22.

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Y/n pov.

Ich sah die Lichter der Straßenlaternen an mir vorbeiziehen. Auch wenn Ran in seinem Zustand nicht mehr Autofahren durfte, schaffte er es mich, ohne einen Unfall zu bauen, nach Hause zu bringen. Als wir bei meinem Wohnhaus ankamen, parkte er am Straßenrand. Ein Schweigen kehrte ein, als er den Motor abstellte. Ich wusste nicht, was ich sagen oder tun sollte. Sollte ich ihm anbieten, noch mit rein zu kommen?

,,Soll ich dich noch zur Tür bringen?", ergriff er das Wort, zog den Schlüssel aus der Zündung. 

Unsicher warf ich einen Blick zu ihm. Auch er sah mittlerweile ziemlich müde aus und ich hatte schon fast ein schlechtes Gewissen ihn in diesem Zustand zu sich noch nach Hause fahren zu müssen. 

,,Willst du vielleicht hier übernachten? Du siehst ziemlich müde aus", bot ich ihm an, schnallte mich schon mal ab und umklammerte mein Handy, was zwischen meinen Oberschenkeln geruht hatte. Er schien einen Moment zu überlegen. Vermutlich war es ihm unangenehm, bei mir zu übernachten - wenn man bedachte, dass wir uns immer wieder gegenseitig sagten, dass wir keine ernsthaften Gefühlen füreinander hatten - und uns doch irgendwie sehr mochten.

,,Warum nicht ja, ich schreib kurz Rin", antworte er, weswegen ich schonmal aus dem Auto ausstieg und meinen Haustürschlüssel aus meiner Jackentasche kramte. Die kühle Nachtluft machte Bekanntschaft mit meiner Haut und ließ mich etwas frösteln. 

Ein wenig hatte ich schon ein schlechtes Gewissen. Das letzte mal als ich zu Hause war, war der Abend bevor ich in den Club ging. Danach musste mich dieser Hund Kai ja unbedingt unter Drogen setzen und dann war ich gefühlt bei Ran eingezogen  - oh man ich war die schlimmste Tochter, die man haben kann.

,,Alles ok?", holte mich Ran aus meinen Gedanken, der sich neben mich gesellt hatte und gerade seinen Autoschlüssel in seiner Hosentasche verstaute. Flüchtig warf ich ihm einen Blick zu. Sein Gesicht wurde von der Straßenlaterne ein wenig beleuchtet. Seine ordentlichen Zöpfe waren etwas außer Form und dennoch sah er so verdammt attraktiv aus. 

,,Ja, es ist nur so viel passiert", murmelte ich vor mich hin, wandte den Blick von ihm ab und beschloss mich zu der Eingangstür zu begeben. Der Haitani folgte mir stumm.

Aus meiner Jackentasche hatte ich schon den Eingangsschlüssel herausgekramt, damit ich sogleich die Tür aufschließen konnte. Im Flur war es dunkel, nur das schwache Licht von draußen erhellte etwas den dunklen Durchgang. Hinter mir fiel die Tür ins Schloss und ich merkte die Präsenz des Haitanis hinter mir. 

,,Bei Nacht sieht der Flur aus, wie aus einem Horrorfilm", lachte er, begab sich zu den Treppen, die hinauf führten. 

,,Man hör auf, das ist nicht lustig", zischte ich, eilte ihm nach. Auch wenn ich es mir nicht wirklich eingestand, stimmte ich Ran vollkommen zu. Bei Nacht sah der Flur und das Treppenhaus wirklich gruselig aus - über den Keller will ich erst gar nicht nachdenken. 

,,Naww, hat die Kleine Y/n-Chan angst im Dunkeln?", prustete der Größere belustigt vor sich hin, blieb auf der Treppe stehen und drehte sich zu mir. Ich wollte eigentlich stur an ihm vorbeigehen, doch umgriff er mein Handgelenk und zog mich dicht zu sich.

,,Keine Sorge Madame ich werde Sie gut, vor den Gespenstern beschützen. Wende Sie doch eine ihrer Matheformeln an, vielleicht jagt das dem Geist ja Angst ein - von Van Gogh oder so", schlug er belustigt vor, strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Teils genervt teils belustigt verdrehte ich nur meine Augen.

,,Van Gogh war ein Künstler, kein Mathematiker du Schlaumeier", erwirderte ich grinsend. Es wunderte mich schon, dass Ran überhaupt den Namen "Van Gogh" kannte. Schließlich war er nicht so der künstlerische Mensch und seine Kunstkenntnisse hielten sich wirklich in Grenzen.

,,Wie kann es sein, dass du Kunst als Prüfungsfach hast und nicht mal weißt wer Van Gogh ist?", hakte ich nach, löste mich aus seinem sanften Griff, um meinen Weg fortzusetzen.

,,Klang einfach und außerdem hab ich exakt die selben Kurse wie du gewählt, damit du mir helfen kannst", meinte er nur, folgte mir. Ein leises Lachen huschte über meine Lippen. Was für ein Idiot. Ich hatte noch nie verstanden, weshalb er Kunst als Prüfungsfach genommen hatte. Idiot.

,,Sag mal, wie hieß noch mal dein Lieblingsautor und Künstler?", hakte er erneut nach, vielleicht um einfach die gruselige Stille im Treppenhaus zu umgehen.

,,Dazai Osamu und Franz Kafka und einen Lieblingskünstler habe ich nicht", murmelte ich, als ich vor der Wohnungstür zum stehen kam und gerade den Schlüssel ins Schloss stecken wollte, als der Haitani mich von hinten sachte umarmte, sanfte Küsse auf meiner Schulter verteilte.

,,Hm, Ich kann auch gut Dichten", säuselte er, fuhr sanft über meine Hüfte. Ich hielt in meiner Bewegung inne - tat er das nur, weil er Besoffen war, oder tat er das gerade nur, um mich zu ärgern?

Mein Körper versteifte sich durch die plötzliche intime Nähe zu ihm, doch sagte oder tat ich nichts, dass er aufhören solle. Stattdessen drehte ich mich in seinen Armen, so dass ich ihm in die Augen sehe konnte.

,,Erstens, waren das keine Dichter und zweitens besaßen die mehr Vokabular als du und drittes haben die beiden über sehr tiefgründige Themen geschrieben und das gefällt mir", klärte ich ihn auf. Da es in jedem Stock ein Fenster gab, wurde der Flur etwas durch das schwache Licht von draußen beleuchtet. 

Ich konnte das leichte Schimmern in seinen violetten Augen erkennen und die Konturen seines Gesichts wurden von dem Licht untermalt. Unsicher schluckte ich, diese Nähe zu ihm war so unbeschreiblich. Ich fühlte mich sicher und geborgen bei ihm und könnte in seinen Armen dahin schmelzen - wie ein Stück Silber im Schmelzofen.

,,Da kann ich wohl schlecht mithalten", summte er, bevor er sich mir vorsichtig näherte. Meine Atmung ging etwas hektisch und irgendwie wollte ich dieser Situation entfliehen, aber irgendwie auch nicht. Ich wusste gerade nicht, wo mir der Kopf stand, ich wusste nur, dass er mir den Kopf gerade voll und ganz verdreht hatte. 

Ich schluckte, suchte in dem Chaos meines Kopfes einen guten Spruch zum Kontern oder irgendeinen Kommentar zu seinen Worten. Sanft strich er mir erneut eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Seine rauen Finger fuhren federleicht über meine bleiche Haut. Meine Haut brannte unter seinen Berührungen und ich schmolz immermehr dahin.

,,Vielleicht kannst du mich ja in anderen Punkten von dir begeistern", sprach ich, als ich meine Stimme wiederfand. Das Chaos in meinem Kopf hatte sich noch immer nicht gelegt und umso näher er mir kam und umso mehr seine Finger über meine Haut fuhren, desto schlimmer wurde es in meinem Kopf.

,,Hab ich das nicht schon längst?", wisperte er, bevor er seine Lippen auf meine legte. Sein Kuss war sanft, so sanft wie ein leichter Windhauch im Sommer. Genussvoll schloss ich meine Augen und ließ mich auf den Kuss ein. Langsam wanderten meine Hände in seinen Nacken und zogen ihn dichter zu mir. 

Mein Herz sprang mir fast aus der Brust und mein ganzer Körper kribbelte. Ran vergrub seine Hand in meinem Hinterkopf und löste das Haargummi von seinem Platz. Meine Haare fielen mir sachte über die Schultern und seine Hand vergrub sich immer tiefer in den einzelnen Strähnen. 

Vorsichtig drückte er mich gegen die Wohnungstür. Seine Hand wanderte aus meinen Haaren zu meiner Wange und strich sanft darüber. Meine Hände verfingen sich in seinen geflochteten Haaren, strichen über die Strähnen an seinem Hinterkopf, die in den Zöpfen gefangen waren. Als er sich sanft von mir löste und mir in die Augen sah.

,,Vielleicht sollten wir reingehen?", schlug er vor, was ich nur mit einem schüchternen Lächeln kommentierte und mich aus seinem Griff löste, um die Wohnungstür aufzuschließen.

𝐼 𝑑𝑜𝑛'𝑡 𝑙𝑜𝑣𝑒 𝑦𝑜𝑢ᴿᴬᴺ ˣ ᴿᴱᴬᴰᴱᴿWo Geschichten leben. Entdecke jetzt