Zurück nach Hause

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Zoe Dumbledore lag wach.

Noch immer.

Seit Stunden schon, so kam es der Fünfzehnjährigen zumindest vor, lauschte sie dem leisen Surren und gelegentlichen Klimpern der Geräte ihres Großvaters, aus dem angrenzenden Büro. Ansonsten war es still.

Totenstill beinahe.

Das Herz wurde ihr schwer und ihre Gedanken glitten unwiderruflich zu Cedric Diggory, der nun schon seit fast zwei Wochen verstorben war. Der Trimagische Hogwartschampion, war seit dem dritten Schuljahr Zoes heimlicher Schwarm gewesen und so traf sie dieser plötzliche unvorhersehbare Tod noch immer. Seine starr in den Himmel blickenden Augen tauchten andauernd in ihren Gedanken auf. Die Reflexion der Sterne, in diesem toten Blick und der leicht, vor Verblüffung geöffnete Mund.

Stumm vergoss die Slytherin eine Träne, die lautlos auf ihr Kopfkissen topfte.

Konnte das Sterben um sie herum nicht endlich aufhören?!

Vor fünf Jahren erst hatte sie ihre Zieheltern, bei denen sie von Kindesbeinen an aufgewachsen war, verloren. Sie waren unter mysteriösen Umständen in ihrem Haus in Albanien tot aufgefunden worden. Nur Zoe war unversehrt geblieben – zumindest körperlich, denn man hatte ihr unwiderruflich Erinnerungen aus dem Geist entfernt.

Seit diesem Unglück, befand Zoe sich in der Obhut ihres Großvaters und von jenem Tag an war Hogwarts ihr Zuhause geworden.

Zoe erinnerte sich kaum mehr an ihre Zeit in Albanien. Die Bilder in ihrem Kopf waren so irreal und einfach verblasst. Sie wusste noch, dass das kleine Haus, mit dem großen Garten am Rande eines Waldes gestanden hatte. Doch jedes Mal, wenn Zoe versuchte, sich an Details zu erinnern, entglitten sie ihr wieder, bevor sie ein lebhaftes Bild werden konnte.

Irgendwo im Schloss schlug eine Uhr zur vollen Stunde. Die Slytherin zählte die Schläge mit und stellte fest, dass es bereits drei Uhr in der Frühe war und noch immer war ihr Großvater nicht zurückgekehrt. Er war beinahe jeden Tag unterwegs und blieb oft bis mitten in der Nacht fort. Dieser Umstand trug dazu bei, dass sich so so einsam fühlte. Das große leere Schloss und die unendlichen Ländereien taten ihr Restliches.

Unruhig warf Zoe sich zur Seite und dachte wieder an Cedric. Wie trostlos mochte es für seine Eltern nun sein, wo doch ihr einziger Sohn gestorben war? Wie fühlte es sich an, die üblichen Räumlichkeiten zu betreten in der die geliebte Person fehlte?

Zoe wusste es nicht. Sie hatte ihre Heimat seit dem Ableben ihrer eigenen Eltern nicht mehr besucht. Dabei vermisste sie es so sehr. Doch, je länger sie darüber nachdachte, desto unsicherer war sie sich. Vermisste sie ihr einstiges Zuhause oder vielmehr ihr altes Leben. Damals, hatte sie alles Glück der Welt besessen, ohne dass es ihr bewusst gewesen war. Zoe war geliebt und geborgen in einem fürsorglichen Umfeld fernab von Nöten aufgewachsen. Sie war behütet gewesen, doch das schien bereits ein halbes Leben her zu sein.

Ihr Unterarm brannte unangenehm, aber Zoe zuckte nicht einmal. Sie hatte sich an den gelegentlichen Schmerz und die Überraschung gewöhnt. Immerhin etwas, an das sie sich hatte gewöhnen können, wo ihr doch all die verlorenen Menschen noch immer so sehr fehlten.

Ein Geräusch aus dem Büro ließ sie den Atem anhalten. Zoe lauschte. Die Tür war aufgegangen und der Schein der Kerzen drang sanft bis in den Flur vor ihr Zimmer heran. Jemand hatte das Schulleiterbüro betreten und das Mädchen erkannte ihren Großvater am Gang, wenngleich seine Schritte schwerer und müder wirkten als üblich. Sie hörte, wie er seine Tasche abstellte und den Reiseumhang ablegte. Es folgte das Klirren von Geschirr und nur wenige Atemzüge später, vernahm sie, wie er den Flur zu seinen privaten Räumen betrat.

Hastig schloss Zoe die Augen und bemühte sich um einen gleichmäßigen Atem, während sie so tat, als würde sie schlafen. Sie hörte, wie ihr Großvater im Rahmen ihrer Tür stehen blieb. Hörte seine Atemzüge, als er auf sie hinabsah, bevor er vorsichtig die Tür hinter sich zuzog und zurück in sein Büro ging.

Zoe Dumbledore und die Schatten der VergangenheitWhere stories live. Discover now