Das Flugzeug startete. Langsam fing es an und wurde immer schneller. Bis die Geschwindigkeit die Passagiere in den Sessel drückte. Ben flog schon sehr oft doch der Start hat ihm schon immer nicht gefallen. Er krallte seine Fingernägel in seine Sitzlehne. Als er sich im Flugzeug umsah, waren alle anderen Passagiere unerschrocken und zurückhaltend und Ben fühlte sich als würde das Flugzeug auseinander gerissen werden. Bens Atmung wurde schwester doch er spürte wie das Rütteln nachließ als sie sich vom Boden gelöst hatten. Ein wenig später befanden sie sich in der Luft und fuhren immer weiter rauf. Ben atmete aus und löste seine Hand von der Sitzlehne wobei er erst bemerkt wie stark er daran angehalten hatte.
Wenig später kam eine Stewardess zu ihm und fragte ihn ob er etwas trinken wollte.
»Nur einen Orangensaft für jetzt, bitte.«
»Kommt sofort«, lächelte sie und schenkte ihm einen Orangensaft ein.
Er fragte sich, ob er überhaupt Aufmerksamkeit erregte, weil er der einzige an Bord ist der einen Anzug und einen Aktenkoffer dabei hatte.
Ben nahm den Orangensaft dankend an.
»Und für Sie?«, sagte die Stewardess zu dem Mann der neben Ben saß. Ben hatte ihn bis jetzt noch gar nicht realisiert. Jetzt erst sah er seinem Sitznachbar in die Augen. Es war ein älterer Herr mit einem leichten australischen Akzent. Ben wusste das, weil er selbst aus Australien kommt.
»Ich nehme das gleiche wie er. Mit einem Schuss Wodka bitte«, lachte er und schaute freundlich zu Ben. Ben lächelte ihn kurz an und schaute danach aus dem Fenster, um die Aussicht zu genießen.
»Und, wieso fliegen Sie nach Canberra?«, fragte ihn plötzlich die raue Stimme die neben ihm saß. Ben überlegte kurz was er antworten sollte, entgegnete dann aber mit einem Lächeln.
»Geschäftlich. Was ist mit Ihnen?«, wollte er wissen und trank einen kleinen Schluck Orangensaft.
»Ich fliege zu einer Beerdigung.«
»Oh, das...tut mir Leid. Ist wahrscheinlich kein Lieblingsreiseziel.« Der Fremde Mann lachte nur und schüttelte danach den Kopf.
»Ist nicht so tragisch, ich hab den Kerl sowieso gehasst.« Er legte eine kurze Pause ein und trank aus seinem Orangensaft-Wodka. Danach reichte er Ben die Hand und sagte: »Jack. Jack Bender.«
Ben nahm die Hand an und stellte sich selber mit »Ben Hawl. Freut mich« vor.
»Was ist das für ein Geschäft dass Sie in Canberra erledigen müssen? Hört sich wichtig an«, wollte Jack wissen. Ben schluckte und überlegte sich kurz die Antwort, bis er sagte: »Nun, es geht um ein Meeting mit einigen unserer australischen Anwälte.« Er lächelte kurz. »das ist natürlich eine sehr eingeengte Formulierung aber ich glaube Sie würden es sowieso nicht verstehen. Meine Arbeit versteht keiner.«
Jack lächelte und drehte sich ein Stück zu Ben.
»Geben Sie mir eine Chance?«
Lächelnd nahm Ben die Herausforderung seines Sitznachbars an und versuchte mit wenigen Schritten den Vorgang seiner Arbeit zu erklären.
»Ich arbeite sozusagen für Gerechtigkeit am Arbeitsplatz indem sich andere Leute darüber beschweren und ich sie daraufhin auf Befehl meines Bosses feuere.«
Jack runzelte die Stirn. »Sie haben mich erwischt. Ich verstehe es wirklich nicht.«
Ben lächelte, lehnte sich zurück und sah wieder aus dem Fenster. Natürlich war Bens Formulierung reinster Blödsinn, doch er konnte dem Mann doch nicht ernst antworten.
»Sind Sie verheiratet, Ben?«, fragte Jack.
»Seit zwei Jahren geschieden.«
Plötzlich gab Jack einen Laut von sich, das sich wie ein kleinlautes, spöttisches Lachen anhörte, kurz aber frech.
»Geschiedene Männer sind die glücklichsten die's gibt, glauben Sie mir.«
»Wieso das?« Ben drehte sich ein wenig in Jacks Richtung. Auf seinem Finger war ein Ehering zu sehen, also war der Mann nicht geschieden. Ben fragte sich, auf wessen Beerdigung er wohl ginge.
»Es ist doch so, wenn ein Mann seine Würde und seine Selbsteinschätzung verliert heiratet er die am schnellst-beste Frau, die ihm in die Arme fällt. Erst wenn er sich dessen klar wird wie verschissen sein Leben in der Ehe ist, tut er alles um sein altes Leben wiederzubekommen. Die Scheidung ist für den Mann doch nichts weiter als eine Einsicht. Eine Lektion, wenn Sie es so wollen.«
Ben musste gegen seinen Willen kichern. Das ist doch völliger Quatsch. Loreen war alles und jeder in seinem Leben. Sie war die beste Frau, die er je kennengelernt hatte. Vermutlich auch je kennenlernen wird.
In Bens Hosentasche fing es plötzlich an zu vibrieren und wurde von einem Piepsen gefolgt. Ben packte sein Handy aus und las die Nachricht von Marcus Tellon, seinem Kollegen.
»Bitte sag mir du hast nicht wieder alles verbockt« stand drinnen.
Ben antwortete mit einem kurzen »diesmal nicht. Ich bin schon in der Luft, bis jetzt läuft alles gut.« und steckte sein Handy schnell wieder ein. Jack sah wie Ben seinen Aktenkoffer dicht an seinen Körper presste, doch er wollte nicht nachfragen.

Nach zwei Stunden Flug war es schon Mitternacht und fast das ganze Flugzeug ist eingeschlafen. Ein paar Reihen hinter Ben schnarchte ein in etwa fünfzigjähriger Mann. Ein junger Mann zwei Reihen vor Ben war noch auf seinem Laptop und es schien so als ob er ein Schriftsteller wäre, dem es sehr am Herzen lag, sein Werk zu beenden. Ben sah sich noch einmal um, um sich sicher zu sein, dass ihn im ganzen Flugzeug niemand sehen konnte. Jack ist auch eingeschlafen. Nach seinem dritten Becher Orangensaft-Wodka war das auch kein Wunder.
Ben nutzte die Gelegenheit um seinen Koffer zu öffnen. Mit einer kleinen Taschenlampe leuchtete er hinein und erblickte die 150 000 Dollar die ihn von seinem Schoß aus anlächelten. Zu Schade dass sie nicht für ihn sind. Auf der oberen Seite des Koffers ist ein kleines Fach versteckt, jemand der den Koffer nur mit den Augen beobachten würde, würde dieses Fach nicht bemerken. Aber für Ben war das das einzige Fach von Bedeutung. Er öffnete es und fand ein kleines schwarzes Kästchen. Das Kästchen hatte ungefähr eine Seitenlänge von fünf Zentimeter und man könnte es eigentlich auch in die Hosentasche packen und mitnehmen anstatt ein Geheimfach in einem Aktenkoffer zu bauen.
Ben drehte das Stück Metall in seiner Hand herum und beobachtete es. Bevor er es öffnen wollte, versicherte er das ihn auch nun kein Mensch ein Spion wurde und drehte seinen Kopf noch einmal um das ganze Flugzeug.
Nun nahm Ben ein kleines Stanleymesser aus dem Seitenfach seines Koffers und öffnete langsam den Deckel. Automatisch wurde eine kleine Kartenähnliche Figur hinausgeschoben, die mit dem Kästchen verbunden wie ein riesiger, quadratischer USB Stick aussah. Im Grunde genommen, war er auch nichts anderes. Nur das dieses USB ähnliche Ding mehr Wert für Ben hat als alles andere auf der Welt.
Ben hob es hoch und bewunderte es, die kleine Figur, die er geschafft hat durch die Grenze zu schmuggeln, begleitet von dem Geld und den zwei Pistolen. Ein kurzer Blick darauf, jede paar Stunden, um zu sehen ob das Ding noch im Besten Zustand ist, war nicht nur ein Wunsch von Ben sondern selbst ein Befehl seines Bosses. Er packte es nach einer Weile wieder ein und verschloss seinen Koffer. Beinahe hätte das Knacksen des Koffers Jack aufgewacht. Doch noch viel riskanter war Bens vibrierendes Handy, begleitet von einem Piepsen. Hektisch zog Ben es raus und drückte auf die angegebene Benachrichtigung. Es war eine SMS von einer unbekannten Nummer.
»Wollten Sie etwa die beiden Polizisten bewusstlos im Verhörraum sitzen lassen ohne das ich etwas bemerke?«, stand darin. Bens Herz machte einen kleinen Satz. Jemand hat die beiden Polizisten anscheinend gefunden. Doch er beruhigte sich schnell wieder als ihm in den Sinn kam wie unwichtig dies jetzt für ihn ist. Denn sobald er in Canberra ist, ist alles was er in New York getan hatte irrelevant.
»Mit wem spreche ich?«, entgegnete Ben. Er stellte sein Handy auf lautlos, falls sein Chat-Partner schnell wieder zurückschreiben sollte. Und genau dies tat er.
»Ich bin nicht in dem Flugzeug. Aber trotzdem kann ich alles beobachten was Sie und die anderen Passagiere so treiben.« Ben fühlte dass es plötzlich ernst wurde. Sehr ernst. Er schluckte. Er wusste nicht ob die Person es ernst meinte, wollte aber kein Risiko eingehen. Zuerst ging er mit seinen Augen das ganze Flugzeug durch, sah in allen Ecken nach, doch es gab keine Kameras. Ben schnaubte und fuhr sich mit der Zunge durch die Innenseite seiner Wange.
»Was wollen Sie?«, schrieb Ben zurück.
»Ich will nichts was für gewöhnlich andere von Ihnen verlangen«, schrieb er zurück, schnell gefolgt von einer weiteren Nachricht: »Ich will kein Geld.«
Ben seufzte und rieb sich mit dem Händen die Augen. »Was dann?«, schrieb er zurück.
»Der Prohiber in Ihrem kleinen Aktenkoffer gefällt mir sehr gut.«

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