Kapitel 5 - Zauberstäbe

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Amina lief in Richtung des Zauberstabladens und öffnete die Tür. Eine Klingel kündigte sie an. Sie konnte den Zauberstabmacher hinter einigen Regalen wahrnehmen und wartete geduldig, bis er zu ihr in den Verkaufsraum trat. Es war merkwürdig, in dem Laden zu stehen, in dem sie vor so vielen Jahren ihren Zauberstab bekommen hatte. Es hatte sich nicht viel verändert. Die Stäbe schienen untereinander leise zu flüstern. Als Kind hatte sie dieses Flüstern nicht verstanden. Heute wusste sie, dass es mit ihrer Legilimentik zusammenhing.

„Frau Professor Tahnea. Es ist schön, dass Sie meiner Einladung von unserem letzten Treffen folgen konnten.", sagte der alte Mann zur Begrüßung. Sie hatte ihn das letzte Mal in Hogwarts gesehen, als er für die Eichung der Zauberstäbe der Champions da war. Damals hatte er ihr angeboten, mal auf einen Tee bei ihm vorbeizukommen und an diesem Tag war sie dieser Aufforderung nachgekommen.

„Wie geht es Ihnen, Mr. Ollivander?", fragte Amina, nachdem sie sich auf einen Stuhl im Hinterzimmer des Ladens gesetzt hatte. „Gut gut, meine Liebe und Ihnen? Sie sind bestimmt auch in die Sache mit dem-dessen-Namen-nicht-genannt-werden-darf verstrickt, oder?", fragt der Zauberstabmacher freundlich. Amina nickte. „Wenn man in Hogwarts arbeitet, ist es unumgänglich, dass man in die Angelegenheiten des Schulleiters zumindest zu einem gewissen Teil mit hineingezogen wird." „Da haben Sie wohl recht. Ich für meinen Teil glaube Dumbledore. Er hat sich bei so etwas noch nie geirrt." „Es wird ihn sicher freuen, das zu hören. Kommen trotz der Situation viele Leute in Ihren Laden?" Sie versuchte ein wenig weg von dem Thema zu kommen.

„Oh ja, die Leute glauben zum Großteil dem Ministerium. Sie tun so, als wäre nie etwas gewesen.", bestätigte der Zauberer. „Verstehe. Sagen Sie Mr. Ollivander, Sie haben damals, als wir uns begegneten, gesagt, ich sei eine loyale Person. Haben Sie das aus meinem Zauberstabholz geschlossen?", fragte sie ihn interessiert. Sie hatte schon lange auf eine Gelegenheit gewartet, ihn danach zu fragen. Er schaute sie mit seinen silbrigen Augen durchdringend an. „Da haben Sie vollkommen recht. Jedes Zauberstabholz aber auch der Kern lassen Rückschlüsse auf ihren Besitzer zu. Deshalb ist es wichtig, dass der Zauberstab seinen Zaubernden aussucht und nicht umgekehrt.", erklärte er ihr geduldig. Sie nickte.

„Denken Sie, dass Zauberstäbe eine Art der Legilimentik beherrschen?" „Legilimentik? Das ist eine gute Frage. Auf eine gewisse Art bestimmt, aber ich gebe zu, dass mir diese Art der Magie nicht genug vertraut ist, um es sicher sagen zu können.", überlegte er. „Kennen Sie sich mit Legilimentik aus?", fragte er dann nach einigen Sekunden des Schweigens. Sie nickte. „Ich bin von Geburt an eine Legilimentorin. Ich fand es interessant, dass ein Zauberstab instinktiv seinen wahren Zaubernden erkennen kann. Es erinnerte mich an meine Fähigkeit, Lügen zu erkennen.", erklärte sie ihm.

„Ja, das können Sie gut miteinander vergleichen. Vielleicht können Sie einen Zauberstab auch einfach nach seiner Zugehörigkeit fragen. Probieren Sie es doch mal mit ihrem.", sagte der Mann begeistert. Sie zog ihren Zauberstab und besah ihn sich genau. Die Verbundenheit, die sie mit ihm hatte, bemerkte sie immer. Dies taten jeder Zauberer und jede Hexe bei dem jeweiligen Zauberstab oder nicht? Mehr spüren als das? Ging das überhaupt? Sie konzentrierte ihre Legilimentik auf den Stab. Nichts passierte. „Nein, ich spüre die Verbundenheit zwischen ihm und mir aber mehr nicht.", sagte sie.

Der durchdringende Blick des Zauberstabmachers traf ihren. „Aber das ist doch schon etwas. Die meisten bemerken diese Verbundenheit nur, wenn sie sich ihren Zauberstab aussuchen. Hier versuchen Sie es mal mit meinem.", sagte er und reichte ihr vorsichtig seinen Zauberstab. Sie spürte sofort, dass es nicht ihrer war. Zusätzlich richtete sie ihre Legilimentik auf ihn. Tatsächlich spürte sie die Verbundenheit des Stabs mit dem Zauberer. Sie sah ihn überrascht an.

„Ich weiß, dass er zu Ihnen gehört. Diese Verbundenheit ist wie ein Band zwischen Zauberstab und Zauberer." „Exakt. Die meisten Menschen verstehen diese spezielle Verbindung nicht. Zauberstäbe sind einzigartig, so wie die Menschen, die sie benutzen. Es gibt sogar Zauberstäbe, die leben sich mit ihrem Besitzer auseinander. Es kommt selten vor, aber auch diese Fälle gibt es." „Aber was passiert, wenn der Zauberstab in den Besitz von jemand anderem wechselt? Bei einem Familienerbstück zum Beispiel oder wenn eine Person den Zauberstab eines anderen stiehlt. Dient dieser Zauberstab dann nicht mehr seinem ursprünglichen Zaubernden?", fragte Amina.

„Oh, das kommt ganz auf den Zauberstab an. Es gibt viele Zauberstäbe, die bleiben ihrem Herrn treu, auch wenn er besiegt wurde. Gerade Familien-Zauberstäbe fühlen sich der ganzen Familie und nicht nur einem Zaubernden verbunden. Ich denke jedoch, dass Zaubernde nur ihre ganze Macht entfalten können, wenn der Stab ausschließlich einer Person dient. Ihrer zum Beispiel hält, wie Sie auch, die Treue. Er würde sie nie verraten. Es entspricht weder seinem noch Ihrem Charakter.", lächelte der Zauberer. „Faszinierend." Amina sah auf ihren Zauberstab. „Ja, die Zauberstabkunde ist ein vielseitiger Zweig der Magie. Es wurde bei Weitem noch nicht alles erforscht." Er sah verträumt in seine Teetasse.

Plötzlich ertönte das Klingeln der Ladentür. „Was denken Sie, wollen Sie es bei einem neuen Zaubernden und seinem Stab probieren?", fragte er mit einem neugierigen Blitzen in den Augen. „Das würden Sie erlauben?", fragte sie überrascht. „Aber natürlich. Ich bin immer an neuen Erkenntnissen interessiert. Warten Sie hier. Ich komme gleich wieder.", sagte er und ging in den Verkaufsbereich, um den Kunden zu begrüßen. Ein Mädchen mit ihren Eltern, wie Amina bereits wusste.

Sie versuchte ihren Geist auf den Laden auszuweiten und eine Verbindung zwischen dem Mädchen und einem der Stäbe zu finden. Doch es waren unglaublich viele Zauberstäbe in dem Laden und alle schienen Aminas Aufmerksamkeit zu wollen. Das Flüstern der Stäbe war lauter geworden als das Mädchen den Laden betrat. Als wüssten sie, dass die Kleine noch keinen Zauberstab besaß.

Nach einigen Minuten tat sich einer besonders hervor. Er schien praktisch nach dem Mädchen zu schreien. Amina lief neugierig zu dem Zauberstab und holte die Schachtel vorsichtig aus dem Regal. „Haben Sie schon einen gefunden?", fragte Mr. Ollivander sie interessiert, als er wenig später in den hinteren Teil seines Ladens zurückkehrte. Sie nickte. „Der hier schien lauter zu rufen als die anderen, als das Mädchen eintrat.", erklärte sie. „Dann wollen wir es doch mal probieren.", sagte er lächelnd und nahm ihr behutsam die Schachtel aus der Hand.

Einige Minuten später kam er wieder. „Sie hatten vollkommen recht. Der Stab passte zu ihr wie kein zweiter. Anscheinend hatten Sie mit Ihrer Legilimentik-Vermutung recht. Das würde zumindest auch erklären, wie ein Zauberstab einen unausgesprochenen Zauber spüren kann." „Konzentriert der Zauberstab den Zauber denn nicht nur?", fragte sie ihn. „Nein, nicht nur. Er führt ihn auch in die richtige Richtung. Ich bin mir sicher, dass der Zauberstab den Zauber kennt, sobald der Zauberer daran denkt und nicht erst, wenn er ihn wirkt. Umso besser Zauberstab und Führer miteinander harmonieren, desto flüssiger wird der Zauber ausgeführt." „Eine Theorie, die es zu verfolgen wert ist.", stimmte sie ihm zu.

Nach über drei Stunden bei den Zauberstabmacher verabschiedete sich Amina von diesem, um ihre Einkäufe in der Buchhandlung und der Apotheke zu erledigen. Die Zwillinge traf sie dabei auch einige Male, bevor sie sich alle zum Essen trafen.

Erst kurz vor dem Abendessen betraten die drei wieder das Haus am Grimmauldplatz Nummer zwölf.

Die Alchemistin - Bis in den TodWhere stories live. Discover now