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*trigger warnung*
Rayna
(Bevor es passierte)

Sehnsüchtig blicke ich zu Marcos hinauf, der sich mit einem Mädchen unterhält. Ich beiße die Zähne zusammen, als sie sich kichernd an seinen Arm klammert.

Diese Schlampe hat es auf meinen Mann abgesehen. Zornesrot sehe ich ihn an, kaum zu glauben, dass er das zulässt.

Aber was habe ich erwartet? Dieser Mann hält mich für ein normales Mädchen, die Schwester einer seiner besten Freunde.

Ich seufze. Ich habe keinen Grund, eifersüchtig zu sein. Er merkt es ja nicht einmal. Kopfschüttelnd wende ich mich von dem Anblick ab und entdecke Amando.

Mit einem schiefen Grinsen schaut er zu mir herunter und zeigt mir seine entblößten Zähne, die strahlen. „Alles gut, Kleines?", ahnt er. Und er provoziert mich damit.

„Ja, und bei dir?" Ich schaue auf, in sein amüsiertes Gesicht, das unter meinem Blick zerbröselt. „Deine Brüder suchen nach Aitana", ich ziehe die Augenbrauen hoch.

„Sie ist spurlos verschwunden"

3 Tage später

„Wo ist sie", brüllend schlägt Ramiro den Glastisch im Wohnzimmer, was in in tausend Teile zerbricht. Mit Tränen nah sehe ich den verzweifelten Mann vor mir an, der seine Geliebte verloren hat.

Es sind drei Tage vergangen, in der Aitana verschwunden ist. Und ich habe nach all den Jahren in der Mafiafamilie noch nie so viel Panik mit erlebt, es macht mich verrückt.

Nicht zu wissen, wo meine Freundin, Schwester ist, macht mich krank vor Sorge. Lebt sie noch? Es lässt mich verzweifelt nach Luft schnappen. Sie muss leben.

Ein Familienmitglied von mir ist spurlos verschwunden, ohne ein Anzeichen da zu lassen, ohne ein Hinweiß.

Mit jeder Sekunde, die vergeht, verringert sich die Zeit, in der Aitana überleben kann. Ich habe insgesamt bestimmt nur 10 Stunden geschlafen, weil ich vor Albträumen geplagt werde.

Es sind rund um die Uhr Stimmen zu hören, Männer, die versuchen sie aufzuspüren. Ich kratze meine Haut an den Fingern ab, sehe gedankenvoll die Scherben an.

Aitana ist seit ungefähr einem Jahr bei uns, davon war sie ungefähr die Hälfte im Koma. Ihre Augen strahlen matt, sie sehen so hoffnungslos aus.

Durch ihre Hoffnungslosigkeit gibt sie uns die Möglichkeit, um zu leben.

Die Monate, in denen sie weg waren, waren schwer. Nicht nur ich bin in Panik geraten und bin zusammengebrochen, auch die Familie.

Antonio gab sich die Schuld und distanzierte sich. Seine Augen, die voller Reue gestrahlt haben, haben die anderen mitgerissen und sie sind gemeinsam gefallen.

Mein Vater mochte Aitana am Anfang nicht. Er sagte, eine fremde Person hat nichts in unserer Familie zu suchen, doch dabei wussten wir nicht, dass dank Aitana Ramiro und Blance noch leben.

Dank ihr ist meine Familie zusammen geblieben und niemand verschwand. Alle waren lebend. Lebt sie noch?

Leise fange ich an zu wimmern und lege meine Hände an mein Gesicht. Wir haben zu wenig Zeit zusammen verbracht, wir haben uns nicht ausreichend unterhalten, wir haben nicht angemessen gelacht und wir haben keine Erinnerungsfotos gemacht.

Ich sehe wieder zu Ramiro. Seine Augenringe sprechen für sich: seine angeschwollenen Augen, seine bleiche Wangen. Ramiro sah noch nie so schlimm aus.

„Wir haben ein USB zugeschickt bekommen, das mit Ihren Namen versährt ist", kommt Lucas, unser Hacker, in den Raum und lässt den Raum stillstehen.

Wir stehen alle gleichzeitig auf. In unseren Gesichtern sind verschiedene Emotionen geschrieben. Angst, überfordert, Neugier, Sehnsucht, Panik und furcht.

Luca fragt uns, ob wir dan gemeinsam ansehen wollen, und fordert uns auf dem Sofas zu sitzen, damit er den USB-Stick von seinem Laptop zu dem großen Wohnzimmer fernsehen verbinden kann.

Hier sitzen wir also, meine Eltern, meine Geschwister außer Ricardo. Er ist in seiner Privatschule, nichts ahnend, dass Aitana weg ist. Er merkt, dass etwas los ist, spricht es aber durch Bange nicht aus.

Die Sekunden, die Luca braucht, um ein Live-Video anzufertigen, fühlen sich wie Stunden an. Ich fange an zu zittern, mein Herz schlägt Demenz.

„Wir spielen ein Spiel. Wenn ich dich treffe, darf ich dir ein Körperteil aufschlitzen. Wenn ich nicht treffe, darfst du mir eine Frage stellen, die ich ohne zu Lügen beantworten muss. Wir spielen drei Runden. Und noch etwas: Deine Freunde sehen dabei live zu"

Ich halte den Atem an, als ich sie erkenne. Mein Herz setzt aus und ich spüre zum ersten Mal richtige Angst, die durch mein Blut fließt.

Ich erstarre. Kein einziger Moment kann ich in Worten fassen, kein einziger Augenblick kann ich ertragen.

Ihr Arm wurde komplett aufgeschlitzt. Das ganze Blut tropft auf dem ekligen Boden. Ihre Augen sind aufgeschwollen, sodass man denken könnte, dass sie aufplatzten. Ihr Körper ist mit blauen Flecken überseht und das wunderschöne Kleid das sie anhatte ist aufgeschlitzt worden. Man sieht blaue Haut, ihre Lippen sind aufgerissen.

Was haben sie mit ihr gemacht? Ich schlage meine Hand auf den Mund, um mein Schluchzen zu hindern. Es nützt nicht.

Mein Wimmern hallt in dem gefüllten Raum wieder, jeder von uns in eine Trance der Sprachlosigkeit.

Mein Herz schmerzt. Meine Augen brennen.

Ihre so wunderschönen Augen sehen so matt wie noch nie aus. Die Angst kriecht sich um mein Herz und erdrückt es.

Meine Schwester. Meine Schwester liegt sterbend dort.

Ich erkenne die Abdrücke an Ihrem Hals und Gesicht, ich erkenne es, doch die Schmerzen bleiben mir unbekannt.

Der ekelerregende Mann, der Aitana sehr ähnlich sieht, drückt ihren einreißenden Arm an und fässt direkt in ihr Fleisch.

Erschrocken reiße ich meine Augen auf. Mir wird kotzübel, ich halte mir meinen Hals.

Der Geräusch, der sich ergibt, ist das ekelhafte Sache, die ich je gehört habe. Mit Tränen in den Augen würge ich. Ich schluchze wiedermals.

Sie gibt keine Reaktion von sich. Kein Zischen, kein Schreien, kein Weinen. Nichts.

Starr blickt sie zur Kamera.

Augen sind Schlüssel zur Seele. Doch ihre Augen sind so ausgetrunken, dass man denken könnte, dass sie keine Seele besitzt.

Sie scheint immer so gedankenverloren, so einsam und ausgestorben. So hoffnungslos. Es tut weh, sie so zu sehen.

„Es gibt dabei noch eine Regel, meine Tochter."

Ich blinzel, um die Tränen verschwinden zu lassen, doch sie vermehren sich.

Ihr eigener Vater. Ihr Vater, der für sie ein Held sein sollte, ihr Vater, den sie bedingungslos lieben sollte, ihr Vater, der sie beschützen sollte.

Ihr Vater, der ihr Herzenswärme schenken sollte, fügt ihr unvergessliche Narben zu, der sie für immer an die schmerzhafte Zeit erinnern wird.

„Mit jedem Wurf, den ich treffe, haben meine Männer Zeit dein Körper begehren zu dürfen."

Ich halte mir die Hand vor den Mund und würge. Die Tränen beginnen über meine Wangen zu kullern und ich stehe zitternd an.

Ich gehe durch die Tür und es kommt, wie gerufen. Ich bücke mich und kotze.

Die Tränen vermischen sich mit der Kotze und ich würge alles raus, bis ich keinen Inhalt im Magen habe.

Ihr eigener Vater lässt sie vergewaltigen.

Ich spüre ein Streicheln an meinem Rücken. Mit durchnässten Wangen sehe ich auf und sehe direkt in die Augen von meiner Mutter.

Sie sieht mich mit Glasrigen Augen an und umarmt mich so fest, dass ich keine Luft bekomme.

Ich wünschte, ich wäre stark genug, ich wünschte, ich könnte helfen. Aber ich verkrafte es nicht.

Ich weine in die Arme von meiner Mutter. Ich schlinge meine Arme um ihre dünnen Nacken und fühle mich so, so schlecht.

Ich wünschte Aitana Bekäme genauso eine Umarmung von ihrem Vater.

Ich kralle mich an dem T-Shirt und lasse alles raus.

Im Augenwinkel sehe ich Blance, wie sie starr die Wand ansieht. Ich halte mich noch fester fest.

Diese Welt herrscht von grausamen Menschen.

Ich habe oft Verletzungen gesehen, sie sogar verarztet. Doch ihr Arm, nein. Es wird niemals heilen. Man hat ihr ganzes Fleisch gesehen. Das ganze Blut, es brennt sich in meinem Kopf rein.

Sie ist doch nur ein Mädchen, das geliebt werden möchte und endlich frei sein will. Die Welt scheint es ihr nicht gut zu meinen. Jeder scheint gegen sie, sogar ihre Familie hintergeht sie. Ihr eigener Vater will, dass sie angefasst wird, gegen ihren Willen!

Sie verdient alles, Glück dieser Welt und viel mehr.

Ihr Leben ist beschmückz von Leid und Narben, die sich durch Ihre Seele durchfrisst. Ich sehne mich nach einem Hilferuf in der Stille von ihr, doch nicht einmal das höre ich nicht.

Sie akzeptiert ihr Schicksal, akzeptiert die Schnitte und ihr Selbsthass. Sie lebt ihr Leben und das verursacht Flammen, die sich verteilen und sie von Welt abschrottet.

Ich will schreien, will rennen und brüllen -DU WIRST GELIEBT- doch ich kann nicht. Sie akzeptiert ihr Leben, doch ich kann es nicht ertragen.

Das Leben ist ein Sturm und dieser Sturm hat Aitana eingefangen, alleine, einsam. Abgeschrottet von der Welt und gefangen in sich selbst.

Ich hoffe auf Erlösung für Ihre Gedanken und auf Glück in Ihrer Seele.

Sie gehört zu mir, zu meiner Familie, in meinem Herzen. Und ich werde ihr Schicksal nicht akzeptieren.

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Hey Leute , ich wollte noch eine ernste Sache ansprechen, die nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollte. Einer der abscheulichsten Taten ist das vergewaltigen von Menschen, die nicht angefasst werden möchten! Ich schreibe diese Geschichte nicht, um so ein Erlebnis zu verspotten oder zu verhöhnen. Ich möchte eher das Licht auf die Schatten dieser Realität werfen, die in jeder Ecke existieren kann, wie Folter, Selbsthass, Selbstmordgedanken, selbstverletzendes Verhalten, Essstörungen und viele andere Seelen fressende Dinge.

Ihr könnt mich jederzeit anschreiben, oder bekannten anvertrauen was euch belastet. Schämt euch nicht! So etwas gehört aus zu sprechen, um sich nicht selbst zu zerstören.




Noch nicht überarbeitet.

Gefangen in GedankenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt