26.Kapitel

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Am nächsten Morgen verließen George und ich das Haus sehr früh am Morgen. In einem Automobil tuckerten wir zum Bahnhof. Es regnete in Strömen und auf den Straßen hatten sich große Pfützen gebildet. Während der Fahrt sprachen wir nicht, sondern blickten uns nur traurig an. George hielt meine Hand fest umklammert, als würde er sie nie wieder loslassen wollen. Ich sah, wie in seinen wunderschönen Augen, Tränen glänzten und sein Gesicht spiegelte das wieder, was er wohl dachte. Trauer, Angst und Hoffnungslosigkeit.

Viel zu schnell erreichten wir den Bahnhof. Mit ernsten, traurigen Gesichtern verließen wir den Wagen.

Auf dem Bahnsteig standen nur ein paar Soldaten, mit ihren Familien. Besonders traurig empfand ich es, wenn weinende kleine Kinder sich an die Beine ihres Vaters klammerten, in der Hoffnung, dass er nicht gehen würde.

Der Zug stand schon an dem Bahnsteig, was mir ein noch unwohleres Gefühl bereitete. Wir hatten nicht mehr viel Zeit um uns zu verabschieden, was uns die Sache nicht unbedingt erleichterte.

Ein letztes Mal nahm George mich in seine starken Arme und hielt mich fest an sich gedrückt. Ich schmiegte meinen Kopf an seine Brust, die sich gleichmäßig hob und senkte. Und ich lauschte seinen Herzschlag, der nicht wie sonst langsam und beruhigend, sondern schnell und hektisch war.

Ein Pfiff ertönte und ich sah, wie ein Schaffner am Zug entlang ging und die Türen zu Schlug. George blickte mir tief in die Augen und sagte: "Ich freue mich schon, wenn der Krieg vorbei ist. Und ich verspreche dir, dass ich dich dann endlich heiraten werde." Ich ließ ihn nicht los und flüsterte, während heiße Tränen über meine Wangen rannen, "versprich mir, dass du auf dich aufpasst..." Er lächelte, "natürlich passe ich auf mich auf, das verspreche ich."

Er gab mir noch einen letzten leidenschaftlichen Kuss und flüsterte, "ich liebe dich" dann stieg er in den Zug.

Ich winkte, bis der Zug schon längst den Bahnhof verlassen hatte. Meinen Tränen ließ ich freien lauf und es dauerte nicht lange, bis meine Augen brannten und die Tränen versiegten. Und noch am selben Tag kehrte ich nach Highclere Castle zurück."

"Hat die Lady sich an ihr Versprechen gehalten dich zu einer feinen Lady zu machen?" Fragte Charlotte ernsthaft interessiert. Ich blickte hinaus in den Garten, auf der Suche nach der besten Möglichkeit meine Gedanken zu formulieren.

"Zunächst schien es nicht so, als würde sich die Lady an ihr Versprechen gegenüber ihres Sohnes erinnern. Doch sie machte mich bis zum Ende des Krieges zu einer echten Lady...."

"Und Großvaters Vater? Hat er dich auch wie eine Lady behandelt?"
Ich seufzte, "ach Kind, Löcher mich doch nicht mit so vielen Fragen auf einmal.... Am besten erzähle ich dir alles, was passierte, als ich nach Highclere zurück kehrte."

"Am Abend erreichte ich das Dorf. Da ich nicht angekündigt hatte, dass ich kommen würde, war kein Wagen oder Automobil gekommen um mich abzuholen. Deshalb lief ich den ganzen Weg bis zum Haus.
Mit schmerzenden Füßen und vollkommen erschöpft erreichte ich Highclere.

Der Butler schien etwas verwundert, als er mich am Hintereingang empfing. "Miss Carson" sagte er verdattert, "ich hatte nicht so schnell mit ihrer Rückkehr gerechnet. Da sie ja im Londoner Haus gearbeitet hatten."

Ich versuchte eine Erklärung dafür zu finden, dass ich nun wieder in Highclere war, doch ich war noch nie gut im Lügen gewesen, weshalb ich ihm einfach die Wahrheit sagte.

Für einen kurzen Moment taute die sonst so harte Schale des Butlers auf und er zeigte eine viel weichere und mildere Seite als gewöhnlich.
Freundlich bat er mich einzutreten und bot mir eine Tasse Tee an, die ich dankbar annahm.

An diesem Abend bezog ich wieder mein Altes Zimmer auf dem Dachboden....

Während ich versuchte einzuschlafen, dachte ich an George. Ich fragte mich, wo er in diesem Augenblick war, was er machte und wie es ihm ging.

Lady Bentley von Highclere Castle Teil IWhere stories live. Discover now