Das zweite Ungeheuer

70 6 7
                                    

Jeder von uns wachte mit einem Unbehagen im Bauch auf. Wir waren kurz davor den Sumpf zu erreichen in dem die Hydra lebte, ein Monster von dem wir nicht wussten wie wir es besiegen konnten. In der Nacht konnte ich kaum schlafen und wachte immer wieder auf, irgendwann hatte ich beschlossen das wenige was über die Hydra im Leitfaden stand nochmal nachzulesen. Natürlich stand nicht drin wie man sie besiegen konnte, nur das ihr die Köpfe abzuschlagen keine gute Idee war. Und da das noch nicht reichte, konnte sie giftige Dämpfe ausatmen. Das einzig nützliche das ich finden konnte war, dass sie wie die Sphinx gerne in Höhlen lebte, wir mussten also nach solchen Behausungen Ausschau halten. Dies teilte ich auch den anderen mit während wir bedrückt das Lager abbauten und weiter Richtung Sumpf gingen.

Am Rand des Waldes blieben wir stehen. Es sah aus als hätte jemand eine Linie durch das Land gezogen, da der Wald abrupt in den Sumpf überging. Aus dem mit Moos bedeckten Waldboden wurde Schlammiger Morast und aus den saftig grünen Bäumen wurden Modrige halbtote Baumüberreste. Doch das schlimmste war die Luft die erst frisch und kühl war und mit einem schritt in den Sumpf drückend und feucht wurde. Die feuchte Wärme schlug uns wie ein Fausthieb ins Gesicht und das Atmen fiel einem Augenblicklich schwerer als zuvor. Das Einhorn blieb ängstlich am Rand stehen. Es wollte nicht in den gefährlichen Sumpf gehen. Ich ging wieder zu ihm und streichelte sanft seinen Kopf.
„Ist schon gut, du hast uns genug geholfen, danke. Jetzt geh wieder zu deinen Artgenossen" sagte ich. Das Einhorn schnaubte bestätigend, machte kehrt und galoppierte davon. Ich sah ihm noch kurz hinterher bevor ich mit den anderen den Sumpf betrat.
„Von allem Orten in denen ich in Helios schon war... ist das hier der widerwärtigste" beschwerte sich Delwin dem es überhaupt nicht gefiel das deine Schwarzen Lederschuhe mit Schlamm bedeckt waren.
„Pst, nicht so laut oder willst du das uns hier etwas findet!? Hier lebt nicht nur die Hydra und ich habe keine Lust das Karkinos oder ein anderes Sumpfmonster noch dazu kommt" fuhr ihn Ahila an, die sich wohl auch über die Sümpfe informiert hatte.
„Was ist ein Karkinos nochmal?" fragte ich vorsichtig, da ich mir nicht alle Fabelwesen merken konnte die in den Büchern standen.
„Eine Riesenkrabbe" antwortete sie scharf. Ich erinnerte mich wieder und fragte nicht weiter. Mir genügte es zu wissen das ich den hier nicht antreffen wollte. Ich hoffte einfach, dass wir es schafften die Hydra zu besiegen und dann so schnell wie möglich von hier zu verschwinden.

Stundenlang wateten wir durch den fast Knietiefen Sumpf und hielten nach großen Höhleneingängen Ausschau.
„Das ist widerlich. Warum fliegen wir nicht durch den Sumpf?" maulte Selene nun die versuchte ihre Kleidung von Schlamm zu befreien.
„Dann können wir auch gleich ein Feuerwerk erschaffen und rufen das wir hier sind. Vom Boden aus fallen wir weniger auf ganz einfach" erklärte Kiran mit einem leicht genervten Unterton. Selene nahm die Antwort so hin und wir liefen weiter bis wie auf eine Art Insel mit festem Boden trafen. Das erste was Selene tat als wir endlich wieder festen Boden unter den Füßen hatten, war uns mit frischem Wasser abzuspritzen und uns von dem schweren Schlamm zu befreien.
„Danke Selene, das fühlt sich gleich viel besser an. So nun müssen wir nur noch die Höhle der Hydra finden" sagte ich und bemerkte die verängstigten Blicke der anderen zunächst nicht.
„Was habt ihr?" fragte ich dann als ich sie doch bemerkte.
„Schätzchen... ich glaube wir müssen nicht mehr weitersuchen" kam es von Delwin der mir mit einer Handbewegung andeutete das ich mich umdrehen sollte. Wir standen direkt vor einem gewaltigen Höhleneingang und dieser war noch größer als der der Sphinx.
„Die muss ja riesig sein" stellte Rune fest.
„Wir sollten..." fing ich an, wurde aber von einem tiefen grollen unterbrochen welches aus der Höhle kam, gefolgt von schweren Schritten die den Boden erzittern ließen. Ein Windhauch aus feuchtem Atem kam aus der Höhle und zerzauste unsere Haare. Niemand von uns bewegte sich oder traute sich etwas zu sagen.
„Ihr seid gekommen. Die die meine Schwester besiegt haben" ertönte eine triefe, kratzige Frauenstimme aus der Höhle und kurz darauf tauchte das gigantische Ungeheuer vor uns auf. Sie war riesig und ich musste meinen Kopf in den Nacken legen um zu ihren Köpfen hinaufzusehen. Ihr Körper sah nach einer eigenartigen Mischung aus Drachen und Reptil aus und ihre Haut schimmerte in tiefen Rot- und Grüntönen. Am Auffälligsten waren allerdings die neun Köpfe von denen jeder ein spitzes Schlangenmaul mit einer gespaltenen Zunge und spitzen Zähnen hatte. Doch abgesehen von den vielen Köpfen die auch sehr lange Hälse hatten, war meine Aufmerksamkeit vor allem auf einen Kopf gerichtet. Der eine Kopf der komplett aus Gold bestand. Dieser Kopf war es auch der mit uns sprach, die anderen Köpfe schienen nur fauchende Laute von sich geben zu können.
„Ihr seid hier um mich und meine Geschwister zu vernichten nicht wahr?" die Stimme der Hydra löste eine Gänsehaut in mir aus.
„Wenn es einen anderen Weg geben würde würden wir ihn gehen, aber wir müssen Kerberos finden und besiegen" rief ich zu ihr hinauf. Der Goldene Kopf lachte während uns die anderen keinen Moment aus den Augen ließen.
„Ich werde euch bestimmt nicht helfen meinen Bruder zu töten und ich werde es euch sicher nicht so einfach machen wie meine törichte Schwester" drohte sie und sah uns mit bloßer Bosheit an.
„Und jetzt erstickt an eurem Vorhaben!" die anderen acht Köpfe öffneten ihr Maul und ein grüner, giftiger Dampf trat aus ihren Kehlen hervor.
„Azura zurück!" schrie Kiran der mich an meinem Oberteil packte und wegzog. Ahila stellte sich vor uns und legte die giftigen Dämpfe mit ihrer Windmagie von uns weg.
„Du musst dich in diesem Kampf zurückhalten Azura" befahl Kiran beinahe während er meine Schultern fest im Griff hatte.
„Was!? Warum!?"
„Du hast schon bei wenigen Kriegerfeen die Kontrolle über das Zepter verloren und du bist immer noch angeschlagen. Ich will mir nicht ausmalen was das Zepter bei einem Kampf wie diesem anrichtet und schon gar nicht was es dir antun könnte... also bitte Azura... lass uns das machen" ich hörte seine Sorge und auch seine Angst. Ich wusste das ich das Zepter nicht kontrollieren konnte, doch ich wollte meine Freunde nicht im Stich lassen, doch sterben wollte ich auch nicht. Mir blieb also keine andere Wahl als zu Boden zu sehen und nachzugeben.
„Na gut" sagte ich leise. Kiran lächelte erleichtert und ging zu den anderen die nur darauf warteten das sich der Dampf verzog.

Schattenelement - Krieg der FeenWhere stories live. Discover now