Brüderchen und Schwesterchen

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Caleb und Mia

Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass es für alles einen vollkommen logischen und nachvollziehbaren Grund gibt. Also für das erste Mal. Bei den anderen Malen haben wir wirklich Mist gebaut. Aber ich fange besser ganz am Anfang an.

Vor etwa einem halben Jahr wurde mein Zimmer renoviert, was dringend notwendig war. Ich konnte die Winnie Pooh Tapete einfach nicht mehr sehen, und das Fenster war auch nicht mehr das neuste. Dazu kam, dass mein Bett mir zu klein wurde. Also bauten wir alle Möbel in meinem Zimmer ab, entfernten die Tapete und bauten das Fenster aus. Da das alles Dinge sind, die man nicht mal eben an einem Tag erledigen kann, noch dazu waren meine Eltern absolut unbegabt mit handwerklichen Dingen waren, musste ich im Bett meines Bruders schlafen. Dies war an sich keine große Sache. Hatten wir früher nicht immer im selben Bett geschlafen? Bis ich zehn Jahre alt war, schliefen wir jede Nacht im alten Doppelbett meiner Eltern. Da war Caleb gerade dreizehn geworden und in die Pubertät gekommen. Ab diesem Zeitpunkt wollte er, dass ich wieder in meinem eigenen Bett schlief. Das hatte ich damals nicht verstanden, aber jetzt, sechs Jahre später, kann ich es durchaus verstehen.

Wir waren beide nicht blutsverwandt. Als ich sechs Monate war, haben meine jetzigen Eltern mich adoptiert, da meine leibliche Mutter noch ein Teenager war, als sie mich empfing. Caleb hatte ein ähnliches Schicksal. Mit acht Monaten nahmen unsere Eltern ihn bei sich auf, mit zwei Jahren adoptierten sie ihn rechtlich. Mir machte das nichts. Familie waren für mich nicht die Menschen, die meine DNA teilten, sondern die, die mich mein ganzes Leben über begleitet haben.

„Schläfst du lieber rechts oder links?", fragte Caleb, ehe er sich sein Shirt auszog. Peinlich berührt drehte ich den Kopf weg. Zwar hatte ich schon hundertmal gesehen, wie er sich umzog, aber seitdem er trainierte, zeichneten sich Muskeln auf seinem Oberkörper ab. Ich hätte ihn heiß gefunden, mit seinen rehbraunen Augen und dem lockigen, braunen Haar, um das ich ihn früher so beneidet hatte. Keine einzige Locke, ja noch nicht einmal eine Welle zeichnete sich in meinem Haar ab. „Ich schlafe lieber links. Da bin ich näher am Fenster." Caleb lachte auf. „Früher hast du lieber rechts geschlafen. Damit du näher an der Wand bist, und ich dich vor den Hexen beschütze." Gespielt verärgert bewarf ich ihn mit einem Kissen. Dabei hatte ich aber vollkommen vergessen, dass er halb nackt war. Schnell sah ich weg, doch mein Blick war schon auf seine nackte, gebräunte Haut, die Muskeln und die Boxershorts gefallen. Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht schoss. „Das braucht dir doch nicht peinlich zu sein! Du hast mir doch früher dauernd beim Umziehen zugesehen." ‚Ja, aber früher sahst du nicht so verdammt heiß aus', dachte ich und biss mir auf die Lippen, als on dies den Gedanken weniger laut machen würde. Ich schüttelte den Kopf, um diesen Gedanken zu vertreiben, doch er klebte an mir, wie die Marmelade, die meine Mutter gemacht hatte. „Ich ziehe mich im Bad um", murmelte ich und versuchte, gegen die aufkommende Röte anzukämpfen.

Verdammt, warum verhielt ich mich so? Er war mein Bruder, wir hatten seit Kindertagen miteinander gespielt, und seitdem unsere Eltern mehr arbeiten mussten, hatte er mich quasi erzogen. Warum war es mir so peinlich, ihn halb nackt zu sehen? Gott, es gab Fotos von uns, wie wir als Kinder gemeinsam gebadet wurden – ein weiterer Gedanke, der mir die Röte ins Gesicht jagte. Unsere Eltern waren eher alternativ, was die Erziehung anging, und wollten daher, dass wir ohne Schamgefühl vor dem anderen Geschlecht aufwuchsen. Im Stillen fragte ich mich, ob es auch zu ihren alternativen Erziehungsmethoden gehörte, dass sie jedes zweite Wochenende zum Feiern wegfuhren und uns alleine zu lassen. Wenn ich heute zurückschaue, frage ich mich durchaus, warum nicht schon früher das passierte, was passiert ist.

Schnell streifte ich meine Kleidung an und tauschte es gegen ein kurzes Nachthemd mit einer Shorts, die kurz unter meinem Po endete. Ich hätte alles dafür gegeben, mir etwas Längeres anziehen zu können, aber es war Hochsommer und schon jetzt brach mir der Schweiß aus. Ich betrachtete mich vorm Spiegel. Hässlich war ich definitiv nicht. Ich hatte dezente Kurven, eine schmale Taille und einen hübschen Po. Alles in allem sah ich also wirklich nicht schlecht aus. Warum ich also immer noch single, ungeküsst und jungfräulich, blieb mir ein Rätsel. Ich seufzte. Fast alle aus meiner Klasse waren entjungfert oder wenigstens geküsst. Nur ich nicht. Sicherlich würde ich für immer eine Jungfrau bleiben. Es gab ja auch nirgend attraktive Kerle, die sich für mich interessierten.

Fantastic PassionsOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz