Blame It On The Snowglobe

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Taehyung, der das ganze Spielchen natürlich genauestens beobachtet hatte, wirkte wie eine Katze, der man gerade eine volle Schüssel Sahne vorgesetzt hatte. »Ich warte auf mein Danke«, grinste er, während er sich seinen überdimensionalen Schal um den Hals wickelte.

»Halt den Mund«, sagte Jeongguk nur und griff nach der Schneekugel, die nach wie vor auf dem Tisch stand. Kurz erwog er, sie einfach dort zu lassen, doch dann entschied er sich dagegen. Auf eine verquere Weise war sie schließlich einer der Gründe, warum Jimins Handynummer nun in seiner Tasche steckte und irgendwie kam es ihm falsch vor, sie jetzt nicht mitzunehmen. Egal wie kitschig und fürchterlich er sie auch fand.

***

Jeongguk brauchte bis zum 16. Dezember und damit geschlagene drei Tage, bis er es schaffte, sich endlich davon zu überzeugen, dass es eine gute Idee war, Jimin eine Nachricht zu schreiben. Gut, genau genommen war es eigentlich Taehyung, der ihn davon überzeugte. Und faktisch überzeugte er ihn auch gar nicht, sondern nötigte ihn regelrecht dazu, weil er sich Jeongguks Gejammer nicht mehr antun wollte – so lautete zumindest seine Wortwahl. In Wahrheit hatte Jeongguk allerdings gar nicht so sehr gejammert. Er hatte lediglich seine daran Zweifel geäußert, dass es eine gute Idee war, Jimin anzuschreiben. Immerhin kannten sie sich gar nicht und vielleicht bereute der Barista bereits, dem Studenten seine Nummer gegeben zu haben.

Taehyung hatte daraufhin nur den Kopf geschüttelt. »Die Art wie er dich angesehen hat, war ziemlich eindeutig, glaub mir. Und du hast genauso heißblütig zurückgeguckt. Zwischendurch hab ich echt das Gefühl gehabt, euch bei was Verbotenem zu beobachten.« Dann hatte er Jeongguk ohne ein weiteres Wort das Handy in die Hand gedrückt und ihm befohlen, Jimin doch endlich eine verfluchte Nachricht zu schicken.

Gesagt, getan und jetzt starrte der Student schon seit geschlagenen fünf Minuten auf das Display seines Mobiltelefons, während er im Bus auf dem Weg nach Hause saß. Es war bereits über drei Stunden her, seit er Jimin auf Taehyungs Drängen hin aus dem Hörsaal seiner Uni geschrieben hatte, doch der Barista hatte bisher noch nicht geantwortet und so langsam bereute Jeongguk sein Tun. Vor allem, als er sich noch einmal seine Nachricht durchlas.

Jeongguk [16:05 Uhr]: Hi Jimin, hier ist Jeongguk. Du weißt schon, der Schneekugeln hassende Typ mit dem etwas zu redseligen besten Freund aus dem Café von vor ein paar Tagen. Es tut mir leid, dass ich mich erst so spät melde, aber ich war mir echt unsicher, ob du es hinterher nicht eventuell doch bereut hast, mir deine Nummer gegeben zu haben. Immerhin scheinst du, im Gegensatz zu mir, ziemlich viel für Schneekugeln übrig zu haben und vielleicht bist du ja deshalb inzwischen zu dem Schluss gekommen, dass sich Gegensätze doch nicht so sehr anziehen wie gedacht. Was ich allerdings sehr schade fände...

Er hatte an den letzten Satz zwar noch einen dieser Emojis mit der Lachträne über dem linken Auge angefügt, doch je häufiger er sich seine geschriebenen Worte durchlas, desto mehr schämte er sich dafür. Sie wirkten plump und irgendwie billig und er hatte das Gefühl, mit ihnen ein ganzes Stück übers Ziel hinausgeschossen zu sein. Allein schon dadurch, dass er voraussetzte, dass Jimin ihn ‚anziehend' gefunden hatte. Und ihm zeitgleich durch die Blume mitteilte, dass es ihm selbst ähnlich ergangen war. War das nicht zu viel zu viel für eine erste Nachricht an einen Typen, mit dem man bisher nicht mehr als ein paar Sätze gewechselt hatte?

Aber irgendwo muss man ja anfangen, ertönte da plötzlich eine Stimme in seinem Kopf, die verdächtig nach Taehyung klang. Wenn jeder so denken würde wie du, dann gäbe es heute wahrscheinlich kaum noch glückliche Paare auf dieser Welt.

Ja, vermutlich war das so und eigentlich war sich Jeongguk auch sonst nicht zu schade dafür, Dinge zu tun, über die er vorher nicht großartig nachdachte – der Schneekugelkauf beispielsweise – aber in dieser Situation hier... da fiel es ihm unerwartet schwer, seine Zweifel zu überhören. Ohne viel dafür zu tun, hatte Jimin Jeongguk auf eine Art fasziniert, wie noch kaum kein anderer vor ihm und das letzte, was der Student wollte, war, das zu verkacken, bevor es überhaupt angefangen hatte. Was immer dieses ‚das' auch war, für das er da noch auf der Startlinie stand.

Blame It On The Snowglobe I jikookWhere stories live. Discover now