Jahr 5: Kapitel 11 - Das Geschenk

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Mitten in der Nacht wachte Amina durch ein lautes Poltern und Kreischen auf. Müde öffnete sie ihr Auge. „Severus? Hörst du das auch?", murmelte sie. „Ja. Bleib liegen. Ich seh mir an, was los ist.", sagte er und stand auf. Nur mit seinem grauen Nachthemd bekleidet verließ er Aminas Schlafzimmer. Sie schloss wieder die Augen. Nach einigen Minuten hörte der Krach auf und sie schlief wieder ein.

Als sich die Matratze neben ihr senkte, wachte sie erneut auf. „Was war los?", nuschelte sie müde. „Ich erzähl es dir morgen. Schlaf jetzt.", sagte er leise. Sie nickte und kuschelte sich an ihn, bevor sie wieder einschlief.

Am nächsten Morgen erzählte Severus ihr von seiner Begegnung mit Filch und Alastor. Filch hatte ein goldenes Ei gefunden, das wohl die Treppe heruntergefallen war und dabei aufging. Severus war sich sicher, dass Potter unter seinen Tarnumhang anwesend war. Er hatte die Karte des Rumtreibers erkannt. Außerdem hatte jemand den neuen Schutzzauber auf seinem Büro gebrochen. Damit war für Amina klar, dass es sich um keinen Schüler handelte, der die Zutaten stahl.

Nachdem Alastor eingebrochen war, hatte sie einen stärkeren Schutzzauber gewählt. „Wir sollten Albus darüber informieren, dass jemand sich an deinen Vorräten bedient. Soll ich den Schutzzauber noch mal verstärken? Ich könnte dein Büro ähnlich sichern wie meines. Es dauert allerdings ein paar Stunden und das über mehrere Tage hinweg." Amina sah fragend zu Severus, welcher gerade seinen Gehrock zuknöpfte. „Bevor du das tust, sollten wir mit dem Direktor sprechen. Wer weiß, was er wieder für einen Plan hat.", antwortete er ihr. Sie nickte.

Das Frühstück verlief ruhig. Sie hatte sich neben Madame Maxime gesetzt, welche ihr von ihren geflügelten Pferden vorschwärmte. Wie Amina erfahren hatte, waren die Pferde keine Mischlinge, wie sie zuerst gedacht hatte, sondern Abraxaner. Eine Rasse der geflügelten Pferde, die für ihre Größe und Kraft bekannt war. Amina hatte sich vorgenommen, Newt mal nach diesen Tieren zu fragen. Der Magiezoologe würde bestimmt einiges zu erzählen haben, was noch nicht in seinem Buch stand.

Er hatte damals einige Tiere weglassen müssen und auch einige Fakten nicht aufgeschrieben. Hauptsächlich um die Tiere vor Wilderei zu schützen, aber auch, weil sein Lektor einige der Tiere für zu langweilig hielt. Warum er das Qilin nicht in sein Buch aufgenommen hat, blieb ihr allerdings ein Rätsel. Selbst die Muggel, vor allem die Chinesen, kannten dieses Tier und seine Eigenschaften. Sie wussten nur nicht, dass es wirklich existierte.

Als die Post kam, war sie überrascht. Bess und Hibou flogen mit einem großen Paket in den Krallen auf den Lehrkräftetisch zu. Doch die Eulen schienen verwirrt. Bess flog auf Amina zu und Hibou auf die andere Seite des Lehrkräftetisches. Ein Entsetzensschrei kam von den Eulen, als sie das Paket fallen ließen und es mit einem lauten Knall aufschlug. „Bess, Hibou.", sprach Amina, um die Eulen zu beruhigen, die sich wild mit den Flügeln schlagend ankreischten.

Sie stand auf und umrundete den Tisch. Die Eulen saßen bekümmert neben dem Paket. Amina gab ihnen je einen Eulenkeks. Die Eulen schuhuten begeistert und ließen sich auf ihren Schultern nieder. Sie hob das Paket auf. Es war an Severus und sie adressiert. Die Eulen waren sich wohl nicht einig, wem sie das Paket überreichen sollten. Sie schmunzelte und setzte sich wieder. Viele Augenpaare folgten ihren Bewegungen.

„Da 'aben sie aber zwei komische Hibous.", stellte Madame Maxime fest, als Amina sich setzte. Hibou sah abwartend zu der Schulleiterin, als sie ihren Namen hörte. Die Flamels nannten ihre Eulen alle Hibou, was auf Französisch Eule bedeutete. „Hibou, du warst nicht gemeint. Hier ist noch einen Keks.", sagte sie zu der Eule und gab beiden noch einen Keks. „Nur die Schleiereule, Bess, ist meine. Hibou hier gehört den Flamels.", erklärte Amina und öffnete neugierig das Paket. Darauf bedacht, den Inhalt vor neugierigen Blicken zu schützen, bis sie wusste, was darin war. Zuerst nahm sie den Brief in die Hand, der oben auf lag.

Liebe Amina, lieber Severus,

Was ist denn Liebe? Sag!
Zwei Seelen und ein Gedanke,
zwei Herzen und ein Schlag.

Ein Zitat von Friedrich Halm. Er war zwar jung und ist auch schon einige Jahre tot, aber dumm war er nicht, als er dies sagte. Wir wünschen euch alles Gute und Glück zu Eurer Verlobung.

Mögt Ihr viele gemeinsame Jahre haben.

In Liebe

N. & P. Flamel

Ps.: Ich habe die Wette dieses Jahr wieder einmal gewonnen ~ N.

PPS.: Verzeiht den großen Karton. Wir hatten keinen kleineren. ~ P.

Amina musste schmunzeln. Sie faste kurz ihre Kette unter ihrem Umhang an und dachte: „Die Flamels schicken uns ein Verlobungsgeschenk." Einige Sekunden später wurde ihr Medaillon warm. Das Zeichen, dass er ihr geantwortet hatte. „Dann öffne es.", konnte sie lesen. Sie faltete den Brief zusammen und schaute in das Paket hinein.

Amina klappte vor Erstaunen der Mund auf. >>Unglaublich! Amina, wer hat Ihnen das Geschickt?<<, kreischte Madame Maxime neben ihr schon fast. Vor Aufregung war sie in ihre Muttersprache gewechselt.

In dem Paket lag eine runde Scheibe mit mehreren Ringen am Rand und einer Sanduhr auf der Vorderseite. „Was wurde dir denn geschickt?", fragte jetzt auch Albus neugierig und versuchte einen Blick in das Paket zu werfen. „Die Zeitscheibe.", antwortete Amina ihm atemlos. Mit solch einem wertvollen Geschenk hatte sie nicht gerechnet.

Die Zeitscheibe war ein, als verschollen geltendes, magisches Artefakt, welches einst Merlin persönlich gehört haben soll. Das Prinzip der Scheibe war ähnlich, wie das eines Zeitumkehrers mit dem Unterschied, dass die Zeit nur innerhalb der Ringe außer Kraft gesetzt wurde. Man konnte sie beschleunigen, verlangsamen und umkehren. Wenn sich ein Mensch hineinstellen würde, könne man ihn innerhalb von einigen Minuten um Jahrzehnte altern lassen. So lauteten zumindest die Legenden.

„Das ist unmöglich! Die Zeitscheibe gilt seit über tausend Jahren als verschollen." Severus stand hinter Amina und besah sich die Scheibe, welche immer noch in dem Paket lag. Auch die anderen Lehrkräfte waren aufgestanden, um sich das Objekt anzusehen. Amina hob die Scheibe, aus dem Paket. Sofort vergrößerte sie sich so, dass sie genau die Breite des Tisches hatte. Jetzt erklärte sich auch Perenelles Entschuldigung bezüglich des Kartons. Die Scheibe war choranaptyktisch und passte sich den räumlichen Begebenheiten an. Wäre der Karton kleiner gewesen, wäre es auch die Scheibe. Jemand räumte den leeren Karton vom Tisch.

„Wir können es ja einfach ausprobieren.", überlegte Amina und nahm sich einen Apfel aus einer der Obstschalen. Diesen legte sie in die Ringe, dann drehte sie die Ringe so, dass der Apfel verjüngt werden würde. Als sie mit den Einstellungen zufrieden war versetzte sie der Sanduhr einen Stoß. Diese begann sich langsam und dann immer schneller zu drehen. Der Apfel wurde immer grüner und kleiner bis von ihm nicht mehr übrig war als eine kleine Knospe. Begeisterung machte sich bei den Lehrkräften breit. „Amina, von wem haben Sie das?" „Das ist unglaublich!" „So etwas kann man doch nicht per Eule verschicken!"

Erst nach einige Minuten ließen die Fragen schlagartig nach. Albus hatte einen Knallfrosch gezündet, um für Ruhe zu sorgen. „Ich bin sicher, dass dieses Artefakt dir große Freude bereiten wird, Amina. Verwahre es sicher und gut. Wenn ich Sie nun alle bitten dürfte, wieder Platz zu nehmen.", sprach ihr Urgroßonkel freundlich. Noch immer tuschelnd setzten sich alle wieder. Amina nahm die Scheibe, welche sofort bei ihrer Berührung auf Handgröße schrumpfte. Sie steckte sie sich in die Hosentasche. Schon allein der Gedanke an die unendlichen Möglichkeiten, die diese Scheibe Severus und ihr bot, waren überwältigend. Tränke und alchemistische Gegenstände, für die sie normalerweise Monate oder Jahre gebraucht hätten, könnten innerhalb eines Tages gebraut und hergestellt werden. Die Flamels hatten ihnen die Zeit selbst geschenkt.

Die Alchemistin - Bis in den TodWhere stories live. Discover now