Albedo x Reader II | Wie viel bedeutest Du ihm wirklich?

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Ein Lächeln schlich sich auf meine Züge, als ich an das allererste Gespräch mit Albedo zurück dachte. Mehr als dieses war nicht notwendig gewesen, um meine damalige Gefühlswelt auf den Kopf zu stellen. Auch die Tatsache, dass er mir einmal erzählte, dass Beziehungen für ihn ziemlich anstrengend wären, hielt mich nicht von ihm fern. Zuerst wusste er nicht, wie er reagieren sollte, doch mit der Zeit lernten wir einander kennen und den Freiraum des jeweils anderen zu respektieren. Alles war perfekt und das, obwohl es gerade einmal drei Tage brauchte, um meine Sehnsucht nach dem Alchemisten ins schier unendliche zu treiben. Ich seufzte und noch während ich meinen Erinnerungen nachhing, schnappte ich mir einen ledernen Rucksack.

„So, jetzt nur nichts vergessen", murmelte ich und verstaute den vorgerichteten Proviant sowie einen Stapel Kleidung. „Bei allen Archonten! Mein Göttliches Auge." In einer flinken Bewegung griff ich nach dem kleinen Schmuckstück. „Gut, das sollte es gewesen sein." Mit einem selbstzufriedenen Nicken ging ich schließlich zur Tür, drehte den Schlüssel im Schloss und machte mich auf den Weg.

Ein Glück befand sich einer der unzähligen Teleportpunkte direkt am Rande meines kleinen Heimatdorfes. Von Quellingen aus war es zwar nicht allzu weit bis zum Drachengrat, doch da ich heute ohnehin schon spät dran war, verzichtete ich auf den zusätzlichen Fußmarsch. Ich folgte dem festgetretenen Weg, atmete tief ein und genoss den Duft des sich nähernden Sommers. Die Temperaturen waren bereits ordentlich gestiegen und doch war ich froh über die in meiner Tasche verstaute Wintermontur. Diese würde mir nachher im Kampf gegen die Kälte des gigantischen Berges gute Dienste leisten.

„Hallo [Name]", begrüßte mich Brook. „Wieder auf dem Weg zum Drachengrat was?" Ich nickte, blieb aber nicht stehen. „Dacht ich's mir doch. Gute Reise!" „Danke!", erwiderte ich und wenige Minuten später lag meine Hand auch schon auf der fein gearbeiteten Säule, die mich an mein Ziel bringen sollte. Konzentriert schloss ich die Augen. Das mir wohlbekannte Kribbeln strich über meine Haut und kurz darauf nahm ich wenige Meter vor dem Basiscamp Gestalt an. Natürlich ließ es sich das Klagewind-Plateau nicht nehmen, mich mit einem frostigen Windstoß zu empfangen, doch selbst dieser konnte meine Vorfreude nicht dämpfen.

„[Name]!" Beim Klang meines Namens drehte ich mich um. „Iris!" Die Abenteurerin kam mir mit großen Schritten entgegen. „Wie ich sehe, hast du deine heutige Expedition bereits beendet." Sie bestätigte meine Aussage mit einem breiten Grinsen. „Und wie ich sehe, bist du mal wieder auf dem Weg zu deinem Lieblingsalchemisten." Meine Wangen begannen zu glühen. „Ja." Sie hielt an und zog die Riemen ihres Rucksacks zurecht.

„Nur als kleine Warnung, das Wetter in den höheren Lagen ist heute ziemlich stürmisch, also pass auf dich auf." „Keine Sorge, Albedo und ich wollten uns ohnehin nahe des Schlummerdrachtals treffen." Diese Aussage schien sie etwas zu beruhigen. „In Ordnung. Das heißt aber nicht, dass du nicht trotzdem Vorsichtig sein sollst." Tadelnd hob sie den Zeigefinger. „Weiß ich doch."

Das breite Lächeln kehrte in ihr Gesicht zurück. „Dann mach's mal gut." „Du auch Iris." Nach unserer Verabschiedung betrat ich kurzerhand eines der grünen Zelte und schlüpfte rasch in meine Winterkleidung. Jacke, Schal und Mütze. Bevor ich allerdings die Handschuhe überzog, befestigte ich die im Rucksack verstaute Vision an meinem Gürtel. Der tiefrote Stein pulsierte schwach. „Perfekt. Los geht's."

Dick eingepackt, stapfte ich schließlich in Richtung der zerstörten Brücke. Diese war neben dem Fluss das einzige, was mich nun noch von den ersten Ausläufern des Drachengrats trennte. Statt jedoch direkt über das verfallene Gebilde zu klettern hielt ich mich leicht rechts davon. Dort gab es nämlich einen provisorischen Übergang, den einige Abenteurer in wilder Manier zusammengezimmert hatten.

Geschickt balancierte ich über die knarrenden Bretter und betrat einige Momente später vorsichtig die andere Uferseite. Weshalb? Ganz einfach. Wegen dem Eis. Dieses bedeckte den Kies, wie es die Glasur bei einem süß marinierten Hühnchen tat und verwandelte ihn in eine ganzjährige Todesfalle. Ein falscher Schritt und man konnte wahrlich von Glück reden, wenn man beim Aufprall lediglich mit ein paar blauen Flecken davonkam. Den Archonten sei Dank, ließ ich diese Hürde schnell hinter mir, allerdings nicht ohne mich wieder einmal zu fragen, ob die Gilde die steinerne Überführung jemals reparieren würde.

Mein weiterer Weg verlief dahingegen relativ ereignislos. Ich wanderte zügig am Fuße der westlichen Bergflanke entlang, begleitet vom ständigen Plätschern des kristallklaren Wassers. Den wenigen Monstern, die mir begegneten, machte ich mit einigen schnellen Hieben den gar aus und als ich endlich in die Schlucht einbog, musste ich feststellen, dass die Sonne bereits unterging. Flink huschten meine Augen umher, bis sie unvermittelt an einer auf dem Boden liegenden Gestalt hängen blieben.

„Nein...d-das...kann nicht...", stotterte ich leise. Im selben Moment brach sich das schwindende Licht in einigen mir sehr vertrauten goldenen Verzierungen und ließ sie aufleuchten wie glühende Kohlen. Die Geschwindigkeit meiner Atmung verdreifachte sich. Schnee stob unter den Sohlen meiner Stiefel hervor und noch im Laufen riss ich mir die Handschuhe von den Fingern.

„Albedo!" Zwanzig Meter. Zehn Meter. Fünf Meter.

Keuchend fiel ich neben ihm auf die Knie. „Albedo!", rief ich erneut und strich ihm ein paar blonde Haarsträhnen aus der Stirn. ~ Seine Haut ist eiskalt! ~ Die Augenlider des Alchemisten zuckten bei meiner Berührung, öffneten sich jedoch nicht. „Das ist nicht witzig!" In einer raschen Bewegung drehte ich ihn auf den Rücken, platzierte beide Handflächen auf seiner Brust und schloss die Augen. Energie und Wärme, wiederholte ich die Worte wie ein Mantra in meinem Kopf. ~ Energie und Wärme, Energie und Wärme ~ Es vergingen fünf Sekunden, dann zehn, zwanzig. „Komm schon!" Meine Vision pulsierte im Takt meines Herzschlags.

„[Na...Name]", erklang wenig später eine sanfte Stimme und es bedurfte keiner Extraeinladung, da fiel ich dem Alchemisten um den Hals. „Mach so etwas nie wieder", nuschelte ich in den Stoff seiner Jacke. „Es...tut mir leid", entgegnete er und ich entließ ihn aus meinem Griff. „Das sollte es auch! Aber was ist eigentlich passiert?"

Langsam richtete er sich auf „Ich...ich weiß es nicht...", fing er an, unterbrach sich jedoch. „Halt, warte!" Seine rechte Hand verschwand in der Innentasche seines Mantels.

„Was ist das?" Neugierig betrachtete ich das kleine Stoffsäckchen, das er zwischen den Fingern hielt. „Sporenpulver aus Sumeru. Ich hab es mir zu Forschungszwecken schicken lassen." Albedo packte das lederne Band, welches das Beutelchen verschlossen hielt und zog. „Sporenpulver? Schön und gut, aber das erklärt noch immer nicht, war..." Plötzlich landete eine Hand voll des feinen Staubs in meinem Gesicht.

„Was bei allen Archonten soll das!", rief ich mehr verwirrt als verärgert, während mich ein Hustenanfall schüttelte. „Eine kleine Überraschung", kam die kryptische Antwort und noch während ich versuchte, wieder Luft in meine Lunge zu bekommen, strich Albedo über das rautenförmige Mahl an seinem Hals.

Ich erstarrte. „Du...du bist nicht...", stammelte ich und sah fassungslos auf die behandschuhten Finger, an denen sich nun Rückstände von Farbe befanden. Ein süffisantes Grinsen breitete sich auf den Zügen meines Gegenübers aus. „Nein, bin ich nicht." Prompt schoss ich in die Höhe und wich ein paar Schritte zurück. „Wo ist er!?", schrie ich. „Keine Sorge, es geht ihm gut. Ich habe nur dafür gesorgt, dass er sich ein klein wenig verspätet."

Blitzschnell hob ich den rechten Arm oder das dachte ich zumindest, denn stattdessen spürte ich lediglich ein dumpfes Kribbeln, auch mein Kopf wurde von einer Sekunde zur anderen schlagartig leicht wie eine Feder. Der Boden wankte. „Die...die Sporen..." Wie um meine Feststellung zu unterstreichen, erfasste das Taubheitsgefühl nun innerhalb weniger Sekunden meinen ganzen Körper und zwang mich zurück auf die Knie.

„Wieder richtig." Der Fremde überwand die von mir geschaffene Distanz und ergriff mein Kinn. Behutsam hob er es an, nötigte mich, ihm in die Augen zu sehen und dem Blick zu begegnen, der meine Gefühle für gewöhnlich tanzen ließ. „Die Wirkungsdauer an sich lässt zwar zu wünschen übrig, aber die nächsten zwei Stunden in denen dein Verstand Luftschlösser baut, reichen mir vollkommen aus."

Ich blinzelte matt. Die Worte drangen zwar bis in mein Bewusstsein vor, doch schienen sie nebensächlich im Vergleich zu meiner Umgebung, die wie aus dem Nichts in den schönsten Farben aufzuleuchten begann. „Das hat ja nicht sehr lange gedauert", lachte das betrügerische Ebenbild. „Schön, dann lass uns mal herausfinden wie viel Du deinem achso geliebten Alchemisten wirklich bedeutest."

One Shots | Genshin ImpactWhere stories live. Discover now