Mir egal

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„Clara, steh auf!" Erschrocken reiße ich meine Augen auf und sehe meine Mitbewohnerin über mir verschwommen an. „Wieso schreist du mich so früh am Morgen an?" frage ich leise, aber sichtlich genervt. „Wir haben verschlafen, du Volltrottel!" Ich stehe blitzschnell auf und wir ziehen uns rasch an und verlassen eilig unsere moderne zwei Zimmer Wohnung. Tja, aufgeräumt wird wohl am Abend, wenn wir erschöpft nach Hause zurückkehren.

„Fahr langsamer!" macht mich Azra auf mein falsches Fahren aufmerksam. „Wie blöd, dass wir wegen dir mit dem Auto fahren müssen, statt mit unseren Fahrrädern."

Diese Frau gießt absichtlich Öl ins Feuer. Mein Gott, mir ist ein Fehler unterlaufen und? Die ganze Wut platzt aus mir heraus und ich lasse augenblicklich alles an ihr raus.

„Du fährst mit dem Fahrrad! Ich tue es fast nie, weil ich mein Leben nicht einschränken werde für eine Zukunft, in der ich ohnehin nicht mehr existiere!" Ich erlange wieder meine Fassung. Zu spät nehme ich an, den es herrscht Funkstille. Bin ich zu weit gegangen? Mir ist bewusst, dass sie eine weiche Schale und einen weichen Kern hat. Insbesondere wenn es sich um das Thema Klimaschutz usw. handelt. Ach, ich Idiot! Ich sollte endlich Mal lernen, meinen Zorn zu kontrollieren. Wir beide ignorieren uns, bis wir bei der Arbeit ankommen. Wir steigen aus und ich nutze diese Gelegenheit, um mich zu entschuldigen. „Azra, sorry für mein Verhalten vorhin." Sie wendet sich mir mit einem monotonen Blick zu. „Dein Verhalten schadet nicht mir, sondern der Natur. Schon Mal daran gedacht?" Ich finde keine passende Antwort und starre sie nur an. Also übernimmt sie das Reden wieder. „Ganz ehrlich, tu doch einfach auf was du Bock hast. So wie immer." Sie schnauft wütend und schreitet davon. „Warte!" rufe ich ihr hinterher und werfe ihr den Autoschlüssel entgegen. Ohne es fallen zu lassen, fängt sie ihn ganz lässig. „Nach der Arbeit werde ich zurücklaufen, fahr du mit dem Auto zurück", bitte ich sie und hoffe auf ein Ja. Stattdessen nickt sie kurz mit dem Kopf und verlässt mich schweigend wie der Wind.

Um sechs Uhr abends verlasse ich mit ein paar anderen Mitarbeitern den Lebensmitteladen. Draußen verabschiede ich mich von allen. Meine Füße schmerzen und ich wünsche mir nichts sehnlicher, als mit dem Auto zurückzufahren. Nichts zu machen denke ich und mache mich auf dem Heimweg. Wenig später trotte ich durch den engen Waldweg und mein Blick fällt auf eine wunderschöne gelbe Blume. Gut zehn Meter müsste ich den Pfad runterlaufen, doch solch eine prächtige Blume habe ich bisher nie gesehen und ich will sie in meinem Besitz! Zu meinem Pech rutsche ich bei dem Versuch, runterzugehen aus und mein Kopf knallt fest auf Boden. Meine Sicht wird schwarz und kurz darauf wird alles um mich herum still.

Langsam öffne ich meine Augen. Ich versuche mich hochzurappeln und betrachte dabei die auffällig weiße Szenerie, die mich umhüllt. Irgendetwas stimmt nicht. Ich fühle mich schwerer als gewohnt, außerdem ist mir sehr warm. Als ich endlich hundertprozentig zu Bewusstsein komme, verschlägt es mir die Sprache. Überall Eis, Schnee und das Meer. Unglaublich, aber in näherer Entfernung befindet sich ebenfalls ein riesiger Eisberg auf dem Ozean. Ich gerate in Panik und schreie. Doch statt eines menschlichen Geschreis kommt ein lautes Brüllen aus meiner Kehle raus. Ein Brüllen wie...Bärengebrüll? Ich renne ans Meeresufer und beobachte schockierend mein Spiegelbild, dass das Wasser zurückreflektiert. „Ich bin ein Eisbär!" rufe ich erschüttert und falle erneut in Ohnmacht nach dem Trauma.

Als ich aufwache, umrunden mich drei Eisbären. Sie murmeln unter sich, jedoch sind sie zu leise und ich höre nichts Verständliches. „Hallo", begrüße ich kurz und knapp.

Lass es nicht schmelzenWhere stories live. Discover now