Himmel und Hölle (Good Omens)

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Und gerade deshalb war die Szene, wie Aziraphale ihm seine Thermoskanne voll Weihwasser gab, so prägnant für Crowley. Es war das erste Mal, dass sein Engel für ihn gestohlen hatte, und so waren die Hoffnungen des Dämonen auf eine Erwiderung seiner Gefühle und eine gemeinsame Zukunft vielleicht nicht ganz so unbegründet gewesen. Und dennoch hatte Aziraphale sein Angebot abgelehnt, war aus dem Bentley ausgestiegen und gegangen. „Du bist zu schnell für mich, Crowley."

Diese Worte hallten seitdem in dem Kopf des Dämons umher und ließen ihn nicht wieder los. Auch wenn er in den letzten Tagen vor Armageddon das Gefühl bekommen hatte, der Engel holte langsam mit ihm auf. Die Zärtlichkeit seines besten Freundes, seine Sorge um ihn und die kleinen Aufmerksamkeiten ließen Crowley ihre Beziehung zueinander mal wieder überdenken. Schließlich war es eine natürliche Reaktion, schneller zu werden wenn man merkte, wie einem die Zeit davonlief. Und, beim Himmel, sie war ihnen davongelaufen. Wie eine tickende Zeitbombe war Armageddon, die alles vernichtende Apokalypse und der letzte große Krieg zwischen Himmel und Hölle immer näher gerückt. Und sie hatten die letzten paar Stunden ihres Lebens gemeinsam genießen wollen.

Gut, Crowley war in einem lichterloh brennenden Auto quer durch London gerast, und Aziraphale hatte in Gestalt einer Wahrsagerin versucht ein Kind zu erschießen. (Ziemlich absurd die ganze Situation, wenn Crowley so darüber nachdachte.) Aber sie hatten gemeinsam gekämpft, ein Engel, ein Dämon, eine in die Jahre gekommene Prostituierte, ein Hexenjäger, ein Computertechniker und seine Hexe und vier Kinder hatten zusammen das Ende der Welt verhindert.

Und doch sollten sie nun dafür bestraft werden. Die Welt war manchmal ungerecht, niemand wusste das besser als Crowley. Einst war er ein Erzengel gewesen, genau so rein und unschuldig wie Aziraphale. Doch dann... Nun, er hatte sich vielleicht einige Male auf das Böse eingelassen und begann als Resultat „irgendwie abwärts zu rutschen". Nicht dass es seine Schuld gewesen wäre, er hatte bloß die falschen Leute um sich herum gehabt. Zumindest redete sich das der Dämon ein.

Aziraphale währenddessen genoss seinen Aufenthalt in der Hölle in vollsten Zügen. Nicht, dass die Umgebung dort so angenehm wäre, es war dunkel, roch nach Verwesung und die Fliegen, die nicht von Beelzebubs Seite wichen, produzierten ganz treu ihrer Art ein nervtötendes Summen. Aber über all das konnte der Engel in Dämonengestalt hinwegsehen, in Anbetracht seiner Lage. Die ehrfürchtige Aufmerksamkeit, gepaart mit einem Hauch Angst, die dem Engel im Weihwasser hier entgegen kam, konnte er nur begrüßen. Ab und zu spritzte er Wasser gegen die Glasscheibe, die die anderen Höllenwesen von ihm trennte, und jagte ihnen damit einen Heidenschreck ein. Aber noch mehr als den Respekt der Dämonen schätzte Aziraphale den schockierten Anblick Michaels, als sie zurückkam um das übrige Weihwasser wieder mitzunehmen. Mit einem entsetzten Ausdruck im Gesicht starrte sie den ‚Dämon', der so ruhig im Weihwasser lag, an. Ein hinterhältiges Grinsen schlich sich auf des Engels Gesicht, als er beschloss die Grenzen noch ein wenig auszureizen.

„Wärst du so nett und bringst mir ein Handtuch!", wandte er sich grinsend an den Erzengel, der ihm kurz darauf auch eines herbeiwunderte. Überheblich lächelnd stieg Aziraphale aus der Badewanne und begann, sich abzutrocknen. Er hatte den Eindruck, so schnell würden er und sein bester Freund nicht mehr von ‚ihren Seiten' belästigt werden.
Und das war auch gut so.

„Tauschen wir zurück?"
Crowley ergriff die Hand des Engels neben ihm auf der Bank, und die einfache Berührung schien auszureichen, um seinen Kopf leer und seine Gedanken schwer zu machen. Die Hand des anderen war angenehm warm, und seine Haut weicher als alles, was sich der Dämon vorstellen konnte.

Viel zu schnell waren die beiden wieder in ihren jeweiligen Körpern zurück, und Aziraphale ließ die Hand des rothaarigen wieder los. Crowley spürte ein leichtes Kribbeln auf seiner Haut, genau an der Stelle an der seine Finger mit denen seines Engels verschränkt gewesen waren, und er war sich sicher dass das keine Folge des Körpertausches war.

Mit einem leichten Kopfschütteln schien der Dämon seine Gedanken über Aziraphale vertreiben zu wollen, und setzte wieder sein übliches, selbstsicheres Grinsen auf. „Ein Schottenkragen, wirklich?", spottete er angesichts der ungewöhnlichen Konstellation in seinem Nacken. „Es ist schick!", verteidigte sich der Engel auch gleich, und ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als Crowley es dabei beließ.

Eine Weile war es still zwischen den beiden, dann brach der Dämon das Schweigen. „Darf ich dich ins Ritz verführen heute Abend?", fragte er in seinem gewohnten, unbefangenen Ton. Und doch schlug sein Herz dabei wie wild, und nie war er dankbarer gewesen dass die dunkle Brille vor seinen Augen die so gespannt hoffenden gelben Augen verbarg.

„Verführung gelungen.", lächelte der Engel, und vielleicht, aber auch nur vielleicht, machte sein Herz dabei einen kleinen Sprung. Sechstausend Jahre waren nun wirklich Zeit genug gewesen, und eine Apokalypse mehr oder weniger - Sie beide wussten, sie würden für immer füreinander kämpfen.

Auf ihrer eigenen Seite.

Oneshots by Krümel ✨Where stories live. Discover now