Vierzehn

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Der letzte Schultag brach schneller heran als erwartet. Im ganzen Internat spürte man die Entspannung wie eine Welle, die sanft am Strand bricht. Allerdings sah Joel den so nahen Ferienbeginn nicht als Grund an, um sein Yoga ausfallen zu lassen. 

Viel zu früh stellte er die nervtötende Musik an und weckte so seine Mitbewohner. Noah verkniff es sich diesmal sein Kissen nach dem Brillenträger zu werfen, er wollte keine Energie verschwenden. Schließlich würde er heute endlich Neele wiedersehen. Seine Eltern hatten ihn in einer kurzen Textnachricht geschrieben, dass ihr Vater sie um 18:00 Uhr am Einstein abladen würde und dann wieder nach Hause fuhr. Und der Fakt, dass Joel ebenfalls für 2 Wochen zu seiner Familie fuhr, freute Noah. Er hatte endlich die Gelegenheit auszuschlafen. 

Colin im Bett gegenüber murrte ebenfalls, als die Musik erklang, hob kurz den Kopf und ließ ihn dann wieder schwer aufs Kissen fallen. Offenbar brauchte er ebenfalls Ruhe von seinem dritten Mitbewohner. Egal wie sehr er den Brillenträger auch mochte, bei dieser Musik drehte sich sein Magen um. 

Man hörte den Lockenkopf einmal seufzend ausatmen, ehe er aufstand und sein Tanktop zurecht zupfte. Dann schnappte er sich seine Waschtasche und stapfte ins Badezimmer um Zähne zu putzen. Noah tat es ihm gleich und eine Minute später standen sie sich im Bad gegenüber beide mit einer Zahnbürste im Mund. Kurz schauten sie sich an, ehe beide den Blick abwandten, bevor eine unangenehme Situation entstehen konnte. 

Denn dieses unausgesprochene Etwas lag immernoch in der Luft und keiner brachte den Mut auf, den Elefanten im Raum anzusprechen. 

„Freust du dich schon auf heute Abend?", fragte Colin, als er den Zahnpastaschaum ins Waschbecken entleerte. Sinnlose Frage eigentlich, so wie Noah von Neele erzählte freute er sich wahrscheinlich sehr doll. Noah nickte und grinste bei dem Gedanken an seine kleine Schwester. Er hoffte, dass sie sich mit Colin verstehen würde und auch Colin gut mit ihr Zurecht kommen wird. 

„Ist schon eine halbe Ewigkeit her, dass ich sie so richtig gesehen habe. Natürlich freue ich mich", antwortete Noah dann noch auf die Frage und er spülte sich den Mund mit Wasser aus. Colin tat es ihm gleich. 

Dann gingen sie wieder ins Zimmer und betrachteten kurz Joel, der sich sehr fragwürdig verrenkte. Synchron schüttelten sie den Kopf und begannen sich umzuziehen. Noah passte explizit darauf auf, nicht ständig zu dem oberkörperfreien Colin zu schauen und auch Colin behielt seinen Kopf sehr bewusst bei sich. 

Es wird immer schlimmer, er hatte in letzter Zeit immer mehr das Bedürfnis, in Noahs Nähe zu sein oder ihn einfach nur anzuschauen. Beim Umziehen ist das wirklich unpassend.


Der Schultag ging überraschend schnell herum, denn im Gegensatz dazu hatten sich die letzten Tage hingezogen wie Kaugummi. Schon Mittags konnten die Schüler zurück ins Internat, wo sogar schon ein paar Eltern ihre Kinder abholten. Noah und Colin ignorierten die fröhlichen Begrüßungen und liefen schnell in das graue Gebäude und huschten in ihr Zimmer. 

Sie verschanzten sich auf ihrem jeweiligen Bett und fingen beide an, sich mit sich zu beschäftigen. Noah ging im Kopf nochmal die Liste durch, mit Aktivitäten, die er für Neeles Aufenthalt geplant hatte. Colin hatte sich ein Buch aus der Schulbibliothek mitgenommen und begann direkt darin zu lesen. 10 Minuten später betrat Joel das Zimmer und begann hektisch seine Sachen zusammenzupacken. Noah und Colin beobachteten ihn belustigt. 

„Ich hab dir vorgestern gesagt, du sollst nicht erst kurz vor knapp packen", meinte Colin und bekam ein T-Shirt ins Gesicht. „Danke für deinen wirklich sinnlosen Beitrag", bedankte sich Joel und warf ein Kleidungsstück nach dem anderen in den geöffneten Koffer, der am Boden lag. „Gerne", meinte Colin dann noch grinsend und wandte sich wieder dem Buch zu. Auch Noah musste aufgrund dieser Aussagen grinsen. Bevor das jemand bemerken konnte, öffnete er sein Handy und tat so, als hätte ihm jemand geschrieben. 

You're not alone, even if we're not around | Nolin FanfictionWhere stories live. Discover now