Hitze

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In etwa so stelle ich mir die Seeschlangen vor, natürlich mit hier und da ein paar Abweichungen, aber das war das beste Bild, das ich finden konnte.


Seine Flügel zuckten, als der Stoff von Ashs Hemd seine Membran kitzelte. Es dauerte einige Minuten, bis Nymeris tatsächlich einen hellgrünen Schimmer unter der Wasseroberfläche erkannte. Erst tauchte nur einer von ihnen auf, ein riesengroßer, dessen Schuppen tatsächlich wie Smaragde im Mondlicht glitzerten. Durch ein Loch auf ihrem Kopf stieß er etwas Luft aus  und verschwand dann wieder in der Dunkelheit. 

Nur wenig später tauchte eine ganze Gruppe auf, darunter auch mehrere Jungtiere. Nys' Augen weiteten sich begeistert. Er hatte noch nie so große Fische gesehen, geschweige denn diese Art. Die Jungen hatten eine dunklere Farbe, sodass sie nicht ganz so auffällig waren und vor möglichen Jägern geschützt waren. Ihr jammernder Gesang war so laut, dass es schwer war, etwas von dem begeisterten Stimmengewirr der anderen zu verstehen.

,,Weißt du, wofür sie dieses Loch auf dem Rücken brauchen?", hörte er Ash an ihn gewandt fragen. Ohne sich umzudrehen schüttelte Nys den Kopf. Zwar gab es ein paar Aufzeichnungen über diese Tiere in den Bibliotheken, doch davon war nichts wirklich zu gebrauchen. 

,,Sie atmen damit. Sie müssen alle paar Stunden auftauchen und nach Luft schnappen. Diese Tiere haben keine Kiemen."

,,Alle Fische haben Kiemen."

,,Sie gehören nicht zu den Fischen. Wale gehören zu den Lebendgebärenden. Du findest einige Bücher dazu in den Bibliotheken meines Palasts.", die Seeschlange beugte sich etwas vor und kam ihm dadurch noch näher. Sein Oberkörper übte einen leichten Druck gegen seine Flügel aus und zwang ihn dazu, sie eng an seinen Rücken anzulegen. 

Seine Gedanken teilten sich in zwei entgegengesetzte Richtungen: Während er viel zu fasziniert von diesen Wesen war, um an etwas anderes zu denken und noch so viel mehr Fragen hatte, die er Ash stellen wollte, war der andere Teil damit beschäftigt sich gegen die Nähe der Seeschlange zu sträuben. Auch wenn diese ihm eigentlich nichts ausmachte, mochte Nymeris es nicht besonders, so eingekesselt zu sein. 


Nymeris träumte von einem Meer aus Sternen und Smaragdwalen. Er trieb auf der Oberfläche eines schwarzen Abgrundes, in dessen Tiefen tausende und aber tausende Sterne glitzerten. Die Wale zogen an ihm vorbei und beachteten ihn gar nicht. Er hörte ihren traurigen Gesang um ihn herum, ihr Ächzen und Stöhnen, als wären sie zu tiefst unglücklich.

Der junge Wyvern war unfähig sich zu bewegen. Das kalte Wasser umschlang seinen Körper wie eine unsichtbare Hand, die ihn fest an Ort und Stelle hielt. Er verspürte die ANgst, jeden Moment in das schwarze Nichts gezogen zu werden. Es war der Himmel, der sich im Wasser spiegelte. In den unendlichen Tiefen, gab es keine Sterne. Kein Licht, das ihn retten würde, sollte er untergehen. Er spürte nur eine Präsens, irgendwo da unten in den dunklen Tiefen, die darauf wartete, dass er unterging. Geduldig und hungrig zugleich. 


Er fühlte sich seltsam erholt, als die ersten Sonnenstrahlen des nächsten Tages in weckten. Auf dem kleinen Tisch stand bereits sein Frühstück, darunter auch eine dampfende Kanne Tee. Nymeris rieb sich den Schlaf aus den Augen und streckte sich ausgiebig.

Der Wyvern setzte sich an den Tisch und trank eine Tasse von dem Tee. Ein herrlicher Pfirsichduft ging von der Tasse aus, als Nys das Porzellan an seine Lippen führte und einatmete. In seinem Kopf spielte sich immer wieder dieser Traum ab. Zwar hatte er öfter seltsame Träume, schon seit seiner Kindheit, aber dieser hier fühlte sich anders an. Als wollte sein Kopf ihm damit etwas sagen. Vielleicht machte er sich auch einfach nur zu viele Gedanken, nachdem er sonst nicht viel anderes zu tun hatte.

DrachenherzWhere stories live. Discover now