Sonnenaufgang

180 29 20
                                    

Dunkel und still breitet sich das Wasser vor uns aus. Am Horizont zeichnet sich der schwarze Abriss von Gebirgen, geht langsam ins Graue über. Schicht über Schicht. Am Fuß schlängeln sich Dunststreifen wie der Schleier einer trostlosen Braut im Trauerkleid.
Je näher wir kommen, desto heller wird allerdings der Himmel. Das Grau verwandelt sich in dunkelblau und lila. Hinter den Bergen zwinkert ein kleines orangenes Licht, dass von rosanen Plüschwolken umtanzt wird. Das Meer verfärbt sich blau, rosa, lila. Ich beuge mich über den Bootrand und entdecke ein duzend kleiner blaugrüner Lichter. Das Plankton hüpf wie Glühwürmchen unter der Wasseroberfläche. Verlockt den Beobachter.
Der Blick verliert sich in den leichten Wellen, das Boot schaukelt leicht, während der Motor die Stille brummend durchbricht. Fast zu laut für diesen friedvollen Ort.
Allmählich streicheln die ersten Sonnenstrahlen über die Bergspitzen. Die Braut hat sich vom Gebirge entfernt, ihr Schleier legt sich nunmehr wie glitzernde Goldpartikel über die Wasseroberfläche. Ein leuchtend roter Ball springt in Zeitlupe aus dem Wasser in den Himmel, sein Licht wird weicher, heller. Warm auf meiner Haut. Ich erschaudere vor Glück. An diesem Ort, zu dieser Zeit, fühlt es sich an, als sei alles Gute zusammengekommen, um den neuen Tag zu begrüßen. Erst schüchtern, dann überschwänglich. Am Horizont erscheinen die ersten Delfine. Schwarze Schatten in einem Meer aus Gold. Hell und lebendig.

MomenteWhere stories live. Discover now