Chapter 2 - Vom Bus überfahren

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Allison

Als ich heute Morgen bei der Braut ankam, konnte ich bereits einige emotionale Momente festhalten: das Einkleiden, das Schminken und einige Bilder mit ihren Brautjungfern. Emily, die Braut des heutigen Tages, verschlägt mir die Sprache. Sie ist wunderschön, und wenn ich sage wunderschön, meine ich das wirklich so.

Ihr Kleid ist angelehnt an ein Blumenmeer aus Creme. Ihre schöne Figur strahlt im Meerjungfrauen-Schnitt, und ihre blonden Haare hängen in glänzenden, großen Locken über die Schultern. Obwohl es nicht meine erste Hochzeit ist, die ich fotografieren durfte, beeindruckt mich die wunderschöne Location erneut, als ich über den Hof zur Wiese laufe, auf der die freie Trauung stattfinden soll.

Reihen von weißen Stühlen sind aufgebaut, und der Gang in der Mitte ist mit weißen Blumen begrenzt. Eine einzelne Leinwand steht vor dem Eingang, auf der gebeten wird, die Handys eingepackt zu lassen, damit die Zeremonie nicht gestört wird. So viel Mühe und so viele Details. Man sieht und spürt, dass es keine Grenzen an Kreativität, genauso wie finanziellen Mitteln, gab. Und es ist wirklich das erste Mal für mich, dass ich eine so große Hochzeit fotografieren darf.

Den Job habe ich durch den Freund meiner Mitbewohnerin und Freundin Charlotte ergattert. Dieser arbeitet bei der Zeitung und hatte daher einige Kontakte.

Auf der Wiese, die endlos scheint, wurde ein großes, offenes weißes Zelt aufgebaut. Über der Tanzfläche, die mit Paket ausgelegt wurde, hängt ein Himmel aus Lichterketten. In meinen Fingern kribbelt es, wenn ich daran denke, welche wundervollen Bilder dort entstehen werden. Um die Tanzfläche sind zwei lange Tafeln mit weißen Tischdecken, goldenem Geschirr und weißer Blumendeko aufgestellt. Auf den Tellern liegen kleine Trockenblumen sowie eine Willkommensnachricht für die Gäste der Feier. Diese Hochzeit hat alles, was man auf Pinterest findet, wenn man nach Hochzeitsdekoration sucht.

Ich gehe mit langsamen Schritten über die Wiese, damit ich nicht mit meinen Absätzen im weichen Rasen hängenbleibe. Um mich herum stehen schon einige Gäste in Grüppchen und führen rege Unterhaltungen. Auch einige Kinder rennen umher. Mit einem Schritt zurück weiche ich zwei kleinen blonden Mädchen aus. Ihre Blumenkleider wehen nur so beim Rennen.

Ich stolpere zurück und bleibe, wie eben schon befürchtet, hängen. Meine Kamera wackelt an meinem Hals, und ich versuche, mein Gleichgewicht zu halten. Doch alles, was ich wahrnehme, ist, dass ich falle.

Bis ich eine Hand in meinem Rücken spüre, die mich direkt wieder in aufrechter Position drückt. Das alles passiert in Sekundenschnelle. Meine Haare fallen mir ungeschickt ins Gesicht, und ich streiche sie schnell hinter mein Ohr, bevor ich in die blauen Augen meines Retters schaue.

"Das wäre ja fast schiefgegangen. Ist alles okay bei Ihnen?",
spricht mich die männliche Person vor mir an, während diese seine Hand von meinem Rücken nimmt und sein Sakko etwas herunterzieht, was sich bei seiner Rettungsaktion verschoben hat. Perplex schaue ich ihn an. Und auch wenn ich noch unter Schock stehe, kommt mir dieses helle Blau in seinen Augen bekannt vor. Während ich also wieder richtig in meine Schuhe schlüpfe und dabei versuche, mein Gleichgewicht zu halten, antworte ich ihm:

"Ja, ich bedanke mich... Fast wäre mein Job schon zu Anfang gescheitert, was wirklich schade gewesen wäre, bei dieser wunderschönen Braut."

Mein Ton ist beabsichtigt höflich. Meine Augen wandern kurz hoch und runter. Er trägt einen schwarzen Anzug, darunter ein weißes Hemd und eine Fliege. An seiner Brust ist die passende Blume, die auch den Weg zum Altar schmückte.

"Warte mal... Alli, bist du es?"

Er blinzelt mich ungläubig an, während es nun auch bei mir dämmert und meine Lippen sich zu einem sanften Lächeln wandeln.

"Nein, was für ein Zufall. Ethan. Das ist ja lange her."
Keine Ahnung was ich da sage, was sagt man in so einer Situation?

Seine blauen Augen strahlen mich an, und als seine Lippen sich zu einem breiten Grinsen öffnen, sehe ich keine Zahnspange mehr. Ich muss ehrlich sagen, ich fühle mich wie von einem Bus überfahren. Ethan ist mittlerweile fast einen Kopf größer als ich. In dem Anzug sieht er wirklich gut aus, seine Statur ist sportlich, aber schlank. Seine Haare sehen etwas heller aus, und statt dass sie wie damals nur total durcheinander lagen, sind sie nun hochgestylt. Kleine Bartstoppeln zieren sein Kinn.

Es ist erschreckend, wie schnell ich mir das Aussehen von einer Person einprägen kann.

"Du fotografierst also heute die Hochzeit meiner Schwester? Sie hatte mir erzählt, dass sie eine Fotografin empfohlen bekommen hatte, aber sie hat mir nicht erzählt, wie sie heißt."

Er schaut mir direkt in die Augen, bevor auch sein Blick flüchtig von oben nach unten geht. Mein dunkelgrünes Kleid geht ab dem Bauch fließend zu Boden. Ich habe die gleichen Farben an wie die Brautjungfern, so hat es sich die Braut gewünscht. Das Oberteil des Kleides hat etwas wie ein Wickel-Oberteil, der Ausschnitt ist V-förmig. Ich kann mir vorstellen, dass es im Anzug ganz schön warm ist. Es sind bestimmt 26 Grad. Bevor ich antworten kann, beginnt die ausgewählte Pianomusik durch die Boxen zu dringen, die geschickt in die Deko eingearbeitet wurden. Ich spüre, wie mein Magen vor Aufregung rumort, als ich meine Kamera startbereit mache. Ich ziehe den Kameragurt über meinen Kopf, da ich weiß, dass ich gleich Bewegungsfreiheit brauche.

Ethan verabschiedet sich so schnell, dass ich nicht in der Lage bin, mich zu verabschieden. Auch er muss scheinbar an seinen Posten, der direkt neben dem Altar ist, wo auch schon die anderen Brautjungfern sich aufreihen.

Als ich über die Wiese schaue, sehe ich am Beginn des Ganges einen kleinen Jungen in einem Anzug und einem Korb in der Hand. Neben ihm ein kleines Mädchen mit blumenbesticktem Kleid und demselben Korb. Beide würde ich auf fünf oder sechs Jahre alt schätzen. Zum Altar geblickt, steht der Bräutigam mit dem Rücken zu mir. Wahrscheinlich, um seine Braut nicht zu früh zu sehen. Ich beginne direkt damit, diese besonderen Augenblicke festzuhalten. Dabei ist mir nichts zu blöd, und das meine ich nicht nur so. Ich bücke mich, knie oder stelle mich direkt hinter den anderen Gästen auf, nur um den perfekten Moment einzufangen. Dieses Kleid ist dafür aber verdammt nochmal unvorteilhaft.

Nach einigen Minuten stehen Bräutigam und Braut unter ihrem Blumenbogen und küssen sich. Einige Tränen fließen, und ich kann mich nicht davon freisprechen. Die Liebesgelübde sind einfach nur zum Flennen. Während ich versuche, das perfekte Kussbild einzufangen, schaue ich nur einen kleinen Moment aus meinem Fokus heraus zu Ethan, der mich mit seinen eindringlichen blauen Augen und einem verschmitzten Grinsen anblickt.

Erst als alle neben mir jubeln, kann ich mich aus diesem Blick befreien und schieße direkt ein Bild von dem küssenden, nun verheirateten Paar. Meine Wangen röten sich etwas. Ich meine, er sieht nun mal wirklich gut aus. Und ich habe die Sorge, dass jemand unseren Blick irgendwie beobachtet hatte. Ich muss hier professionell auftreten. Das ist eine große Chance für meine zukünftige Karriere. Aber wahrscheinlich überdenke ich die Situation einfach komplett. So wie so oft, als typische Überdenkerin.

Als Braut und Bräutigam nach drinnen verschwinden, entschließe ich mich, ihnen einen Moment zu geben, auch weil ich zuvor schon einige Paarfotos geschossen habe, und lasse meine Kamera nun wieder von meinem Hals baumeln. Die Gäste setzen sich in Bewegung und gehen nun zur eigentlichen Location hinüber.

"Und hast du genügend Stunts hinter dich gebracht? Oder soll ich dir helfen und hochheben, damit du eine bessere Sicht hast als auf dem Boden?"

Ich zucke zusammen, da die Stimme direkt neben mir ertönt. Mit einem Blick zur Seite ist der Übeltäter Ethan, der mir einen Sekt entgegenhält. Auf seinen Lippen erscheint genau das gleiche freche Schmunzeln, das ich auch aus unseren gemeinsamen Schulzeiten kenne.

"Wow, du bist ja immer noch ein ganz schöner Angsthase."

{ Herzlich Willkommen ihr Lieben 🫶🏻 Hinterlasst gerne Tipps.
Es können Rechtschreibfehler auftauchen. Sowie Fehler bei Zeitformen oder auch bei der Komma Setzung.
Ich versuche mein bestes.

Ich freue mich das Du her gefunden hast.  Das hier war zuvor eine Fanfiction, nun aber nicht mehr. :)

Begleite mich gerne auf meinem Wege, meine Hobbies zu einem Roman zusammen zu führen.  🫶🏻}

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