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Den Rest des Morgens hatte ich im Gemeinschaftsraum verbracht. Ich war mit Hannah, Susan, Ernie und Zach beim Kamin gesessen und hörte ihnen beim Plaudern zu. Den Brief meiner Mutter hatte ich in meine Hosentasche gesteckt. Am Nachmittag hatte ich mich mit Hailey in der Bibliothek verabredet, um zu lernen und die anstehenden Hausaufgaben abzuarbeiten. Es begann bereits einzudunkeln, als ich den zweiten meiner drei Aufsätze fertigstellte. Es regnete bereits seit Tagen, doch nun begann auch noch ein Gewitter aufzuziehen. Ich seufzte, als ich das Stück Pergament in meiner Schultasche verstaute. Mein Kopf war voll und ich brauchte eine Pause. Hailey sass noch immer konzentriert hinter ihren Büchern. Meine Hand wanderte unterdessen wieder zu meiner Hosentasche, mit dem Brief meiner Mutter darin. Zu gerne würde ich Hailey von all meinen Sorgen und der Sache mit dem Gespräch erzählen, welches ich mit Draco belauscht hatte. Dennoch wollte ich sie nirgendwo mit reinziehen, vor allem nicht, wenn ich noch nicht wusste, um was es ging. Unterdessen blickte ich mich nachdenklich um. Viele der Schüler welche über den Nachmittag hinweg in der Bibliothek gelernt hatten, waren bereits wieder verschwunden. Bald würde es Abendessen geben. Mein Magen knurrte bei dem Gedanken. Das warme Licht liess die Bibliothek gemütlich erscheinen und die Ruhe wirkte einschläfernd. In diesem Moment wurde die Tür am anderen Ende des Raumes geöffnet und ein grosser Rotschopf trat hindurch. Die Hände lässig in den Hosentaschen, suchte sein Blick den Raum ab, bis er bei mir hängen blieb. Mein Herz setzte einen kurzen Moment aus, ehe ich zu lächeln begann. George Weasley winkte mir zu, als er langsam um einige Tische herum zu uns herüber kam. "Hey", sagte er zur Begrüssung und grinste schief.
"Hallo George", antwortete ich. Hailey blickte endlich auf und schien wieder in unserer Welt anzukommen. "Oh, ich hab dich gar nicht kommen sehen Weasley", sagte sie und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
"Ich dachte wir könnten vielleicht kurz zusammen reden Roxy, ich hab dich länger nicht mehr gesehen", sagte der Zauberer nun. Ich wollte gerade nicken, da begann Hailey zügig ihre Sachen zusammenzupacken. "Ich habe einen riesen Hunger. Wir sehen uns später, ja?", sagte sie schliesslich zu mir, ehe sie davon eilte. Im Weggehen zwinkerte sie mir einmal zu und wackelte mit den Augenbrauen. Ich musste ein dummes Grinsen unterdrücken und schüttelte kaum merklich den Kopf. George schnaubte amüsiert und setzte sich neben mich. Nervös kratzte ich an meinen Fingernägeln herum. Wir hatten uns nicht mehr unterhalten seit dem Vorfall mit den Slytherins. "Ich hoffe du hattest nicht das Gefühl, dass ich dir aus dem Weg ging", begann er nun. Ich schüttelte bloss den Kopf. "Wir hatten beide viel um die Ohren. Ich muss für meine ZAG's lernen und du solltest dich auf deine Abschlussprüfung vorbereiten."
George grunzte belustigt. "Sollte ich, ja. Auch wenn Fred und ich momentan mehr Interesse an unseren Scherzartikeln haben."
Er suchte meinen Blick. "Ich fände es trotzdem toll, wenn wir mehr Zeit miteinander verbringen würden."
Endlich blickte auch ich auf. "Das fände ich schön."
Dennoch nervte mich der Gedanke an das Gezanke von Draco und ihm noch immer. Es schien, als konnte er meinen Gedanken folgen: "Ich habe mich vermutlich etwas daneben benommen letztes Mal. Ich kann trotzdem noch nicht verstehen wie du mit Malfoy befreundet sein kannst."
"Ich kenne ihn schon seit eh und je. Es ist kompliziert", brummte ich. "Ich möchte einfach nicht Partei ergreifen müssen, wenn ihr euch wieder an die Gurgel geht. Denn dann werde ich es niemandem recht machen können."
Wir schwiegen Beide für kurze Zeit. "Ich glaube damit kann ich vorerst gut leben", antwortete George dann und lächelte mich wieder schief an. "Du bist mir wirklich wichtig Roxy."
Er griff nach meiner Hand und ich spürte wieder das altbekannte Kribbeln in meinem Bauch. Ich starrte ihm in die Augen und wusste, wenn ich jetzt etwas sagen würde, käme nur Gestotter dabei heraus. Einzig sein Lächeln konnte ich erwidern. Es schien als wolle er sich vorbeugen, da ertönten hastige Schritte, welche immer näher kamen. Der Rotschopf hielt inne und drehte den Kopf. Grimmig drehte er sich wieder zu mir und ich erkannte einen blonden Slytherin auf uns zukommen. Er schaffte es immer, die besten Momente zu unterbrechen. Draco würdigte George keines Blickes, als er bei uns stehen blieb. "Roxy, ich könnte deine Hilfe gebrauchen", brummte er. Ich seufzte. George schien sich alle Mühe zu geben, keinen giftigen Kommentar abzugeben. "Worum geht es Draco?"
"Keine Angst, ich unterbreche euer Geplänkel nicht ohne guten Grund", antwortete er und verzog das Gesicht, als er nun doch zu George heruntersah. Ich schnaubte leise und blickte nun entschuldigend zu George. "Tut mir wirklich leid. Bis morgen?", fragte ich also hoffnungsvoll. "Na gut", brummte dieser.
Ich löste meine Hand nur widerwillig von seiner, ehe ich aufstand und Draco nach draussen folgte. "Was ist denn nun los?", zischte ich ihm genervt zu.
"Deine Schwester. Sie kommt nicht mehr aus dem Schlafsaal."
Seine Antwort war knapp und er schien gereizt. "Ich weiss ja nicht ob dir die Regel geläufig ist, aber ich darf euren Gemeinschaftsraum nicht betreten", giftete ich ihn an. "Sie möchte mit niemandem ausser dir oder mir sprechen. Ich komme nicht in den Schlafsaal der Mädchen, also ist das wohl dein Job."
Insgeheim machte ich mir Sorgen, was konnte es sein, was Jasmine ausgerechnet mir erzählen wollte? Wir hatten noch nie ein gutes Verhältnis. Schweigend liefen wir weiter, das Schloss war gross. Daher konnte man auch nicht innerhalb weniger Minuten vom einen Ende zum Anderen gelangen.
"Was ist das zwischen dir und dem Weasley-Zwilling?", fragte er nun ohne Umschweife. "Bist du verknallt in diesen Nichtsnutz oder was?"
Ich spürte wieder Wut in mir hochkommen. "Erstens Draco, nenn ihn nicht so. Zweitens geht es dich absolut nichts an, mit wem ich meine Zeit verbringe. Vor allem nicht, wenn du ihn so behandelst", keifte ich ihn an.
"Das heisst dann wohl ja", sagte er eisig. Ich übersah eine Delle im Boden, wodurch ich stolperte. Ich konnte mich gerade noch auf den Beinen halten. "Ich verstehe wirklich nicht, warum du dich in Hogwarts jedem gegenüber wie ein Arschloch verhalten musst. Schadet ansonsten deinem Image was?"
Ich war mittlerweile ziemlich ausser Atem. Doch schon bald hatten wir den Eingang zum Slytherin-Gemeinschaftsraum erreicht. Draco sprach das Passwort und ich beobachtete beeindruckt wie die Steinmauer Stein für Stein auseinander klappte und den Gemeinschaftsraum dahinter offenbarte. Der Raum war langezogen, düster und in grünliches Licht gehüllt. Es gab Sessel und einen Kamin, nur noch wenige Schüler waren da und glotzten mich feindselig an, als ich an Dracos Seite eintrat. Pansy kam aus einer Ecke auf uns zugestapft. "Draco, ich habe dir doch gesagt die kleine Grace wird sich schon wieder einkriegen. Du weisst Sie hat hier nichts zu suchen."
Die Dunkelhaarige spuckte das Wort beinahe aus und blickte mich wütend an. "Glaub mir Parkinson, ich wäre auch lieber wo anders." Ich schnaubte.
"Halt den Rand Pansy", brummte Draco gereizt. Er deutete auf eine Treppe rechts von mir. "Die zweite Tür an welcher du vorbeikommst, wenn ich mich nicht irre", erklärte er. Zaghaft näherte ich mich der Treppe. Nur am Rande bekam ich mit, wie Pansy wütend den Gemeinschaftsraum verliess. Ich stieg die Treppen hinauf, bis ich bei der besagten Tür ankam. Ich klopfte an, bevor ich eintrat. Die Betten standen im Kreis, wie in unseren Schlafsäälen. Einige verdutzte Erstklässler blickten mich mit grossen Augen an und huschten gleich darauf tuschelnd aus dem Schlafsaal. Am Ende des Raumes erblickte ich ein Bett, wo sich ein kleines Häufchen unter der Decke verkrochen hatte. Langsam näherte ich mich.
"Jasmine?"
Meine Stimme war sanfter als ich erwartet hatte. Ich setzte mich zu ihr aufs Bett. "Was ist los?"
Es dauerte eine Minute, bis ihr Kopf unter der Decke hervor kam. Die langen braunen Haare waren komplett zerzaust und die Augen rot. Jasmine setzte sich auf und schlang die Arme um ihre Beine. "Ist Papa böse?", flüsterte sie nach einer Weile. Ich blickte sie verdutzt an. "Was meinst du damit?", fragte ich verwirrt. "Seit ich hier bin, haben einige Schüler kaum mit mir gesprochen. Vor allem einige Gryffindors. Sie haben hinter meinem Rücken getuschelt, bis ich sie darauf angesprochen - okay angeschnauzt - habe, warum sie eigentlich so fies zu mir sind."
Wieder machte sie eine Pause. "Ava Spinnet hat gemeint Papa wäre ein-"
Jasmin brach ab, als wolle sie es nicht erneut aussprechen. Ich konnte mir bereits denken, um welches Gerücht es sich handelte. Ich überlegte angestrengt was ich ihr erzählen sollte.
"Ein Todesser?", fragte ich sanft. Jasmine zuckte zusammen, nickte jedoch.
"Diese Leute folgen Du-Weisst-Schon-Wem, das weiss ich auch. Aber das macht Papa doch nicht, oder?"
Jasmine krallte sich in ihrer Decke fest. Ich zögerte. Sollte ich ihr wirklich die Wahrheit sagen? Sie liebte unseren Vater. Ich war bereits überrascht, dass sie keine Vorahnung hatte. Doch ich fürchtete, mit jeder Sekunde länger die ich schwieg, wurde ihr klarer, was die Wahrheit war.
"Hör mal Jasmine. Ich habe auch mit diesen Gerüchten zu kämpfen gehabt, jedoch noch lange nicht so sehr wie du. Slytherin hat einen gewissen Ruf, das heisst jedoch noch lange nicht, dass alles stimmt was über euer Haus erzählt wird. Genau so ist es mit Vater."
Sie schien noch nicht ganz zufrieden mit der Antwort. "Sie hat gesagt, wenn Ron Weasley das gesagt hat, muss es stimmen, als ich alles abstritt."
Ich schnaubte. Das war ja klar. "Hör mir zu, Jasmine. Das Einfachste ist, wenn du einfach nicht zuhörst. Und wenn du dir noch immer nicht sicher bist, frag Vater einfach das nächste Mal wenn du ihn siehst."
Ich drückte ihre Hand einmal sanft. "Und wenn sie nicht aufhört, erzählst du allen, sie hat Froschwarzen am Hintern oder so."
Ich zwinkerte ihr aufmunternd zu. "Konzentriere dich auf die Freunde welche du hast, lass die anderen links liegen. Irgendwann wird es ihnen zu langweilig."
Jasmine nickte langsam. "Danke Roxy. Tut mir leid, dass ich manchmal so fies zu dir bin", murmelte sie. "Kommst du mit mir in die grosse Halle etwas essen?", fragte sie nun. "Ich habe Hunger. Und so lassen mich Ava und ihre Freunde bestimmt in Ruhe."
Ich seufzte und nickte. "Na gut, komm."
Jasmine strich sich die Haare glatt und schlüpfte in ihre Schuhe. Ich erhob mich, ehe ich den Schlafsaal verliess, mit meiner Schwester dicht auf den Fersen. Ich eilte die Treppen hinunter, bis ich im Gemeinschaftsraum ankam. Mir rutschte beinahe das Herz in die Hose, als ich sah, wer dort auf mich wartete. Professor Umbridge stand mit den Händen auf den Hüften abgestützt neben einem Sessel. Hinter ihr, ein grimmig dreinschauender Professor Snape. Ich fluchte innerlich und erstarrte. Pansy Parkinson stand mit einem triumphierenden Blick neben Draco, welcher den Boden anstarrte. "Miss Grace", begann die pinke Professorin, "wie mir scheint, sind ihnen die Regeln unserer Schule noch nicht ganz klar."
Jasmine kam hinter mir hervor und blickte von den Professoren zu mir und wieder zurück.
"Ich-", begann ich, ehe ich abrupt unterbrochen wurde.
"Sie scheinen einen Hang zur Aufmüpfigkeit zu haben, wie mir scheint."
Ich ballte meine Hände zu Fäusten. "Professor Umbridge, ich habe bloss meiner Schwester geholfen."
Sie schüttelte den Kopf mit einem "Tz tz" und zog die Augenbrauen hoch. "Ich bin mir sicher, das wäre auch ohne Regelbruch möglich gewesen. Es tut mir leid, aber sie zwingen mich dazu. Nachsitzen Miss Grace."
Ich blickte Hilfesuchend von Draco zu Professor Snape. Doch niemand schien etwas dazu sagen zu wollen. Ich schnaubte verärgert. "Gehen sie so mit Schülern um, welche sich um das Wohlergehen ihrer Geschwister sorgen?", keifte ich sie an.
"Miss Grace, halten sie ihre Zunge im Zaum, ansonsten wird das Nachsitzen mehr als zwei Tage dauern."
Ich blickte sie ungläubig an. Einige Slytherin-Schüler beobachteten das Szenario genüsslich. "Wir sehen uns morgen Nachmittag in meinem Büro. Seien sie pünktlich."
Mit diesen Worten drehte sie sich um und verliess den Gemeinschaftsraum. Ich blickte wieder zu dem schwarzhaarigen Professor, welcher die Augenbrauen hob und mit den Schultern zuckte. Ich hatte gehofft, da er ein Bekannter meines Vaters war, würde er etwas sagen um die Strafe zu mildern. Doch auch er verliess daraufhin den Gemeinschaftsraum ohne ein Wort. Bevor auch ich ihm folgte, trat ich zu Draco. "Vielen Dank für deine grossartige Unterstützung", zischte ich.

I'm here with you [Harry Potter FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt