#37 - Ich versuche zwei Blindfische zu verkuppeln und muss mal wieder Nachsitzen

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Als ich am nächsten Morgen aufwachte, es war ein Wunder, dass ich überhaupt eingeschlafen war, wollte ich mich am liebsten wieder unter der Bettdecke verkriechen.
Ich wollte einfach mit niemandem reden. Nicht mit Lou. Nicht mit Chris. Nicht mit meiner Mom und am aller wenigsten mit Tess. Sie konnte natürlich nichts dafür, dass sie die Tochter meines Onkels war, aber ich wollte ihr diese Botschaft echt nicht überbringen.
Natürlich würde Tess bemerken, dass etwas nicht stimmte. Tess fiel so etwas immer auf. Gott, ich werde sterben.
"Rose, du musst aufstehen", rief Louis, der anscheinend vor meiner Zimmertür stand.
"Ich bin tot", murmelte ich.
"Okay, ich ruf den Leichenbestatterwagen da."
Ich wollte auch so unbekümmert drauf sein. Ohne noch mehr verdammte Familiengeheimnisse. Ich sollte auswandern. Nach England, zu meiner Tante. Ja, das war eine gute Idee. Ich könnte James nerven und Emily wegen ihrer Größe ärgern. Perfekt. "Louis?", rief ich. "Bringt der Wagentyp mich nach England?"
"Bestimmt", kam die Antwort. "Aber jetzt ernsthaft. Steh' auf."
Ich seufzte, krabbelte aber anschließend aus dem Bett. Um mit meinem Aussehen direkt die Nachricht 'Ich-bin-schlecht-drauf-lasst-mich' zu übermitteln, zog ich einen einfachen weiß-grauen Kapuzenpulli und eine schwarze Jeans an. Super. Fertig. Ich vermisse mein Bett. Letztendlich schaffte ich es, so spät dran zu sein, dass ich Mom nicht mehr begegnete, als ich mit meiner Tasche unter dem Arm die Treppe runter stürmte.
"Wie schlecht bist du drauf?", empfing mich Louis, als ich vor dem Taxi, welches er auftreiben konnte, zum Stehen kam.
"Schlecht genug, dass mich jeder in Ruhe lassen sollte", antwortete ich. Wissend nickte mein Bruder.
"Sorgen wir dafür, dass sämtliche Menschen dir vom Hals bleiben."
Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. "Okay, klingt gut."
Als wir im Taxi saßen, herrschte Stille, die ich schließlich beendete.
"Wie läuft es mit Vanessa."
"Gut", war die schlichte Antwort. Nicht, dass ich es gut heißen würde, dass Louis bereits nach einer Woche als Single, schon wieder zu Dates ging, aber wenn es ihn half, über Lily hinweg zu kommen, sollte es mir recht sein. Ich wollte, dass wenigstens Louis damit abschließen konnte. Anders als ich würde er es vielleicht schaffen. Er konnte es schaffen nach vorne zu sehen. Solche Menschen zu vergessen. Louis konnte es. Was man von mir nicht behaupten komnte. Jeder Name, war wie in mein Gedächtnis eingebrannt. Joe. Lily. Isobel. Ich würde nie abschließen können. Es würde mich ewig beschäftigen, wie Lily das tun konnte und warum Joe ihr geholfen hatte. Ich würde nie vergessen können, dass meine Mutter ihrem eigenen Fleisch und Blut ein Treffen mit deren Vater vorbehielt und so viel gelogen hatte. Ich fragte mich, wie sie sich selbst im Spiegel ansehen konnte, ohne sich zu hassen. Sie brachte Zerstörung.
"Rose?", fragte mein Bruder.
"Mhm?" Ich wandte mich vom Fenster ab.
"Was ist los?" Er klang mitfühlend.
Ich zuckte mit den Schultern. "Ich bin schlecht gelaunt. Kommt schon mal vor."
"Kauf ich dir nicht ab", entgegnete Lou. "Du bist anders drauf, wenn du schlecht gelaunt bist. Also noch mal, was ist los?"
Er kannte mich einfach zu gut. Meine andere Hälfte.
"Du hast recht. Es ist was anderes. Können wir das klären, wenn wir wieder zu Hause sind?"
"Klar." Louis legte einen Arm um meine Schulter und zog mich zu sich, um mir einen Kuss auf die Haare zu drücken.
"Jede schwere Zeit endet irgendwann. Wir schaffen das. Du und ich. Erinnerst du dich an unseren kleinen Finger Schwur, als wir acht waren?"
Ich hielt ihm meinen kleinen Finger hin.
"Du und ich. Durch dick und dünn. Louis und Rose. Rose und Louis."
Er hackte seinen kleinen Finger bei meinem ein.
"Für immer, meine andere Hälfte."
"Ich hab dich lieb, Lou", flüsterte ich. Ich weiß überhaupt nicht, was ich ohne meinen Zwilling tun würde. Ohne ihn würde ich das nie schaffen.
"Ich hab dich auch lieb, Rosie."
Er nannte mich nur Rosie, wenn er wusste, wie schlecht es mir ging und wie sehr ich irgendeine Art von Geborgenheit brauchte. Louis war immer für mich da und ich war ihm wahnsinnig dankbar dafür.
Er war eindeutig der Stärkere von uns. Schon seit unserer Geburt. Ich wusste natürlich nicht, ob das auch eine von Moms Lügen war, aber sie hatte immer erzählt, dass ich bei meiner Geburt wahnsinnig schwach gewesen war.
"Wenn wir volljährig sind, sollten wir New York verlassen", sagte Louis plötzlich. "Was wird uns noch hier halten?"
Gute Frage. Was würde uns in New York halten, wenn wir die Chance bekamen, fort zu gehen? Wenn wir die Chance hatten, diese zerstörerische Stadt hinter uns zu lassen, würden wir sie nutzen?
"Ich wette, Tess wird fort gehen. Vielleicht mit Chris, wenn sie zusammen finden sollten", fuhr er fort. "Warum also sollten wir hier bleiben?"
"Ea gibt keinen Grund hier zu bleiben, wenn wir die Chance bekommen, New York zu verlassen."

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