Die Ungeeigneten

2.8K 213 23
                                    

Ich erwachte, weil irgendjemand direkt neben meinem Ohr laut mit einigen Geräten hantierte. Blinzelnd öffnete ich meine Augen und sah eine schlanke Frau, die neben meinem Bett eine kleine Maschine aufgebaut hatte. Als sie sich zu mir umdrehte, war ich für einige Sekunden erstaunt. Sie hatte eine dunkle Haut und mandelförmige Augen, doch dies war nicht das Überraschende. Was mich erstaunte, waren ihre hellblauen Augen, die mich nun kritisch musterten.

„Tag", brummelte sie und war offensichtlich weder erfreut noch überrascht, dass ich aufgewacht war. „Hast du Hunger?" Ehe ich etwas sagen konnte, streckte sie mir einen kleinen Becher entgegen. „Schluck diese, Svensson und Instadt kommen gleich."

Langsam nahm ich den Becher und beäugte die beiden grünen Tabletten, die darin lagen. „Was ist das?"

„Dein Essen", meinte sie kurz angebunden und strich sich eine schwarze Haarsträhne aus der Stirn. „Iss, ich will noch schnell deine Blutwerte messen."

Gehorsam legte ich die beiden Tabletten auf meine Zunge und nahm den hingestreckten Wasserbecher entgegen, um sie herunter zu spülen. Wie diese, die ich in der Fabrik geschluckt hatte, waren sie sauer und schmeckten trocken, doch ich verzog keine Miene.

„Ich bin Kila Den", erklärte die Dunkelhäutige auf einmal, doch gab mir keine Chance, um etwas Freundliches zu erwidern, da sie den kleinen Messstab schon auf meinen Oberarm gesetzt hatte. Ein schmerzhaftes Pieken breitete sich von dort aus und ich rieb mir darüber, während sie konzentriert die Blutwerte las. „Giftsättigung ist immer noch ein bisschen hoch, doch du bist fit genug, um entlassen zu werden." Ihr Gesicht strahlte keine Freude über diese Mitteilung aus. „Steh auf."

Ohne einen Widerspruch schlug ich die schwere Bettdecke zurück und bemerkte erst jetzt, dass ich bloss ein graues Hemd trug, das mir bis zu den Knien reichte. Gemächlich setzte ich meine nackten Füsse auf den kalten Fussboden, blieb aber einige Sekunden sitzen, da der Raum kurzum leicht zu wanken begonnen hatte. Als ich mich endlich traute, das Gewicht auf die Füsse zu lagern, merkte ich, wie gross Den eigentlich war. Ich reichte ihr knapp zu den Schultern.

„Zieh diese an." Sie reichte mir einen Stapel Kleider, den sie aus der Maschine herausgenommen hatte. „Und beeil dich, Svensson und Instadt kommen, wie gesagt, bald."

Ich legte die Kleider auf das Bett und musterte die einzelnen Stücke. Soweit ich das beurteilen konnte, waren es ein Paar dunkelbrauner Stoffhosen, ein dunkelblauer Pullover, eine grüne Armeejacke, eine graue Mütze und ein Paar fingerlosen Handschuhe. Ich strich vorsichtig über die einzelnen Kleiderstücke und liess den Stoff durch meine Finger gleiten. Zu meinem Erstaunen war dieser bei der Hose und der Jacke ziemlich rau und abgenutzt, trotzdem wusste ich, dass ich die Erste war, die diese Kleider tragen würde. Der Pullover war im Gegensatz zu den anderen Kleidungsstücken ziemlich weich und geschmeidig. „Das soll ich anziehen?"

„Ja, wenn die Dame kein Problem damit hat", erwiderte Den schnippisch und stellte neben die Kleider ein Paar Socken und Lederschuhe hin. „Du kannst auch im Hemd gehen."

„Nein, schon gut", antwortete ich schnell und schlüpfte schon aus diesem raus. Schnell zog ich die Hosen an und streifte den Pullover über, ehe ich zusammen mit den Socken in die Lederschuhe schlüpfte. Erstaunlicherweise waren die Kleider viel gemütlicher und ich fühlte mich sofort wohl darin. Ich nahm die Handschuhe und die Mütze und legte sie zusammen mit der Armeejacke über meinen Arm, da es meiner Meinung zu warm war, um diese anzuziehen.

Den gelang sogar ein leichtes Lächeln. „Sieht nicht schlecht aus." Ihr gleichgültiges Gesicht nahm wieder Überhand. „Warte hier, bis Svensson und Instadt kommen. Du kannst dich an den Tisch setzen."

Ohne eine Verabschiedung zottelte sie mit der Maschine aus dem Zimmer und liess mich alleine. Einen Augenblick spielte ich mit dem Gedanken, mich tatsächlich an den Tisch zu setzen und auf die beiden zu warten, doch die Neugier siegte schlussendlich.

UngeeignetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt