4 | Eine unerwartete Wendung

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„Ich kann schon verstehen, dass die alte Frau nicht wieder zurückwill." Renard sah sich in der Oasis um, nachdem sie die Tür durchschritten und die Welt der Mrs. O'Hara hinter sich gelassen hatten. „Wer will schon wieder zurück, wenn er seinen Traum leben kann?", fragte er mit Begeisterung.

„Kaum einer", nuschelte Xander und musste an seine Mutter denken, die bis zu ihrem viel zu frühen Tod die letzten Monate nur noch hier unten verbracht hatte. „Aber es gibt durchaus Menschen, die es schaffen, den Traum als eine Erweiterung ihrer Realität zu sehen und nicht als ihren Ersatz. Denn so schön diese Traumwelt auch sein mag, sie ist und bleibt genau das: ein Traum." Etwas zu heftig fiel die schwere Holztür ins Schloss.

„In welchem Traum würdest du leben wollen, wenn du die Möglichkeit hättest?", fragte Renard, als sie den Weg zurück zum großen Platz antraten, auf dem sich inzwischen kaum mehr jemand tummelte.

„Ich würde niemals einen Traum dem wahren Leben vorziehen", platzte es aus Xander heraus, doch ruderte er sogleich zurück. Er wollte nicht schlecht über seinen Arbeitgeber sprechen, nur, weil er selbst schlechte Erfahrungen mit einem Verlust gemacht hatte. Das wäre im höchsten Maße unprofessionell und vermutlich beruflicher Selbstmord.

„Träume sind Rückzugsorte für diejenigen, die in ihrem wahren Leben etwas vermissen und nicht für alle von uns das Mittel der Wahl", erklärte er nun ruhiger und warf einen prüfenden Blick auf die Ziffern seiner Anzeige am Arm. Eine große Neun prangte ihm entgegen. Noch eine halbe Stunde, dann würde er die Türen des Instituts schließen und sich in sein wohlverdientes Wochenende verabschieden. Spontan beschleunigte er seinen Schritt, um den nun leeren Platz zu überqueren und zu dem Torbogen zu gelangen, über den sie in ein paar Minuten wieder in die reale Welt zurückkehren würden.

„Und du vermisst nichts?", fragte Renard verwundert, während er versuchte mit Xanders Schritten mitzuhalten.

„Ich denke nur nicht, dass ich dir meine privaten Wünsche und Bedürfnisse nach so kurzer Zeit schon anvertrauen möchte", konterte Xander und blieb endlich vor dem großen Torbogen stehen, der die Transponder der jungen Männer erkennen und sie wieder ins echte Leben zurückschicken würde. „Von hier aus kommen wir jederzeit zurück in unsere Welt", erklärte er ausweichend. „Du hast noch deinen Transponder, den ich dir gegeben habe?"

Der Rekrut nickte und zeigte auf das kleine Gerät an seinem Oberarm. „Wie funktioniert der?", wollte er wissen.

„Das Tor wird uns erkennen und die Daten der Transponder auslesen", erklärte Xander routiniert. „Sobald unsere Zeit bei Null ist, wird sich ein Tor öffnen, durch das wir wieder zurückkommen. Im Labor befindet sich jeweils ein Gegenstück zu unseren Transpondern, der unseren Durchgang als Signal erkennt und einen weckenden Impuls an unsere Körper sendet. Da wir nur in einen leichten tranceähnlichen Schlaf gesunken sind, werden wir erwachen und können die Denkdeckel abnehmen. Easy!"

Gerade wollte Xander abermals seine Anzeige überprüfen, als Renard ihn erneut ablenkte. „Wow, schau dir diesen Sonnenuntergang über dem Kanal an! Diese Farben sehen so echt aus, als wären wir tatsächlich gerade im Urlaub und nicht in einer Simulation", staunte der junge Rekrut. Nun musste Xander doch lächeln. Auch wenn die blonde Nervensäge ihn manchmal mit ihren Fragen störte, erkannte Renard wie er die Schönheit, die dieser Ort zu bieten hatte. Nicht umsonst hatte Xander dem Ort, der in den Unterlagen des Elysiums nur als „Platz" bezeichnet wurde, den Namen „Oase" gegeben.

„Diese Sonnenuntergänge sind der Grund, warum ich immer der Letzte bin, der noch hier unten ist, wenn bereits alle anderen im Feierabend sind. Ich lege mir meine Termine oft so, dass sie bis zum Sonnenuntergang gehen, nur um ihn noch kurz genießen zu können", erzählte er schon fast verträumt, während er dem fließenden Übergang von Blau zu Lila und dann zu Rot und Orange am Himmel zusah. Ein paar fabelhaft anmutende Riesenvögel mit langen Schweifen und buntem Gefieder durchkreuzten seinen Blick und er schaute ihnen kurz andächtig hinterher. So frei wie ein Vogel sein, dachte er. Das wäre schön.

„Ich weiß", hörte er Renard neben sich fast flüstern und kam wieder ins Hier und Jetzt zurück. „Was weißt du?", fragte er irritiert. Hatte er das mit der Freiheit etwa laut gesagt? Doch Renard zog plötzlich scharf die Luft ein und drehte sich zu Xander. „Müssen wir nicht los?"

Xander nickte entspannt und sein Blick fiel auf die Uhr, als er antwortete. „Wir haben noch circa fünf Minuten, dann müssen wir zu dem Tor und... was?"

Xander hatte erwartet, eine Fünf oder wenigstens eine Vier als Ziffer auf seinem Arm zu erkennen, doch dort, wo er die Zeit bis zum Öffnen des Tores normalerweise ablesen konnte, leuchtete ein dicker roter Strich unablässig auf und verschwand dann wieder. Instinktiv schüttelte Xander seinen Arm, blinzelte mit den Augen, doch die Anzeige veränderte sich nicht. Stattdessen zeigte die Vitalanzeige daneben einen erhöhten Herzschlag ihres Trägers an.

„Das... das kann nicht sein!" Xander klopfte mit den Fingern auf die Anzeige, drehte das Handgelenk und stellte sich schließlich unter den Torbogen, an dem sich in wenigen Sekunden die hintere Wand in einen leuchtenden Schleier verwandeln sollte, durch den er und Renard gehen konnten, um wieder in den Kontrollraum zu gelangen. Doch nichts geschah. Die Wand aus Stein blieb, wie sie war. Und Xanders Herz hämmerte immer lauter gegen seine Brust. Das war unmöglich!

„Alles okay?", hörte er nun die Stimme des Rekruten hinter sich. Ungewohnte Unsicherheit breitete sich bei Xander aus und er strich sich nervös durch die schwarzen Haare. Seine lilafarbene Strähne fiel ihm sogleich wieder ins Gesicht und er atmete tief ein. Eine Angewohnheit, die hier zwar ohne lungenfüllende Konsequenzen blieb, die ihm dennoch ein paar Sekunden verschaffte, um nachzudenken.

„Es... es gibt eine kleine Verzögerung... denke ich", versuchte er mit genug Sicherheit in der Stimme zu sagen, ohne dass es dem Jungen auffiel. Konnte es wirklich sein? Konnte es sein, dass der Transponder defekt war und er nicht wieder zurückkehren konnte? Aber was war mit Renard? „Zeig mir deinen Arm!", befahl Xander und warf einen Blick auf das Gerät des Neuen. Doch schon stellte sich Ernüchterung ein. Das monotone Blinken des roten Striches trieb Xanders Panik nach oben. Es musste sich um einen globalen technischen Deffekt handeln. Einen, der sich nicht nur auf ein Gerät, sondern auf alle Geräte hier unten auswirkte.

„Okay", sagte er bewusst um Ruhe bemüht, obwohl seine Hände vor Anspannung zu Fäusten geballt waren. Er wusste, ohne funktionierende Transponder würden sie nicht durch das Tor zurück in ihre Welt kommen. „Ich glaube, wir haben ein kleines Problem!"


So, der erste Prompt von AllanRexword ist somit erfüllt und ich warte nun gespannt auf den Prompt im Februar

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So, der erste Prompt von AllanRexword ist somit erfüllt und ich warte nun gespannt auf den Prompt im Februar. Mal sehen, was die Traumwelt für Xander und Renard noch bereit hält. Denn eines ist sicher: "Alles ist möglich, wenn wir träumen!"

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