Kapitel 5

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Nach dem Ausritt mit Midnight war Prinz Ares zum Glück nicht mehr im Stall und nachdem ich Midnight versorgt hatte, ging ich wieder hoch ins Schloss. Als ich bei meinem Zimmer ankam, blieb ich unentschlossen vor der Tür stehen. Ich hatte keine Lust in meinem Zimmer zu sitzen, mir wegen des Balls viel zu viele Sorgen zu machen und mir meine gute Laune zu vertreiben. Also ging ich kurzentschlossen eine Tür weiter und klopfte bei Constance's Zimmertür an.

„Herein!", kam prompt ihre Antwort und ich trat in ihr Zimmer. „Ach, du bist es", begrüßte sie mich und stand von ihrem Zeichentisch auf. Constance liebte Zeichnen über alles und sie war wirklich gut. Überall in ihrem hingen Skizzen und Zeichnungen von ihr. Meistens zeichnete sie nur mit Bleistift und Kohle und ihre Lieblingsmotive waren definitiv Menschen. 

„Stör ich dich?", fragte ich. „Nein, du doch nicht", antwortete Constance lächelnd. Gemeinsam setzten wir uns auf ihr Himmelbett. „Weißt du schon, was du heute Abend anziehen willst?", fragte sie mich. „Nein, nicht wirklich, aber Amanda hat sich bestimmt schon was überlegt", meinte ich. Amanda hatte immer die besten Ideen was Klamotten anging und ich war echt froh, dass sie meine Zofe war. 

„Ich weiß auch noch nicht, was ich anziehen soll", gab Constance schulterzuckend zu. „Oh, nimm das blaue Kleid mit den kleinen Diamanten", meinte ich. „Das Dunkelblaue? Oh ja, das ist toll, danke", erwiderte sie begeistert. „Immer doch." „Ich mag Bälle", sagte Constance seufzend. „Ich nicht", gab ich mürrisch zurück. Sie lachte. „Nur, weil du grundsätzlich etwas gegen Gesellschaft anderer, fremden Menschen hasst, ich finde es spannend", meinte sie.

Dann stand sie auf und streckte mir eine Hand entgegen. Fragen sah ich sie an. „Komm, lass uns tanzen", forderte sie mich auf. Eigentlich mochte ich tanzen nicht besonders, aber wenn sie mich so fragte und eintanzen für heute Abend konnte ja nicht schaden. 

Also ergriff ich ihre Hand und sie zog mich vom Bett hoch. Dann verbeugten wir uns kurz voreinander und fingen an zu tanzen. Wir brauchten weder Worte noch Musik, um uns zu verständigen. Intuitiv hatten wir beide uns für den gleichen Tanz entschieden. Wir wiegten uns vor und zurück, drehten uns im Kreis und vollführten abwechselnd Pirouetten. Das erste mal seit langen genoss ich das Tanzen und ich konnte meinen Kopf abschalten. Es war als würden wir fliegen oder viel mehr schweben. Es war so unbeschwert und frei. Und einmal mehr fragte ich mich, was ich ohne meine kleine Schwester wohl tun würde. Ohne sie wäre ich definitiv verloren. Klar, da waren noch Midnight, Stella und Amanda, aber Constance war halt meine Schwester, wenn auch nur Halbschwester. 

Ich hätte noch ewig so weiter tanzen können, aber irgendwann stoppen wir unseren schönen Tanz und setzten uns auf den Boden. „Was würde ich nur ohne dich machen, Schwesterchen", murmelte ich und umarmte Constance kurz. Sie lachte. „Was würde ich bloß ohne meine furchtlose, große Schwester machen?", erwiderte sie. 

Eine Weile saßen wir einfach nur schweigend da, aber es ist keine unangenehme Stille, wir hingen einfach unseren Gedanken nach. Irgendwann durchbrach Constance das Schweigen. „Weißt du noch, wie wir früher immer zu viert getanzt haben?", fragte sie. „Klar, da waren wir noch so klein, aber es war immer toll, hinten auf der Wiese", erwiderte ich lächelnd. „Ja, kaum vorstellbar, dass es schon zehn Jahre her ist", meinte Constance. „Oh ja, da war die Welt noch in Ordnung", sagte ich seufzend. Vor zehn Jahren waren Luna und Estelle noch da, wir waren komplett, keine musste heiraten oder sich um Regierungen kümmern. Klar, ich wusste schon, dass ich eine Hexe war, aber mit acht Jahren waren meine Gefühle noch nicht so stark und impulsiv wie jetzt. An diese Erinnerungen zu denken, war traurig und schön zugleich, weil es schöne, ja eigentlich perfekte Erinnerungen waren, aber all das war Vergangenheit. Luna war tot und Estelle regierte in einem anderen Königreich, kilometerweit entfernt. 


„Sie sehen unglaublich schön aus", sagte Amanda bestimmt schon zum hundertsten Mal und strich auch noch die letzte Falte meines Kleides glatt. Es war rot, so rot wie Blut und passte perfekt zu meinen dunklen Haaren, den braunen Augen und der blassen Haut. Oben lag es eng an und ging an der Taille in einen langen, weiten Roch über. Außerdem hatte es einen tiefen Rückenausschnitt und an der Taille saßen unglaublich viele, kleine, silberne Glitzersteine. Dazu trug ich passende silberne Ohrringe und einen silberne Kette mit einem kleinen Rubin. Meine Haare hatte Amanda offen gelassen und nun fielen sie mir leicht gewellt über die Schultern. Amanda's Highlight war allerdings ein schickes, silbernes Diadem, dass ich nur zu ganz besonderen Anlässen trug.

„Danke", erwiderte ich auf ihre Schwärmereien. Ich war sichtlich angespannt. Ich hasste Bälle sowieso und dass das Königspaar von Maraud ebenfalls da war, machte es definitiv nicht besser. Und dann musste ich ja auch noch mit Prinz Ares tanzen. Das einzig Gute daran war, dass es mir definitiv nicht leid tuen würde, wenn ich ihm auf die Füße trat. 

„Sie schaffen das, Prinzessin. Sie sehen so toll aus", versuchte Amanda mich zu beruhigen. Ich zwang mich zu einem Lächeln, dass sie mir allerdings nicht abnahm. Unbeholfen tätschelte sie mir den Arm. „Sie sollten jetzt langsam runter gehen, Prinzessin", meinte sie dann und gab mir einen kleinen Schubs in Richtung Tür. Ich drehte mich noch einmal zu ihr um. „Danke, Amanda." „Doch nicht dafür", antwortete sie doch trotzdem schien sie sich zu freuen. 

Ich atmete noch einmal tief durch, richtete mich auch und reckte das Kinn, dann trat ich durch meine Tür und machte mich auf den Weg zum Ballsaal, geradewegs in die Höhle der Löwen...

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⏰ Last updated: Mar 26 ⏰

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Queen of Ash and FireWhere stories live. Discover now