Die Geburt

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Ich war am Ertrinken. Wasser drang durch meine Nase und meinen Mund in mein Inneres, verstopfte meine Kehle und füllte meine Lunge. Meine Augen waren sperrangelweit aufgerissen und blickten sich panisch im Raum um. Über mir hängte eine helle Lampe, die mir schmerzhaft ins Gesicht zündete und dabei leicht flackerte.

Ich wollte um Hilfe rufen, doch alles, was ich herausbrachte, war ein schwächliches Gurgeln. Meine Kehle fühlte sich so an, wie wenn sie von einer unsichtbaren Kraft gemächlich zugeschnürt werden würde. Diese drückte ebenfalls auf meinen Brustkasten und wären meine Lungen nicht schon mit Wasser gefüllt gewesen, hätte ich wegen dem Druck ebenfalls kaum atmen können.

Der Raum vor meinen Augen wankte langsam auf und ab und wurde immer unschärfer. Ich fühlte mich, wie wenn ich haltlos in die Tiefe einer Schlucht fallen würde, den sicheren Tod schon vor den Augen. Um mich irgendwo festhalten zu können, warf ich meine Arme und Beine in die Luft, doch ich fiel trotzdem weiter.

Als ich schon das Gefühl hatte, es nicht mehr aushalten zu können, erschienen zwei Personen in meinem Gesichtsfeld, die Schutzmasken und weisse Hauben trugen. Ohne auf meine zuckenden Glieder und meinen verzweifelten Gesichtsausdruck zu achten, packte die eine Person meinen schmerzenden Kopf, die andere öffnete mühsam meinen Mund und zog energisch eine flache Eisenplatte heraus, sodass deren Ränder die Innenseite meiner Wange aufschnitten.

Ich würgte und hustete, doch mir gelang es weiterhin nicht, die notwendige Luft in meine Lungen zu pumpen. Ehe ich etwas tun konnte, setzte mir diese Person nun eine Maske auf und legte ihre Hand dann auf meine Schultern, damit ich aufhören würde, zu zucken.Mein Kopf fiel zurück auf die Pritsche, als endlich mein Lebensretter meine Lunge füllte. Keuchend sog ich das bisschen Luft ein, was mir von der Maske hineingeflösst wurde, dann wurde sie schon wieder entfernt.

Wie ein Fisch am Land schnappte ich nach Luft und versuchte verzweifelt, den Personen klarzumachen, dass ich sie brauchte, um zu leben. Statt einer Reaktion schlug mir die eine mit der flachen Hand auf den Brustkorb, woraufhin ich hustete und würgend einen Schwall Wasser ausspie.

„Atme, 188, andere vor dir haben es auch geschafft", fluchte die Person über mir, die ich als Mann entlarvte. Er setzte mir die wieder Maske auf und nahm sie nach einigen Sekunden erneut weg.

Wäre ich nicht zu sehr beschäftigt gewesen, Atem zu bekommen, hätte ich den Mann wütend angeschrien. Leider fehlte mir dazu die Kraft. Mein Blickfeld verschwamm, als der Sauerstoffmangel wieder einsetzte und ich keuchte leise. Die Augen des Mannes blickten beunruhigt auf mich nieder und er warf einen wütenden Blick in die Richtung seines Kollegen, wie wenn der Schuld an allem hätte. „Atme!"

Wieder setzte er mir die Maske auf und liess sie dieses Mal ein wenig länger auf meinem Mund, ehe er sie wegnahm. Ein Schwall Wasser floss über meine Lippen, als ich mich hustend wandte und dann keuchte. Überrascht holte ich tief Luft, als ich merkte, dass das Atmen auch ohne Maske einwandfrei funktionierte.

Die wütenden Augen des Mannes nahmen einen erleichterten Blick an und er nickte leicht. „Gut gemacht, 188. Atme einfach ruhig weiter."

Ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte, deshalb gehorchte ich ihm. Die Lungen schmerzten mir zwar noch schrecklich wegen dem Sauerstoffmangel und auch die hellen Flecken waren noch nicht verschwunden, aber ich fühlte mich schon kräftiger. Neugierig schaute ich mich im Raum um.

Neben meiner Pritsche standen einige grosse Monitore, die im Takt meines Herzens piepten und meinen Herzschlag bildlich darstellten. Der Boden darunter war nass und quietschte unter den Schuhen der vier Personen, die sich um mich herum versammelt hatten. Jeder von ihnen hatte seinen Mund mit einer Schutzmaske bedeckt, die Haare unter eine Haube gestopft und ihre sonstige Kleidung mit einem hellblauen Mantel getauscht.

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