Kapitel 7

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Mit einem Gefühl der Schwerelosigkeit wanderte Makhah durch den Nebel, der so dicht war, dass er nicht einmal seine Hand vor den Augen sah. Unter seinen Füßen nahm er kühles, nasses Moos wahr, das ihn von innen erfrischte und den Klang seiner Schritte dämpfte. Die Art von Boden war angenehm und in manchen Abschnitten der Aevaria-Berge im Norden zu finden.

In Makhah herrschte eine tiefe Ruhe, die ihn beschwingt weiterlaufen ließ. Dennoch blieb er wachsam und lauschte, da solch ein Nebel oft unheilverkündend war. Er hörte seinen eigenen Herzschlag in der Brust und sein Blut in den Ohren rauschen. Merkwürdig, wie friedlich sich die Stille anfühlte.

Makhah hielt inne und atmete tief ein. In dem Moment erklang eine liebliche Stimme, die nach seinem Namen rief. Sein Herzschlag verdreifachte sich, als er sie erkannte.

Ahyoka! Sie lebte!

Er beschleunigte seine Schritte, obwohl er nicht sagen konnte, woher genau die Stimme kam. Sie war überall.

„Ahyoka?", rief er. Ein Kichern gefolgt von seinem Namen war die Antwort. Makhah blieb stehen und versuchte, durch Lauschen ihre exakte Position auszumachen. Er wurde von einer Unruhe erfasst, die sich bis in jede Faser seines Körpers ausbreitete und ihn blind durch den Nebel rennen ließ.

Immer wieder rief er nach seiner Geliebten, bis seine Umgebung plötzlich zu flimmern und zu drehen anfing. Einige Schritte weiter verlor er den Halt unter seinen Füßen, doch anstatt zu fallen, lichtete sich der Nebelschleier. Die merkwürdige Dunkelheit wurde durch ein gleißendes Licht ersetzt, das in Makhahs Augen brannte. Zuerst schirmte er sie davon ab, aber als er nicht nur Ahyokas Stimme hörte, senkte er seine Hände und keuchte.

Er fand sich auf einer Blumenwiese wieder, die in voller Pracht blühte. Die Blumen wogen im Wind und erfasste Ahyokas Haar, das sie daraufhin hinter ihr Ohr strich. Sie saß am Ufer eines Flusses auf einem Stein und sonnte sich. Im Wasser tobten Kinder und spritzen sich gegenseitig nass. Ahyoka blieb nicht unversehrt. Ihr glockenhelles Lachen echote zwischen den Bergspalten und sie erhob sich in einer eleganten Bewegung.

Makhahs Herz blutete, als sie wie ein Denkmal auf dem Stein stand und die Sonne ein helles Leuchten um sie herum bildete. In Zeitlupe drehte sich Ahyoka um und sah ihn an. Sofort bemerkte er, dass ihre Kleidung sauber war und keine Spuren von Kampf und Verletzungen zeigte. Auf ihrer Haut glitzerten die Wassertröpfchen wie Diamanten und sie wirkte so friedlich und entspannt wie lange nicht mehr.

Makhah hielt den Atem an, da er einige der Kinder erkannte. Sie waren in den letzten Jahren auf unterschiedliche Weise verstorben.

Wie konnte das sein? War das etwa ...?

Ahyoka hob ihre Hand und winkte ihm zu. Das veranlasste ihn dazu, seinen Körper in Bewegung zu setzen. Als er die Hälfte des Abstandes hinter sich hatte, nahm er eine Bewegung neben sich wahr. Ehe er sich versah, überholten ihn zwei Personen, die er seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Seine Mutter und sein Vater, wie sie Arm in Arm auf Ahyoka zugingen und sie begrüßten.

In dem Moment wurde Makhah bewusst, was er genau sah. Göttin Inara gewährte ihm einen Einblick und zeigte, dass er seine Geliebte und all die anderen bei sich aufgenommen hatte.

Ohne es zu wollen, stiegen Tränen in seinen Augen auf. „Danke, Göttin Inara", flüsterte er. In seinem Herzen breitete sich eine unendliche Erleichterung aus, da Makhah befürchtet hatte, sie würde aus welchen Gründen auch immer nicht angenommen werden. Jetzt war er beruhigt, dass seine Liebste ihren Frieden gefunden hatte. Sie war dort, wo sie geliebt und beschützt wurde.

Als die Tränen seine Sicht völlig verschleierten, blinzelte er sie weg und schnappte nach Atem. Statt des friedlichen Bildes sah er Khione. 

Araki - Krieger des NordensWhere stories live. Discover now