Kapitel 5

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Aufatmend sah Khione der Gruppe hinterher, wie sie mit einem Kriegsschrei auf ihren Pferden das Lager verließen. Angeführt von Makhah, der sich von Pahra hatte breitschlagen lassen, sie noch einige Tage zu behalten. Khione sah zum tiefschwarzen Himmel hinauf und betrachtete den leuchtenden Halbmond. Er würde die Jäger begleiten und ihnen hilfreich bei der Nahrungssuche sein. Sabah, Pahra und zwei Männer blieben zurück, um das Lager zu schützen.

In den letzten Tagen hatte Khione am Rande mitbekommen, dass die Arakis zweimal im Monat jeweils in einer Halbmond-Nacht und einmal am Tag des Vollmondes jagten. Sie folgten den Gesetzen der Natur und nahmen nie mehr, als sie wirklich brauchten. Davon hörte Khione das erste Mal. Dennoch faszinierte es sie, dass die Arakis strikt den Regeln ihrer Götter folgten.

Sobald Ruhe einkehrte, entspannte sich Khione sofort. Ihre Wunde verheilte, aber sie bemerkte öfter, wie steif ihre Schulter bei manchen Bewegungen war oder sich mit einem Mal verkrampfte. Das behielt sie entgegen Pahras Bitte für sich. Weder das Oberhaupt noch sie wollten ihren Aufenthalt ausweiten.

In zwei Tagen würden die Arakis ihre Khemahs abbrechen und weiterziehen. Ab diesem Moment würde Khione auf sich allein gestellt sein. Zwar hatte sie Angst, aber das war nichts im Vergleich zu Makhahs einschüchternder Art, die er nur ihr gegenüber anwandte. Sprach er mit seinem Clan, lagen verschiedene Töne in seiner Stimme. Mal streng, beherrscht oder sanft. Je nachdem, wem er seine Aufmerksamkeit widmete. Vor allem zu den Frauen war er zuvorkommend und respektierte sie auf seine Art.

Khione gesellte sich zu Sabah und Pahra, die um das Lagerfeuer saßen und sich eine Schüssel Suppe gönnten. Sie genoss die Ruhe und das Knistern des Feuers, das eine angenehme Wärme ausstrahlte und die Kühle der Nacht aus dem Körper vertrieb.

Sich die Finger reibend, setzte sich Khione neben Sabah.

„Du hungrig sein?", fragte Makhahs Schwester.

Khione verneinte, obwohl ihr Magen deutlich andere Signale sendete. Es war nicht, weil es ihr nicht schmeckte, sondern sie hatte Angst, dass sie dafür getadelt wurde. Außerdem wollte sie den Arakis nichts wegnehmen, selbst wenn es eine Kleinigkeit war.

„Du solltest dich stärken, Khione", mischte sich Pahra ein und nahm eine Schüssel, in der sie großzügig eine Portion gab, und an Khione weiterreichte. „Wer weiß, wann du in der nächsten Zeit etwas zu essen bekommst. Nutze die Möglichkeit, dich zu stärken."

Mehr als ein geflüstertes: „Danke", brachte Khione nicht zustande. Die Heilerin hatte recht. Es war dumm und unhöflich, das Essen abzulehnen. Sie brauchte Kraft für die kommenden Wochen.

„Du haben Messer für Reise?", wollte Sabah wissen.

„Nein, ich habe nichts", nuschelte Khione. Das schien Pahra als Zeichen zu nutzen, sie über ihre Herkunft auszufragen. Die Männer hielten sich nicht in ihrer Gegenwart auf, weshalb Khione aus ihrem Leben in Mija Wa erzählte. Dennoch blieb sie zurückhaltend und antwortete gezielt auf Fragen, ohne auszuschweifen.

„Was ist dann geschehen?", fragte Pahra.

Khione schluckte und ihr Griff um die Schüssel verfestigte sich. „Eines Nachts ist eine Gruppe an Männern ins Dorf eingefallen. Obwohl es nicht viele waren, haben sie alles in Schutt und Asche gelegt", flüsterte sie mit zitternder Stimme. „Sie haben gemordet, aber ein paar von uns Frauen mitgenommen. Die wollen sie auf den Sklavenmärkten anbieten. Darunter sind auch Kinder", fuhr sie mit dem Blick auf das Lagerfeuer gerichtet fort. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, wie Pahra und Sabah den Kopf schüttelten.

„Kinder?", fragte Makhahs Schwester entsetzt.

Schweigend nickte Khione und stellte die halbvolle Schüssel neben sich. Sie wollte sich nicht ausdenken, was den Jüngsten drohte. Ein tristes Sklavendasein, bei dem sie von morgens bis abends arbeiten und nebenher die Gier der Männer befriedigen sollten. Lange würden ihre Körper das nicht mitmachen.

Araki - Krieger des NordensWhere stories live. Discover now