Kapitel 8

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Für einen kurzen Augenblick überlege ich, ihn doch noch länger hin zu halten, entscheide mich dann aber dagegen. „Na gut, na gut. Vermutlich würdest du auch bei dem zehnten Versuch nicht darauf kommen. Mein absoluter Lieblingssong von dir ist 'Home'" Ich blicke in Paddys verblüfftes Gesicht. Damit scheint er nicht gerechnet zu haben. „Ach wirklich? Das wundert mich jetzt aber sehr. Darauf wäre ich wahrscheinlich wirklich nicht gekommen. Weißt du, diesen Song zu schreiben, war ein so ein wunderbarer Prozess. Jedes Wort und jede Metapher darin fühlte sich beim Songwriting so richtig an und jede Silbe kam einfach mitten durch mein Herz direkt aufs Papier geflossen. Das war echt magisch. Ich habe einen Song selten so schnell geschrieben und gefühlt, wie diesen. Das berührt mich jetzt gerade sehr, dass du diesen Song nennst. Warum ist er dein Lieblingssong?" Seine Rührung lässt mich nicht kalt und ist deutlich spürbar. Die Stimmung an unserem Tisch verändert sich dadurch und wir entfernen uns von dem neckenden Spielchen, hin zu einem tiefgründigen Gespräch. Die passenden Worte zu finden ist gar nicht so leicht. „Hm.. das ist für mich wirklich nicht einfach zu erklären. Als ich diesen Song das erste Mal gehört habe, war ich gerade in einem Park spazieren und habe augenblicklich angefangen zu weinen. Ich war selbst sehr überrascht von meiner körperlichen Reaktion auf diesen Song. Ein Gefühl von Verbundenheit machte sich in mir breit. Von deinen Worten habe ich mich unfassbar verstanden gefühlt. Du hast meine Einstellung zum Leben beziehungsweise zum Tod in so unglaublich passende Worte gehüllt, dass es mich umgehauen hat. Durch viele Interviews, die du gegeben hast weiß ich, wie religiös und gläubig du bist. Auch für mich spielt Gott eine große Rolle in meinem Leben, wenn auch vermutlich auf eine andere Art und Weise wie für dich."

Paddy sieht mich mit einem durchdringenden Blick an und ich habe das Gefühl er hört mir so aufmerksam zu, wie schon lange niemand mehr. „Wow. Das ist ein großes Kompliment, das du mir da machst. Das hatte ich nicht erwartet. Möchtest du mir erklären, was du damit meinst, dass Gott für dich auf eine andere Art und Weise wichtig ist?" Ich bin etwas überrascht und gleichzeitig sehr erfreut darüber, dass er unser Gespräch in diese Richtung lenkt und mehr erfahren möchte. „Klar, gerne mache ich das. Du musst wissen, ich habe mich in den letzten Jahren viel mit der Frage auseinandergesetzt weshalb ich hier auf dieser Erde bin, aber auch was wohl kommen mag, wenn ich sie wieder verlasse. Um eine Antwort darauf zu finden, habe ich an den unterschiedlichsten Stellen gesucht. Unteranderem auch in der Bibel, die mir zwar tolle Impulse geben konnte, doch nicht DIE eine für mich passende Antwort gab. Letztendlich würde ich sagen, habe ich mir meine ganz eigene Antwort aus den unterschiedlichsten Religionen und spirituellen Ansichten zusammengesetzt, die für mich stimmig ist." Paddy blickt mir weiterhin tief in die Augen und ich habe das Gefühl, er verstehe jedes meiner Worte und die Botschaft, die ich damit transportieren möchte. „Das klingt faszinierend, was du da erzählst. Ich glaube ganz fest an das Gesetz der Resonanz und daran, dass jeder Mensch das anzieht was ihm entspricht. Und genauso verhält es sich auch bei der Glaubensfindung. Jeder darf an das glauben, was für ihn passt." Die Worte aus seinem Mund klingen voller Weisheit. „Das was du da sagst, Paddy, kann ich sehr gut nachempfinden. Ich denke Gott begegnet uns Menschen auf den unterschiedlichsten Wegen und es geht nicht darum wie er zu uns spricht, sondern wer ihm wirklich zuhört." Paddy hat so eine ruhige Ausstrahlung, die mich weiterhin wahnsinnig fasziniert. „Da bin ich völlig bei dir, Katharina. Es gib jeden Tag unzählige Momente in denen Gott uns begegnet und diese Begleitung von meinem unsichtbaren Regisseur, wie ich ihn immer nenne, gibt mir unglaublich viel Kraft." Ich klebe förmlich an seinen Lippen und jedes Wort von ihm, lässt mich mehr und mehr eine Verbundenheit zwischen uns spüren. Wenn er dann auch noch meinen Namen nennt, schmilzt mein Herz fast völlig. Die Stimmung zwischen uns ist einfach nur wunderbar.

Unser Gespräch vertieft sich immer mehr so, dass wir das Essen etwas vernachlässigen, weil wir uns so gut unterhalten. Dann werden wir von der Kellnerin unterbrochen, die uns zwei Speisekarten reicht und uns bittet unsere Hauptspeise zu wählen. Die Karten sind riesig und haben die Form eines großen Buches, hinter dem Paddys Gesicht fast komplett verschwindet. Er schiebt die Karte zur Seite und beugt sich zu mir herüber und flüstert: „Also wenn ich ehrlich bin, ist mir das Essen hier etwas zu vornehm und abgehoben, ich mag es lieber einfach und bodenständig. Aber wollen wir mal nicht so sein." Paddy lacht in meine Richtung und ich finde es unglaublich sympathisch. „Oh, zum Glück sagst du das. Mir geht es genauso. Ich bin leider etwas mäkelig beim Essen und gefühlt hat jedes Gericht irgendeine Zutat, die ich nicht mag. Mir ist es aber zu unangenehm bei jedem Gang eine Extrawurst zu bestellen." Ich lächle ihn leicht verlegen an und bin sehr erleichtert als er sagt: „Ach was. Ich mag den ganzen Schnick Schnack hier doch auch nicht. Was meinst du, sollen wir einfach die Linguine mit Lachs nehmen?" „Gute Idee, machen wir so." Ganz Gentlemanlike bestellt Paddy für uns beide den Hauptgang und ohne mich zu fragen, lässt er nochmal zwei Bier nachliefern.

„Oh je, willst du mich abfüllen?" platzt es aus mir heraus und für eine Millisekunde schäme ich mich, das gerade gesagt zu haben und werde leicht rot. „Oh sorry, das sind meine irischen Gene. Sobald ein Bier leer ist, muss es wieder aufgefüllt werden. Wolltest du keins mehr?" Paddy lächelt mich an und wartet auf meine Antwort. „Doch, doch. Ist schon okay. Aber den Alkohol spüre ich wohl schon. Nicht, dass ich dich hier heute noch voll lalle." Ich lache ihn an und spüre, wie ich mit jedem Satz sicherer im Umgang mit ihm werde. Insgeheim bin ich sehr überrascht und gleichzeitig wahnsinnig froh darüber, wie gut wir uns verstehen und wie sehr wir den gleichen Humor teilen. Das tut sehr gut und macht Spaß.

Ich greife das Gespräch wieder auf. „Paddy, weißt du, dass ich auch irische Wurzeln habe?" Er blickt mich mit großen, überraschten Augen an und grinst. „Wirklich? Das ist ja verrückt. Wobei dich dein rötliches Haar eigentlich auch hätte verraten können." Unser Hauptgang wird nun zu Tisch gebracht und es duftet herrlich. „Meine Haare sind zwar gefärbt aber psssst! nicht verraten" Ich lege meinen Zeigefinger auf meine zusammengepressten Lippen und zwinkere ihm zu. Ob meine Geste wohl zu flirty wirken könnte? Dieser Gedanke verfliegt schnell als er mir ein Kompliment macht. „Ganz egal ob echt oder nicht, die Haarfarbe steht dir unglaublich gut und du bist wunderschön." Hat er das gerade wirklich gesagt? Ich traue meinen Ohren kaum. Warum mache ich mir eigentlich Gedanken darüber, ob meine Äußerungen zu flirty sind? Er flirtet hier augenscheinlich gerade mit mir!

Mehr als ein „Dankeschön." bekomme ich als Antwort nicht raus. Dann fahre ich fort. „Also ganz so irisch wie du bin ich zwar nicht, da ich hier in Deutschland geboren bin, aber mein Großvater stammt aus Irland. Daher auch mein Nachname Morris. Leider ist er bereits vor meiner Geburt verstorben und ich habe ihn nie kennenlernen dürfen. Aber Irland habe ich schon oft bereist." „Das mit deinem Großvater tut mir leid. Aber wie schön, dass du dir Irland anschauen konntest. Was magst du an dem Land am meisten? Welche Gegend gefällt dir am besten?" Mich überrascht es immer wieder, wie viel Raum mir Paddy in unserem Gespräch gibt und ich habe auch das Gefühl, ihn interessieren meine Antworten tatsächlich und er fragt nicht nur aus Höflichkeit. „Puh, das ist gar nicht leicht für mich zu beantworten. Da muss ich erstmal überlegen." „Ja mach das ganz in Ruhe, ich verschwinde in der Zeit mal kurz." grinsend steht er auf und läuft zur Toilette.

Für mich fühlt sich das gerade wie eine kurze Auszeit an. Ich bin so sehr in unser Gespräch vertieft, dass ich um mich herum nichts mehr mitbekomme. Mein Blick schweift umher und ich versuche zu verstehen, was hier gerade passiert. Ich schnappe mir mein Handy und tippe eine Nachricht. „Julia, es ist der Wahnsinn. Unser Abend verläuft sooooo gut, das glaubst du nicht. Er ist so nett und sympathisch und er hat gerade sogar kurz mit mir geflirtet!!! Und er sieht so gut aus. Ich dreh durch!!" Als ich die Nachricht absende, kommt mir David in den Sinn. Ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber macht sich in mir breit. Darf ich Paddy so anhimmeln, während er zuhause sitzt und sich vermutlich auch fragt wie mein Abend verläuft?


One Night only... || Michael Patrick Kelly FanfictionWhere stories live. Discover now