Flammen im Herzen

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Sie lassen sich von der Dunkelheit verschlingen, die schon seit Jahren mein Herz gefangen hält. 

Meine Seele sehnt sich nach Freiheit. 

Bist Du noch bei mir? 

Ich lese so viel aus dieser Nachricht heraus, die mich soeben erreicht hat. Besorgnis. Angst. Verzweiflung. All dies ist neu und fremd für mich.  Bisher hat sich nämlich kein Mensch außer meiner geliebten Großmutter wirklich um mich gesorgt. 

Ich war für jedermann nur eine Fremde, die aus einem anderen Land kam. Die nicht dieselbe Sprache sprach, oder sie gar verstand. 

Ich schreibe ihr zurück, dass es mir gut geht, wobei dies nur zum Teil der Wahrheit entspricht. Mein Herz steht nämlich seit dieser Nachricht vollständig in Flammen. Worte können so viel auslösen und bewirken. 

Sie glaubt mir nicht. Wieso nicht? Alle anderen hätten mich jetzt in Frieden gelassen. Nicht nachgehakt. Null Interesse gezeigt. 

Zum ersten Mal habe ich das Gefühl, dass meine Schutzmauer kleine Risse bekommt. Ich habe sie jahrelang mühsam aufgebaut. In der Hoffnung, dass kein Mensch sie jemals zerstören kann. Wie sehr ich mich doch irrte. 

Eine andere Seite möchte all dies nämlich nicht mehr. Sie möchte, dass ich etwas neu erlerne, was für mich bisher nur ein Wort ohne Bedeutung gewesen ist, nämlich: Vertrauen. 

Also tippe ich weiter und habe ihr Foto vor meinen Augen. Ihre Dreads laden zum Spielen ein und mir gefällt ihr Lächeln, welches ein wenig frech wirkt. Die weiten Tiefen ihrer Ozeane perfektionieren das Gesicht. Es ist von Engeln gemeißelt worden. 

Ich möchte gerne viel mehr von ihr erfahren, jedoch bleiben die meisten meiner Fragen im Dunklen verborgen, weil mir einfach der Mut fehlt, sie zu stellen.  Wer gibt mir außerdem die Sicherheit, dass es mit ihr anders sein wird? Niemand. 

Der stumme Schrei nach Ablenkung macht sich in mir bemerkbar. Jedoch lass ich das Nachrichtenfenster von ihr offen. Auch, als ich das finde, was mir die gewünschte Ablenkung bringt. 

Irgendetwas ist dieses Mal jedoch komplett anders. Während Waver über meinen Bildschirm flimmert, produzieren meine Gedanken ihren eigenen Film. 

Eine Frau sitzt auf einem Thron. Ihr Gesicht liegt im Halbdunkeln verborgen. Sie hält eine Peitsche in ihrer linken Hand. Ihr Outfit wirkt königlich. Ein schwarzes Korsett umschmeichelt ihre Brüste. Ihre Stiefel reichen über die Knie. 

Vor ihnen sehe ich eine junge Frau. Sie scheint in ihren Dreißigern zu sein, was meinem Alter sehr nahe kommt. Ihr Kopf verweilt auf dem Boden und ihre Zunge ist leicht zwischen den Zähnen sichtbar. Außer einem Halsband, an dem eine Kette befestigt ist, trägt sie keine Kleidung. 

Die Frau erhebt sich und überwindet mit Grazie die läppischen Meter, welche  sie beide trennen.  Sie schaut eine Weile zu ihr herunter, bevor sie einen ihrer Stiefel auf den Kopf der anderen stellt. 

Ich sehe, wie ein zufriedenes Lächeln die Lippen der Frau umspielt, welche so eben in Richtung Boden gedrückt wurde.  Ihr scheint all dies pure Freude zu bereiten. 

Die Frau tritt mit ihrem Stiefel nun einige Male auf dem Kopf der anderen herum. Dann scheint sie dies jedoch zu langweilen. Sie lässt von der anderen ab.  Steht nun vor ihr in ihrer kompletten Pracht. 

Ich sehe, wie sie das Kinn ihrer Sklavin mit dem Ende der Peitsche leicht anhebt. Sehe aber nicht, wozu das dienen soll. 

Plötzlich höre ich es plätschern. Dieses Geräusch erfüllt kaum den Raum und dennoch ist es vorhanden. 

Ich sehe nasse, verklebte Haare, auf denen jetzt kleine, goldene Tropfen schimmern. Sehe, wie das Grinsen der Frau immer breiter wird. 

Die Sklavin dreht in dem Moment ihren Kopf in meine Richtung.  Ich sehe keinerlei Entsetzen in ihren Augen. Pure Hingabe und Loyalität spiegeln sich darin wieder. 

365 Tage devotWhere stories live. Discover now