt und ich liebe sie jetzt noch weniger, mein Herz hat sich von ihr abgewendet, so dass ich in diesem Handel nicht weiter fortfahren will", er bemägelte die Schlaffheit ihres Fleisches, er könne nicht glauben das sie unberührt sei, ihr Körper sei für ihn vollkommen unattraktiv.

So fragte Lady Bryan sie einst ob sie nicht wisse was eine Ehefrau im Bett zu tun habe, ja sie erklärte ihr sogar wie die Nacht mit dem Ehemann verlaufe, doch Anna wollte dies alles nicht hören.
Als ich an diesem Abend in ihrem Gemach sitze und ihr das Haar kämme, quält mich eine Frage die einfach hinaus muss. „Befriedigt der König euch, Madame?", eine meiner vorherigen Königinnen hätte ich eine solche Frage niemals gestellt doch Anna ist lieb, vermutlich zu lieb und sie würde ihren Kopf nicht noch mehr Riskieren. Sie nickt „Wenn er ins Bett geht, küsst er mich und nimmt mich bei der Hand und wünsch mir eine Gute Nacht, Liebling und am Morgen küsst er mich und wünscht mir Lebwohl, Schatz. Genügt das nicht?", ich gehe nicht weiter darauf ein und kämme ihre Haare.

Bereits zu diesem Zeitpunkt kam mir zu Ohren das der König alles für die Annullierung der Ehe tat. In seinen Augen sei die Ehe nicht rechtsmäßig da Anna bereits in ihrer Kindheit Franz I versprochen wurde, auch wenn die Ehe nie vollzogen wurde.  Da der König ihren Bruder aber auch nicht so sehr verärgern wollte überzeugte er sie von der Annullierung. Wer hätte sie nicht unterschrieben wenn man von den Schicksalen der Vorgänger weiß?

Am 24. Juni 1540 wurde Anna unter dem Vorwand eines Pestausbruchs nach Richmond geschickt wo sie am Tag darauf von der Annullierung der Ehe erfuhr. So ernannte der König sie als „Seine gute Schwester", so bekam sie ein großzügiges Einkommen, zwei Königliche Residenzen in Richmond und Bletchingley zugesprochen.

Bereits als Anna noch am Hofe war ging er eine Affäre mit der erst siebzehn Jährigen Catherine Howard ein die der Herzog von Suffolk sowie Francis angebracht hatten. Eine ferne Verwandte Anne Boleyns, die im Haushalt der Herzogin Wittwe aufwuchs. Mir wurde schnell klar, dass wenn sie vor mir stand, vermutlich die zukünftige Königin es tat.

Auf einem Fest im selben Monat lernte ich dann endlich den Höfling Thomas Culpeper kennen. Und ich muss sagen, die Gerüchte stimmen, er ist unglaublich charmant! Zugegeben war ich ein wenig erschrocken als er mich an diesem Abend küsste und versuchte mich zu verführen, doch ich ließ es zu. Ich bin eine Witwe und ich habe nichts zu verlieren. Vielleicht würden wir einst heiraten? 

Sir Thomas und ich treffen uns seit dem regelmäßig, doch von seiner charmanten Art zu Beginn, sehe ich nichts mehr. „Catherine Howard", meint er als ich mit dem Gesicht auf seinem Bauch liege. „Was ist mit ihr?" „Meinst du der König wird sie heiraten?", ich zucke mit den Schultern „Davon gehe ich aus, weshalb?" „Sie ist von unglaublicher Schönheit", stellt er fest. „Im Vergleich zu Henrys vorherigen Frauen ist sie hässlich", stelle ich kalt fest. Das ist nun Mal meine Meinung. „Sprich nicht so von ihr", ich verdrehe die Augen. Ich zwinkere ihm zu „Warte ab bis ich ihre Hofdame bin, mal schauen was passiert", verwirrt sieht er mich an. „Was meinst du?", doch ich lache nur und lege meinen Kopf nieder auf seine Brust.

Im Frühling 1541 heiratete König Henry Catherine Howard.

-----------

Mal im ernst, Anna von Kleve hatte es doch am besten oder? Alle anderen Frauen hatten kurz seine Aufmerksamkeit und sind anschließend hingerichtet, vergiftet oder abgeschoben worden oder sogar gestorben, Anna hat Geld, Häuser und eigentlich alles was ich braucht bekommen, sie hätte sich sogar neu verheiraten dürfen, ich meine sie ist doch eindeutig der Gewinner aus der Zeit oder?:D

The Lady Rochford Where stories live. Discover now