Childe x Fem. Reader | Freiheit?

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Ein Lüstling glich dem anderen. Tag ein Tag aus spürte ich die Blicke auf meinem Körper, wie sie ihn hinauf und hinab wanderten, doch die Gier verblasste recht schnell, wenn ich mich dazu entschied, aufzublicken. Überlegenheit wich Angst und jeder dieser armseligen Idioten schlich mit eingezogenem Schwanz wieder davon.

...nicht jedoch der Mann, dem ich heute begegnen sollte.

~Gegenwart~

Mit dem mir mittlerweile vertrauten Klicken legte sich der Verschluss der Eisenkette um den am Boden befestigten Metallring meines Käfigs. Eine reine Vorsichtsmaßnahme, die der diensthabende Wächter bitter bereuen würde, sollte ihm jemals ein Fehler unterlaufen. Zu meiner Enttäuschung ging jedoch auch die heutige Überstellung ohne ein derlei erhofftes Missgeschick über die Bühne. Der schwere Riegel der Zelle fiel krachend in seine Ausgangsposition und ich setzte mich widerstrebend zwischen die ordentlich hergerichteten Kissen. Mein buschiger Schweif fegte dabei über den mit einem Teppich verkleideten Untergrund des Zwingers.

„N Wunder, dass dich der Boss überhaupt noch durchfüttert." „Jedes Lebewesen mit Grips in der Birne kann deine Mordlust aus nem Kilometer Entfernung riechn."

Ich erwiderte nichts.

„Hmpf, gesprächig wie immer, huh."
„Sie is abholbereit!"

Auf den Ruf des Mannes hin erschienen zwei maskierte Gestalten. Sie packten je einen der äußeren Stäbe des Käfigs und zogen ihn samt meiner Wenigkeit in den Warteraum. Dort, ebenso hübsch verpackt wie ich, warteten bereits neun weitere Gefangene. Der einzige Unterschied zwischen uns bestand darin, dass sie nicht an den Boden ihrer Zellen gekettet waren. Dieser Luxus blieb einzig und allein mir vergönnt und noch während man mich in das mobile Kerker-Spalier einreihte, fiel mein Blick auf den Fußknöchel meiner neuen Nachbarin. Der am Gelenk angebrachte stählerne Reif maß etwa zwei Finger in der Breite und wirkte rein äußerlich betrachtet recht unspektakulär. Im Inneren verbarg sich jedoch eine nette kleine Spielerei, die den Träger mit einer neu entwickelten Sinthe-Variante voll pumpte.

Das Ergebnis: emotionslose Hüllen, die ausnahmslos ins Leere starrten. Die junge Frau, die ich gerade beobachtete, bildete dabei keine Ausnahme. Sie und auch die restlichen Gefangenen bekamen von dem, was um sie herum passierte, nicht das geringste mit und es gab Tage, da wünschte ich mir dasselbe. Bedauerlicherweise verursachte dieses Zeug bei meinem Organismus eine Art allergische Reaktion, daher die hinter meinem Rücken gefesselten Hände. Ich schnaubte und als ich mich eben in eine bequemere Sitzposition manövrierte, öffnete sich abermals die zweiflügelige Tür, durch die vorhin unsere Käfige gerollt wurden. Der Auktionator betrat den Raum. Breit lächelnd lief er zwischen die aufgereihten Zellen, das kantige Gesicht ebenfalls verborgen hinter einer Maske.

„Welch wunderschöner Abend!"

Ein leises Knurren entrang sich meiner Kehle. Es war dieser Mittvierziger gewesen, der mich vor etwas mehr als vier Monaten meiner Freiheit beraubt hatte, meiner Würde. Die Arroganz, die er ausstrahlte, machte mich rasend.

„[Name], bitte, Du brennst mir ja noch ein Loch in den Rücken." Er wandte sich um und begegnete meinem Blick. „So anziehend und doch so tödlich." Das Klacken der beschlagenen Schuhe klang scharf in meinen Ohren und wenige Herzschläge später lag das flache Ende einer Gerte unter meinem Kinn. „Du bist heute besser anständig. Wir erwarten nämlich hohen Besuch." Ich riss meinen Kopf zur Seite, verkniff mir jedoch einen Kommentar.

„Braves Mädchen."

Mit diesen Worten verschwand der Auktionator aus meinem Sichtfeld und das Warten begann von neuem. Fast eine ganze Stunde hockten wir in dem spärlich beleuchteten Raum, bis sich die Tore für die Besucher schließlich öffneten. Ich hörte ihre Stimmen. Fröhlich, ausgelassen. Es widerte mich an.

„Sehr verehrte Gäste erlauben Sie mir, mich Ihnen vorzustellen. Mein Name ist Alpha und ich freue mich, Sie heute hier begrüßen zu dürfen. Ich kann Ihnen versichern, es ist garantiert für jeden Geschmack etwas dabei, vorausgesetzt das Gebot stimmt." Gelächter durchzog den Saal.

„Ohne Sie länger auf die Folter spannen zu wollen Beta, Gamma bitte bringt...." Ab diesem Zeitpunkt schaltete ich ab und erst als man mich zurück in den Warteraum zog, erwachte ich aus diesem stetig wiederkehrenden Albtraum. Ob nun jemand geboten hatte, vermochte ich nicht zu sagen. Mir entging allerdings nicht, dass an den übrigen Käfigen je ein Schild mit der Aufschrift 'Verkauft' prangte. Ich sah in die obere linke Ecke. Nichts. Abwertend stieß ich die Luft aus und lauschte den Schlussworten des Abends.

„Tut mir leid, Sir, aber ich trenne mich von solch einer Schönheit nur ungern, vor allem wenn der Betrag nicht im entferntesten dem Wert der Ware entspricht." Es folgte eine kurze Pause, dann fuhr der Auktionator fort: „Alle weiteren Erwerber bitte ich in den Raum zur Rechten. Dort wird mein Kollege die heutigen Käufe abwickeln. Ich wünsche eine geruhsame Nacht."

Das Rücken vieler Stühle erklang und kaum fünf Minuten später herrschte hektisches Treiben. Eine Zelle nach der anderen verließ unseren derzeitigen Aufenthaltsort. Wie die Abnehmer ihr Gut letztlich schmuggelten, lag in deren Verantwortung, doch gegen einen gewissen Aufpreis erhielt man ohne Probleme ein allumfassendes Service-Paket. Sprich zugriff auf das hier verwendete Sinthe aber auch allerhand anderer Drogen, um das neue Spielzeug bei Laune zu halten.

„Alpha!" Die dringlichen Rufe eines Arbeiters rissen mich aus meinen Gedanken. „Alpha!" Der Gesuchte erschien am oberen Ende der Rampe, die zur Bühne führte. „Bei allen Archonten, was soll das Geschrei." Der untersetzte Schreihals überwand die verbliebene Strecke und flüsterte seinem Vorgesetzten etwas ins Ohr. „Perfekt. Ich habe ihn bereits erwartet. Bring ihn zu mir."

„Sehr wohl Herr."

Es dauerte nicht lange, da kehrte der Bote in Begleitung eines jungen Mannes zurück. Der Fremde trug eine schlichte graue Jacke sowie eine dazu passende Hose. Schwarze Stiefel und Handschuhe gehörten ebenfalls zur Aufmachung. Den einzigen Bruch in der sonst recht dezent wirkenden Farbauswahl bildeten ein über die Schulter geworfener roter Schal sowie eine ebenfalls rote Maske, die seitlich an seinem Kopf hing. Ich richtete mich auf und als die beiden schließlich an mir vorbeiliefen, streiften sich unsere Blicke.

Die dunkelblauen Augen zogen mich binnen Sekunden in ihren Bann. Selbst mein Verstand schien verrückt zu spielen, denn für einen kurzen Moment glaubte ich in den endlosen Tiefen des Meeres zu treiben.

„Meister Tartaglia, willkommen", begrüßte Alpha seinen Gast und unterbrach damit die seltsame Verbindung. „Man informierte mich bereits, dass Ihr, statt Herrn Dottore, bei uns vorbeikommen würdet."

„Und ich dachte, es gäbe hier nichts Interessantes zu sehen."

„Verzeihung?" Ein verwirrter Ausdruck blitzte in den Augen des Auktionators.

„Wie viel wollt ihr für sie?"

Völlig aus dem Konzept gebracht, stotterte der Gefragte: „I-ich...Sie..." Er räusperte sich. „Bevor ich Euch den Preis nenne, solltet ihr wissen, dass sie keinesfalls leicht zu händeln ist. Sie besitzt..."

„Lasst das mal meine Sorge sein", unterbrach ihn Tartaglia. „Also?"

„50 Millionen Mora."

„Einverstanden."

Entgeistert starrte ich den Fremden an. Wer war er, dass er so mir nichts dir nichts 50 Millionen Mora aus dem Ärmel schütteln konnte und das ohne auch nur den Hauch eines Zögerns. Als wäre das nicht genug sagte er kurz darauf: „Lasst sie raus und nehmt ihr die Fesseln ab."

Zuerst dachte ich, ich hätte mich verhört und den übrigen Anwesenden schien es nicht anders zu gehen, doch kurz darauf landeten die Handschellen mit einem lauten Klirren auf dem Boden. Ich blinzelte, dann stürmte ich los. Nicht jedoch zum Ausgang, nein. Mein Ziel war ein gänzlich anderes.

Konzentriert bündelte ich die Luftfeuchtigkeit aus der Umgebung, woraufhin drei Armlange feine Eisnadeln erschienen. Deren Spitzen ragten etwa zu drei Vierteln über meine Finger hinaus und schwebten dicht über meinen Gelenken, bereit, alles zu durchbohren, was mir in die Quere kam.

„Nicht schlecht!" Ein Knistern drang an meine Ohren, dann wurde mein Ansturm abrupt gestoppt und statt sich in die Halsbeuge des Auktionators zu bohren, trafen meine Nadeln auf die Schneide einer von blitzen umrankten Klinge.

„Geh mir aus dem Weg!", knurrte ich Tartaglia entgegen.
„Lass mich kurz überlegen...mmmh...nein."

Die Freude des Orangehaarigen ob der Konfrontation währte allerdings nur kurz, denn alarmiert von dem Lärm stürzte ein weiterer Mitarbeiter Alphas in die Halle. Ich registrierte den Neuankömmling nicht sofort, doch als sich die Pupillen des Auktionators auf den Mann hinter mir richteten und sein Gesicht dabei deutlich erbleichte, wirbelte ich herum.

„Nicht schießen!", brüllte er den Untergebenen an, doch zu spät. Ein Knall zerriss die Stille und ein Ruck durchfuhr meinen Körper, als sich der Betäubungspfeil rechts oberhalb der Brust in meine Haut bohrte. Ungläubig starrte ich auf das zehn Zentimeter lange Geschoss, während die Wirkung des darin enthaltenen Sinthe bereits seine Wirkung entfaltete. Eis splitterte.

„Du Idiot!"

Meine Beine gaben nach.

„Hast Du auch nur die leiseste Ahnung, was Du gerade angerichtet hast?!"

Jemand fing mich auf.

„A-aber Sie...ich dachte..."

Dunkelblaue Augen begegnet meinem Blick.

„Anscheinend hast Du überhaupt nichts gedacht! [Name] verträgt dieses..!"

„Wenn ihr beide den nächsten Tag erleben wollt, schlage ich vor ihr beendet diese sinnlose Diskussion und sagt mir verdammt nochmal was los ist." Die Stimme des Harbingers klang bedrohlich ruhig.

Wieder sprach der Auktionator, doch ich schaffte es kaum noch, den Worten zu folgen.
„...allergische Reaktion.........Gegenmittel...Schwarzmarkt...Fontain..."

„...Zeit...?"

Schmerz pulsierte durch meine Adern. Ich wollte schreien, konnte es aber nicht. Mein Verstand verlor sich mehr und mehr in der Dunkelheit.

„Wag es...jetzt...sterben..." Waren die letzten Silben, die ich bewusst wahrnahm.

~ eine unbekannte Zeitspanne später~

Ich öffnete langsam meine Lider, die Umgebung gewann an Schärfe und schließlich erkannte ich in der Maserung, die mein Sichtfeld füllte, die Decke eines Zimmers. Noch immer leicht benommen drehte ich den Kopf und entdeckte eine weit geöffnete Tür. Diese führte hinaus auf einen kleinen Balkon und dort auf dem hölzernen Geländer saßen mehrere gelbgraue Federbälle, die eifrig um die Wette zwitscherten.

Von Neugier getrieben stemmte ich mich in die Höhe, hielt jedoch bei einem schmerzhaften Ziehen, was mich den Kopf wiederum nach rechts drehn ließ, inne. Mein Blick fiel erst auf einen sauber angebrachten Verband um meine Schulter, dann auf den scheinbar schlafenden Mann, der neben mir lag. Erschrocken sträubte sich das Fell an meinem Schweif und ich beschwor in sekundenschnelle einen Dolch aus Eis. Die Spitze der Waffe schwebte wenige Zentimeter über der Brust des Orangehaarigen.

„Es ist nicht gerade rühmlich, den Mann ermorden zu wollen, der einem das Leben gerettet hat."

Bevor ich auch nur ansatzweise reagieren konnte, drückte sich die Schneide einer aus Wasser geformten Klinge gegen die meines Dolches und der Harbinger öffnete die Augen. Er lächelte.

„Eines ist sicher, wir beide werden noch eine Menge Spaß miteinander haben."

One Shots | Genshin ImpactOnde histórias criam vida. Descubra agora