Kapitel 4

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Ein paar Wochen sind vergangen, seitdem ich an der Green Manor angefangen habe. Wie sich herausgestellt hat, ist die WG in der ich wohne, einfach perfekt. Die Mädchen sind witzig und schlagfertig, die Zeit die ich mit ihnen verbringe sind jedes mal von Lachen und kichern erfüllt. Unsere Abende verbringen wir entweder mit gemeinsamem Kochen, wobei ich zugeben muss, dass ich da noch immer keine große Hilfe bin oder wir brüllen uns gegenseitig an, wenn wir an meiner mitgebrachten Konsole hängen.

Im Unterricht läuft es eigentlich ganz gut, ich kommen mit den meisten der Lehrer ganz gut klar, nur Miss Julien scheint mich irgendwie nicht zu mögen. Aber das beruht definitiv auf Gegenseitigkeit. In ihren Stunden geraten wir des öfteren aneinander und ich musste auch schon das ein oder andere Mal nachsitzen. Aber es scheint noch nicht so schlimm zu sein, dass ich bei der Direktorin antanzen musste. Überhaupt habe ich den Drachen seit meinem Beginn an diesem Internat nur noch zwei Mal gesehen.

Es scheint nur eine einzige Sache zu geben, die mir Bauchschmerzen bereitet. Und das sind die Gefühle, die ich gegenüber Miss Walker habe. Das Bauchkribbeln ist nicht verschwunden, ganz im Gegenteil. Ich habe eher das Gefühl, dass es von Tag zu Tag immer mehr wird.

Jetzt gerade, es ist mitten in der Nacht, liege ich hellwach in meinem Bett und selbst meine Lieblingsplaylist kann mich nicht von meinen Gedanken abhalten. Ich frage mich seit Stunden, warum Miss Walker ständig und immer wieder in meinen Gedanken herumgeistert. Ich komme auf kein Ergebnis und da ich hier im Internat niemanden habe, mit dem ich über meine Gedanken und Gefühle wirklich reden kann, greife ich zum Handy und hoffe, dass Jordy noch wach ist. Er kennt mich in- und auswendig und weiß sicherlich eine Lösung meines Problems.

Ich: Hey Jordy. Bist du noch wach?

Es dauert keine zwei Minuten, bis eine Antwort von ihm kommt.

Jordy: Natürlich bin ich noch wach. Kennst mich doch. Bin 'ne Nachteule. Was gibt es denn zu so später Stunde?

Gerade als ich antworten möchte, fällt mir auf, dass es wohl eher ein Roman werden würde, daher nehme ich eine Sprachnachricht auf, in der ich ihn über meine widersprüchlichen Reaktionen bezüglich meiner Lehrerin aufkläre. Meine Nachricht ist vielleicht etwa fünf Minuten lang, daher dauert die Antwort von Jordy ein wenig. Doch als sie ankommt, habe ich das Gefühl, dass mich ein Zug überrollt.

Jordy: Okay. Also erstens: Ich mag keine Sprachmemos, die länger als eine Minute sind. :) Und zweitens: Für mich klingt das, als wärst du in deine Lehrerin verknallt.

Verknallt? In Miss Walker? Ich?

Je länger ich darüber nachdenke, desto bewusster wird es mir. Das Bauchkribbeln, sobald ich nur an sie denke. Das Ziehen in meinem Unterleib, wenn sich ihre braunen Augen auf mich konzentrieren und die Gänsehaut, wenn ich ihren unverwechselbaren Duft einatme. Sind all das Anzeichen dafür, dass ich verliebt bin? Ich hatte schon das ein oder andere Mal etwas mit einem Mädchen, aber Gefühle waren nie dabei. Daher kann ich nicht beurteilen, wie es sich anfühlt wenn man verliebt ist. Aber mir wird immer mehr bewusst, dass Jordy recht hat. Und das Wissen darüber lässt mich verzweifeln.

Ich: Scheiße Jordy. Was mach ich denn jetzt?

Jordy: Ich habe keine Ahnung. Aber in einer Woche sind Ferien. Du kommst nach Hause und hast erstmal zwei Wochen Abstand. Vielleicht legt sich das Ganze bis dahin ja.

Ich: Ja das hoffe ich. Es ist spät Jordy. Ich versuche jetzt zu schlafen. Grüß die Clique morgen von mir. Und danke fürs zuhören und schreiben.

Jordy: Bin immer für dich da. Schlaf gut.

Verwirrt und auch völlig überwältigt von meiner Einsicht, schaffe ich es irgendwann einzuschlafen. Doch die wenigen Stunden, die ich in einem traumlosen Schlaf verbringen konnte, haben nicht ansatzweise gereicht, dass ich am nächsten Morgen einigermaßen fit bin. Ich quäle mich aus dem Bett und tapse noch in Schlafsachen in die Küche und mache mir einen Kaffee, in der Hoffnung dass mich dieser einigermaßen wach macht. Gerade als ich mich mit der vollen Tasse Kaffee an den Küchentisch setze, erfasst meine Nase einen unverwechselbaren Geruch und mir wird bewusst, dass Miss Walker eben in die Küche gekommen ist. Und aufgrund meiner nächtlichen Erkenntnis kann ich meinen Körper nicht davon abhalten unkontrolliert zu zittern. Ich greife die Tasse fester und nehme einen großen Schluck der warmen Flüssigkeit und versuche die Anwesenheit meiner Lehrerin zu ignorieren.

Green Manor SchoolWhere stories live. Discover now