Kapitel 29 "Eins Nach Dem Anderen"

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Kapitel 29 "Eins Nach Dem Anderen"

Irgendwie vergehen die nächsten paar Wochen wie im Flug und bevor wir wissen wie uns geschieht, ist es eine Woche vor den Abschlussprüfungen. Jetzt besteht unsere einzige Freizeitbeschäftigung entweder daraus, dass wir wegen den Prüfungen ausflippen oder Pläne darüber machen, einfach vor dem Abschluss zu verschwinden und im Regenwald zu leben.

Eigentlich hätte ich gedacht, dass Adrian viel nervöser als ich ist, da er viel mehr Grund dazu hat, aber damit liege ich falsch. Um ehrlich zu sein, ich bin diejenige, die nachts von Albträumen wachgerüttelt wird, in denen ich absolut alles, was ich jemals gelernt habe, vergesse. Ich breche beinahe zusammen wann immer jemand etwas erwähnt, das auch nur im Entferntesten mit den Abschlussprüfungen zu tun hat und flippe über jede Kleinigkeit total aus.

Es ist Freitagabend vor der Abschlusswoche und ich bin gerade dabei mir eine Tasse Tee zu machen, als mir die Tasse irgendwie aus den Fingern gleitet und am Boden mit einem lauten Klirren in eine Million Teile zerbricht.

„Scheiße! Verdammt, nein." Fluche ich, während ich mich hinunterbücke um die größeren Scherben einzusammeln.

Gerade als ich sie wegwerfe und dabei sehr bedacht darauf bin nicht in die übrigen Glassplitter auf dem Küchenbogen zu treten, kommt meine Mutter in die Küche.

„Was machst du da, Tessa?" Will sie wissen, als sie mich auf dem Boden neben der zerbrochenen Tasse knien sieht.

„Ich hab nur meine Lieblingstasse zerbrochen. Ich weiß nicht wie es passiert ist, sie ist mir einfach irgendwie aus den Händen gerutscht." Erkläre ich, während ich versuche die Scherben, die um mich herum auf dem Küchenboden verteilt sind, aufzusammeln. Plötzlich ist mir nach Weinen zumute wegen der Tasse, obwohl sie nicht wirklich besonders war. Sie war ein Weihnachtsgeschenk von Kara und Peter gewesen. Die Tasse hatte einen kleinen Rudolf darauf, mit einer kleinen roten Nase. Ich habe sie einfach oft verwendet und sie deswegen als meine Lieblingstasse bezeichnet.

Aber vielleicht ist es nicht so sehr der Verlust meiner Tasse, der mich zum Weinen bringt sondern die totale Überanstrengung und das Gefühl des kompletten Versagens, das tief in meiner Brust sitzt, weil die Abschlussprüfungen so nah sind.

Als also die ersten Tränen meine Wangen hinunterrollen und auf den Küchenboden und die Scherben tropfen, kniet sich meine Mutter neben mich und nimmt meine zitternden Hände in die ihren.

„Hey Schatz, sssh, es ist okay. Komm hoch, du blutest." Sie steht auf und zieht mich mit ihr hoch, während sie immer noch meine Hände hält.

Tröstende Worte flüsternd führt sie mich in die Waschküche, in der unser Erste-Hilfe-Kasten steht und bedeutet mir mich auf einen Haufen Dreckwäsche hinzusetzen. Ich tue was sie sagt ohne zu zögern und sehe hinunter auf meine Hände. Auf der linken Handfläche ist ein Schnitt, der langsam beginnt sich rot zu färben. Ich habe nicht mal bemerkt, dass ich mich an einer der Scherben geschnitten habe.

Der Schnitt ist aber zum Glück nicht tief, denn während meine Mutter durch den Erste-Hilfe-Kasten nach ein paar Pflastern stöbert, ist der einzige Gedanke, der durch meinen Kopf rast, dass ich, wenn er tief wäre, Probleme beim Schreiben der Abschlussprüfungen haben könnte, weil ich Linkshänderin bin.

Als ich bemerke wie krank es ist, dass mein einziger Gedanke nicht meine Gesundheit betrifft, sondern die Abschlussprüfungen, hole ich tief Luft, um aufzuhören zu weinen. Beruhig dich verdammt nochmal du hyperaktiver Idiot, sage ich mir selbst, während ich nochmal tief Luft hole.

Schließlich kniet sich meine Mutter vor mich hin und reicht mir ein Taschentuch, bevor sie mir sagt, dass ich ihr meine linke Hand zeigen soll. Während ich meine Wangen trocken tupfe, reinigt meine Mutter den Schnitt an meiner Hand, bevor sie ein Pflaster mit Blumen darauf gibt.

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