Kapitel 1

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Leopard

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Leopard

Wir schrieben das Jahr 1940. Es hatte gerade erst begonnen, aber der Krieg war immer noch im vollen Gang, weswegen ich aus meiner Heimat geflohen war. Korea war nicht sicher, auch wenn ich dem Tod nicht erliegen konnte. Der Fluch beschützte mich, allerdings nicht vor dem Schmerz, der eine eigentlich tödliche Verletzung mit sich brachte. Sterben war alles andere als friedvoll. Ich wollte dieses Gefühl nicht ein weiteres Mal erleben. Wer wollte das schon? Jedenfalls hatte es mich nach Norden verschlagen: Russland. Hier hatte ich definitiv Raum mein Leopardendasein zu genießen, vorausgesetzt ich fand etwas, was mir daran gefallen würde.

So trieb es mich durch die tiefsten Wälder, freiläufige Felder und über schneebedeckte Berge. Ich lief immer weiter, weg vom Krieg, der Gewalt, den Menschen und vor allem den Tierjägern. Ich wollte endlich wieder etwas zur Ruhe kommen. Mich besinnen. Frieden finden.

Zum jetzigen Zeitpunkt überwogen meine tierischen Instinkte und das war gewissermaßen gut so. Der Abstand zur Realität befreite mich und ich konnte nach langen Monaten endlich wieder freier atmen, doch dieser Moment währte nur kurz.

Ich hatte eine Witterung aufgenommen. Es roch merkwürdig und ich konnte es beim besten Willen nicht zuordnen. Der Geruch war mir absolut fremd und doch machte er mich neugierig. Von der Präsenz magisch angezogen, näherte ich mich ihr. Je stärker ich sie wahrnahm, desto unwohler fühlte ich mich. Sie schien mich erdrücken zu wollen, so als wäre nicht genug Platz für uns beide auf dieser Welt.

Der Schnee knirschte bei jedem weiteren Schritt, den ich langsam auf sie zumachte. Ich wurde zunehmend nervöser. Mein Körper war auf Angriff gepolt. Die Nackenhaare aufgestellt und im Schleichmodus. Ich war bereit zuzuschlagen, doch als ich meinen Gegenspieler erblickte, blieb ich wie erstarrt stehen. Es war nur eine schwarze Wolke, die über den weißen Schnee waberte. Sie bewegte sich nur langsam vorwärts und doch kam sie definitiv auf mich zu. Was zum Teufel war das, und warum hatte ich geglaubt, dass es ein Lebewesen hatte sein müssen? Wieso spürte ich mich so hingezogen von etwas, das ich nicht einmal berühren konnte?

Ich blieb weiterhin regungslos im nasskalten Schnee stehen und beobachtete mit Argusaugen, wie sich die pechschwarze Wolke weiter näherte und schließlich eine Körperlänge vor mir zum Stillstand kam. Deutlich bemerkte ich, wie es mich anstarrte. Es umkreiste mich und ich folgte mit meinem Blick, ließ es nicht aus den Augen und drehte mich jetzt sogar mit. Keiner von uns gab nach, setzte aber auch nicht zum Angriff an. Ich verstand es nicht. Es war völlig surreal und wenn ich nicht irrte, dann erkannte ich smaragdgrün-glühende Augen, die mich regelrecht zu erdolchen versuchten. Das war mehr als gruselig. Halluzinierte ich? Das konnte doch nicht echt sein.


Winterherz - ein verfluchtes CrossoverWhere stories live. Discover now