Kapitel 19

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Runa spürte, wie sich ihr Blut erhitzte, ihr Puls beschleunigte. Eine plötzliche Welle der Wut überkam sie, als sie Logan erkannte, der lässig an einem der Stehtische lehnte und sie ansah. Er genierte sich überhaupt nicht, antwortete seinen Freunden während sein Blick weiter auf sie gerichtet war. 

"Entschuldigt mich kurz", sagte sie, stellte ihre halb volle Tasse mit weißem Glühwein ab und marschierte auf ihn zu. In diesem Moment war es ihr egal, dass alle sie sehen konnten, dass die Straße voll mit Studenten beider Universitäten war und dass sie ihm nun vermutlich eine Szene machen würde. 

Er bewegte sich keinen Millimeter, trank in aller Seelenruhe aus seinem Becher und stellte ihn vor sich auf dem Tisch ab, wartete dass sie sich durch die Menge kämpfte. 

Seine Freunde sahen sie irritiert an, als sie direkt vor ihm stehen blieb und die Arme vor der Brust verschränkte, ein wütender Ausdruck auf dem Gesicht. 

"Lasst uns kurz allein", sagte Logan und drei Sekunden später waren sie alleine. 

"Hör auf mich so anzusehen", knurrte sie und zog die Augenbrauen zusammen. 

"Wie sehe ich dich denn an, Runa?", er sprach sanft und ruhig, was sie nur noch stärker provozierte. 

"Intensiv, viel zu intensiv dafür, dass du einfach gegangen bist und..." Sie hielt inne. Ihr Blick wanderte zu den vielen Menschen, die um sie herum standen. Vielleicht war es ihr doch nicht so egal, dass es jeder mitbekommen könnte. 

"Ich bin nicht einfach so gegangen. Wir haben sechs Stunden miteinander verbracht und ich musste los", antwortete er, "und weiter...?" Logan stützte sich mit seinen Unterarmen auf dem Tisch ab und wartete geduldig, bis sie mit ihrer wütenden Ansprache fortfuhr. 

Er tug eine petrolfarbene Winterjacke, eine schwarze Chino und seine Haare waren ungestylt und eine Strähne fiel ihm ins Gesicht. Wieso musste dieser Teufel so verdammt gut aussehen? 

"Wieso vertraust du mir nicht?", stellte sie die sensibelste Frage, die sie hätte stellen können. Gleichzeitig war es jedoch die, die sie am meisten beschäftigte. 

Er zog eine Augenbraue hoch, versuchte sie zu lesen. "Was meinst du?"

"Du nimmst...", sie näherte sich ihm ein Stück. "Wieso nimmst du ES danach mit und entsorgst es nicht einfach im Müll?" 

Für wenige Sekunden war es still und sie lieferten sich ein Blickduell. 

"Reine Vorsichtsmaßnahme", antwortete Logan achselzuckend. 

"Vorsichtsmaßnahme? In Bezug auf was?" Egal, was er darauf antworten würde, Runa fühlte sich angegriffen. 

"Wir kennen uns nicht wirklich, oder?"

Runa schnaubte, schaute in den Himmel. "Gott, du bist so von dir selbst eingenommen. Wie konnte ich das nicht merken?" Was glaubte er, wer er war? Drake? Dann könnte er direkt scharfe Sauce in das Kondom kippen. Wenn Runa eines nicht gebrauchen konnte, dann war es schwanger zu werden. Erst recht nicht von so einem von sich selbst eingenommenen Vollidioten. 

Er antwortete nicht, seine Lippen fest aufeinander gepresst und sein Kiefer angespannt. 

"Weißt du was, Logan?", sie ballte ihr Hände zu Fäusten, sah aus dem Augenwinkel wie seine Freunde sie amüsiert beobachteten, während sie ihren Glühwein tranken und rauchten. Das, was als nächstes kommen würde, würde sie vermutlich noch mehr erfreuen. 

"Fick dich einfach", sie spuckte ihm die Worte ein wenig lauter entgegnen, als alles andere davor. 

Dann kehrte sie ihm den Rücken zu. Als sie zu ihren Freunden laufen wollte, packte er sie am Handgelenk und stellte sich vor sie. Irritiert schaute sie zu ihm hoch. Logan sah wütend auf sie herab und sie überkam ein ungutes Gefühl. 

"Glaubst du, ich akzeptiere es, wenn du hier vor allen so eine Szene machst?", schnaubte er. "Niemand redet so mit mir... niemand" 

Runa schluckte schwer, machte er doch nun die viel größere Szene. 

Doch als sie sich umsah, waren alle um sie herum in Gespräche vertieft. Niemand sah sie an, niemand nahm Notiz davon, dass sie sich stritten. Die Menschen heutzutage achteten wirklich überhaupt nicht mehr auf ihr Umfeld. Wie konnte man ihn nicht bemerken, so groß wie er war? 

Logan beugte sich vor, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern. Er legte seine Hand an ihre Wange, eine überraschend sanfte Geste, die ihr eine Gänsehaut bereitete. 

"Du brauchst dich davon nicht angegriffen fühlen, Darling", seine Stimme wurde sanfter. "Ich habe nichts dagegen, wenn wir uns besser kennenlernen. Dann kannst du deine Meinung über mich überdenken und ich werde irgendwann in dir kommen..."

Hitze stieg in ihr auf und rötete ihre Wangen. Sie öffnete ihren Mund, doch es kam kein Wort heraus. 

"Allerdings nur unter der Bedingung, dass ich der einzige bin. Ich teile nicht gerne" Dann ließ er von ihr ab. Ohne sich noch einmal umzudrehen lief er zu seinen Freunden, die ihm einen neuen Becher voller heißem Alkohol überreichten. 

Als wäre nichts geschehen, redete er fröhlich mit ihnen und würdigte sie keines Blickes mehr. 

Runa kehrte mit unregelmäßiger Atmung zu ihren Freunden zurück. 

"Logan Black?", Leyla schien plötzlich absolut nüchtern zu sein. 

Sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen und nickte. "Kann mich irgendjemand von euch mal darüber aufklären, wer Logan eigentlich ist? Wieso habe ich das Gefühl, hier etwas zu übersehen?" 

Ihre Freunde sahen sich skeptisch an und Runa hatte das Gefühl, in Schwierigkeiten zu stecken. 

Logan hingegen hatte mit anderen Schwierigkeiten zu kämpfen. Er trug eine Stoffhose und Runa hatte es mal wieder geschafft, dass sein Blut in gewisse Regionen umgeleitet wurde. 

"Die Kleine sah ganz schön wütend aus", lachte einer seiner Freunde amüsiert. Logan reagierte nicht, er war zu beschäftigt damit, Runa eine Nachricht zu schreiben. 

               Plaza-Hotel. Raum 699. 17 Uhr - Du hast etwas wieder gut zu machen. 

Als er es absendete, beobachtete er wie sie zu ihrem Handy griff und seine Nachricht las. Ein unbeholfener Gesichtsausdruck huschte über ihr Gesicht und er schmunzelte. 

Runa machte ihn wahnsinnig, auf allen positiven und negativen Ebenen. 

Er wollte seinem angekratzten Ego nachgeben und das mit ihr beenden. Es wäre so einfach gewesen, sich eine andere lockere Sache zu suchen und das Thema wäre für immer abgehakt worden, doch er konnte nicht. 

Etwas an ihr reizte ihn und er ahnte, was es war: Sie hatte keine Ahnung, wer er war. Sie hatte keine Angst, dafür eine selbstbewusste, aufrechte Art. Sie gab ihm kontra und lächelte dann, wenn er sie dafür fixierte und hart nahm. 

Vom ersten Moment im Club an hatte er eine Seite an ihr gesehen, die sie vermutlich nicht vielen Leuten zeigte. Es hing unausgesprochen zwischen ihnen und war etwas, dass ihn nicht los ließ. 

Sie hatte keine Fragen gestellt, bis auf diese eine. Ein achtsamer Part in ihm fragte sich, wieso das so ein großes Thema für sie war.  War es wirklich bloß deshalb, weil sie dadurch das Gefühl bekam, er vertraute ihr nicht? 

Logan wurde sein Leben lang dazu erzogen, Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten. Diese war eine davon und man konnte sich vorstellen, wie er sich gefühlt hatte, als sein Vater in seinem Kinderzimmer mit ihm auf seinem Bett saß und seinem 13-jährigem Ich darüber aufklärte. 

Der Gedanke daran versetzte ihm einen Stich in die Magengrube, ließ ein bitteres Gefühl zurück und verdrängte die positiven Gefühle, die er eben noch gespürt hatte. 

"Hübsch ist sie auf jeden Fall", das Gespräch seiner Freunde holte ihn aus seinen Gedanken zurück. "Habt ihr keine anderen Themen?", knurrte er und sie verstummten. Seine Freunde waren es nicht gewohnt, seine schlechte Laune abzubekommen, doch gerade konnte er es nicht steuern. 

The Ordeal of Desire I Dark RomanceWhere stories live. Discover now